Forschung in Sachsenhausen Neues Centrum für Infektionskrankheiten am Klinikum

Professor Christian Weber erläutert Intensivmedizin: Neben Überwachungsmonitoren sind in diesem Raum auch ein Dialysegerät und eine Herzlungenmaschine angeschlossen. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Die Welt ist aufgrund der Globalisierung näher zusammengerückt. In manchmal nur wenigen Flugstunden sind von Frankfurt aus alle Kontinente erreichbar. Tolle Sache – allerdings mit Nebenwirkungen. Denn gefährliche Erreger wie Zika, Ehec, Ebola oder Sars sind so ebenfalls schnell unterwegs.

2016 wurden beispielsweise etwa 100 hochresistente Bakterien am Universitätsklinikum nachgewiesen – alle wurden mitgebracht. Das Klinikum kann auf viel beachtete Erfolge verweisen: 2014 wurde ein Ebola-Patient geheilt, 2016 ein an Lassa Erkrankter und sechs Kontaktpersonen.„Wir haben sowohl sehr gute Voraussetzungen als auch einen dringenden Bedarf für ein Universitäres Centrum für Infektionskrankheiten (UCI)“, unterstrich Professor Jürgen Graf, Vorstandsvorsitzender und Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Frankfurt. Deshalb werde eine entsprechende Institution aufgebaut, die zum Schutz der Bevölkerung regional und bundesweit beitrage und die Vernetzung zentraler nationaler und internationaler Akteure fördere.

Multiresistente Erreger

„Sowohl multiresistente Erreger als auch wieder aufkommende Krankheiten wie beispielsweise Tuberkulose stellen uns vor Herausforderungen“, erklärte Professor Volkhard Kempf, Direktor des Instituts für Medizinische Mikrobiologie und Krankenhaushygiene. Die Versorgung von Infektionspatienten sei schwierig, weil das Spektrum groß sei: Es reiche von ambulanten Patienten mit etwa Hepatitis, Mukoviszidose, HIV über ambulante Patienten mit stark erhöhtem Infektionsrisiko wie bei Tumoren und Transplantationen bis zu stationären Patienten mit Tuberkulose und Intensivpatienten. Für alle Fälle ist die Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen notwendig.

Das UCI hat seinen Schwerpunkt in der Erforschung, Prävention, Diagnostik und Therapie von Infektionserkrankungen. Es soll die bestmögliche interdisziplinäre Versorgung der Patienten, die Ausbildung von Ärzten, Medizinstudenten und Pflegepersonal im Bereich Infektionen und Hygiene und wissenschaftliche Arbeiten sichern.Ende 2016 wird die am Universitätsklinikum erarbeitete Frankfurter Infektions-Fibel den Mitarbeitern online zur Verfügung stehen. Ab Januar 2017 werden zwei durch das Robert-Koch-Institut berufene nationale Konsiliarlabore am Universitätsklinikum etabliert. „Wir konnten mit der Erforschung von Wirkstoffkombinationen und in ihrer Anwendung erreichen, dass 95 bis 99 Prozent aller Hepatitis-C-Patienten geheilt werden können“, erläuterte Prof. Dr. Stefan Zeuzem, Direktor der Medizinischen Klinik I. Wichtig sei allerdings, diese Krankheit überhaupt zu erkennen – in Deutschland sei das Screening noch mangelhaft, da seien auch politische Entscheidungen gefragt.

Isolationsgebäude für hoch ansteckende Krankheiten

„Wenn man bedenkt, dass die Wahrscheinlichkeit, sich mit Hepatitis C anzustecken, im Drogenmilieu innerhalb eines Jahres 85 Prozent beträgt, sollte man intensiver aufklären – gerade Jugendliche“, äußerte Zeuzem.Ein weiteres Thema sei das intransparente Kostensystem der Pharma-Industrie: „Der niedergelassene Arzt soll Medikamente wirtschaftlich verschreiben, hat aber keine Einsicht in die Kosten der Medikamente. Das ist skandalös. Wir bezahlen in Deutschland weltweit die höchsten Preise für Hepatitis-C-Medikamente.“

Am Universitätsklinikum gibt es seit 1962 ein Gebäude für die Isolation bei hochansteckenden Infektionskrankheiten, das ständig modernisiert und höchsten Ansprüchen gerecht wird. „Dabei geht es nicht darum, den Patienten ‚wegzuschließen’, sondern um eine gute Therapie, die nur in der Bündelung von Fachkompetenz gewährleistet werden kann“, erklärte Dr. Timo Wolf, Oberarzt der Infektiologie.Nicht die Zahl der Isolierzimmer, die in besonderen Fällen schnell erhöht werden kann, ist entscheiden, sondern das geschulte Personal. Und da ist die Politik ebenfalls gefragt. Eine interdisziplinäre Visite auf der Intensivstation C1 verdeutlichte, wie Intensivmediziner, Infektiologen, Mikrobiologen und Diagnostiker sowie Hygieniker zusammenarbeiten.