Ausstellung Klima_X im Museum für Kommunikation liefert Fakten und Vorschläge Raus aus der kollektiven Lähmung

Sturer Bock oder fleißige Biene? Die Klimatiere helfen bei der Selbsteinschätzung, wie man sich in Sachen Klimaschutz verhält.

Sachsenhausen (jf) – Schon vor dem Museum für Kommunikation entdeckt der aufmerksame Besucher Neues: Vier Hochbeete zu den Themen „Essbares Grün“, „Natürliche Düngung“, „Vegetationswandel“ und „Fassadenbegrünung“ sind vor der historischen Villa links neben dem Museum am Schaumainkai 53 aufgestellt worden. „An der Außenseite haben wir Blühstreifen angelegt“, informiert Pressereferentin Renate Hock.

Mit der Ausstellung „Klima_X, die dort bis 28. August 2023 zu sehen ist, geht das Thema Klimaschutz an. Das Thema hatte Museumsdirektor Helmut Gold vor zwei Jahren angeregt: „70 Prozent der Bevölkerung halten es für wichtig.“ Die Krux sei allerdings: Warum tun wir nicht, was wir wissen? Katja Weber, die zusammen mit Timo Gertler und Sebastian Mall die Ausstellung kuratiert, nennt viele Gründe für die „kollektive Lähmung“. Veränderungen fallen den Individuen ebenso schwer wie der Gesellschaft.

Bereits 1824 entdeckt der französische Mathematiker und Physiker Joseph Fourier den Treibhauseffekt. Seitdem warnen Wissenschaftler vor den Folgen der Erderwärmung. In den 70er Jahren spielt das Thema Umweltverschmutzung eine große Rolle. Der „Tag der Erde“ findet 1970 erstmals statt, die Zerstörung der Grundlagen menschlichen Lebens steht im Fokus. Die Leute gehen gegen Atomkraftwerke auf die Straße. 1972 veröffentlicht der Club of Rome den Bericht „Die Grenzen des Wachstums“. 1992 verabschiedet die UN die Klimarahmenkonvention. 1997 wird das Kyotoprotokoll mit verbindlichen Emissionsbegrenzungen unterzeichnet, 2015 einigten sich schließlich 196 Vertragspartner auf eine Begrenzung der Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter. Besser noch wären 1,5 Grad Celsius.

Inzwischen überfluteten die Medien die Welt mit Katastrophenbildern von ölverpesteten Stränden, Überschwemmungen, Hurricane-Schäden und vertrockneten Böden. Sind wir dieser Bilder überdrüssig? Überfordern uns diese Berichte, in denen die Zerstörung von Lebensgrundlagen im Mittelpunkt steht? Apokalypse-Müdigkeit? „Wir müssen in der Kommunikation düstere Zukunftsaussichten durch Hoffnung und gute Beispiele ersetzen“, regt Katja Weber an.

Die Ausstellung fordert die Besucher auf, sich zu positionieren im Raumschiff Erde: Will man dort wirken, wo man hingestellt wird? Will man aktiv sein, weiß aber noch nicht, wie? Oder ist man Navigator, kennt den Weg, kann begeistern? Aussteigen sei jedenfalls keine Option.

Die „Klimatiere“ – das aufgeschreckte Huhn, der sture Bock, die langsame Schildkröte, der wütende Gorilla, das schockiert-starre Erdmännchen, der Vogel Strauß mit dem Kopf im Sand oder die emsigen Bienen – helfen dem Besucher der Ausstellung, eigene Befindlichkeiten auszuloten.

„Gamechanger & Klimapionier:innen“ ist ein Ausstellungsbereich überschrieben. Seit 2008 gibt es das bundesweite Rauchverbot in Restaurants und Kneipen, Rauchen sei inzwischen nicht mehr cool. Stadtgärtnern und Stadtgrün sind angesagt, Selbstversorgung ist ein Thema, mit dem sich viele beschäftigen, heißt es dort. Eine Tafel „Mein Selbstexperiment“ liefert Anregungen, wie man in kleinen Schritten etwas bewegen kann.

Die Ausrede „Bevor xy nicht handelt, ist es sinnlos, etwas zu tun“ gilt nicht – sie ist eine von mehreren „Angeboten“ des „Ausreden-Glücksrads“ in der Ausstellung.

Natürlich ist auch die Politik gefragt. „Ich wünsche mir, dass die Politik Ungereimtheiten auflöst“, sagt Carel Mohn von Klimafakten. Darauf jedoch zu warten, ist keine gute Idee. Die Ausstellung Klima_X bietet viele interaktive Möglichkeiten und ein großes Rahmenprogramm. Statt eines gedruckten Katalogs gibt es im Internet einen „Expotizer“ auf klima-x.museumsstiftung.de. Eine gute Idee!