Chancen für die Jungen Schau im Deutschen Architekturmuseum

Jantje Engels und Marius Grootveld in der Wunderkammer. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – „Wir zeigen in der Ausstellung ‚Maatwerk/Maßarbeit. Architektur aus Flandern und den Niederlanden’ eine unglaubliche Vielfalt an Modellen aus den letzten 30 Jahren“, sagte Peter Cachola Schmal, Direktor des Deutschen Architekturmuseums, zu Beginn des ersten Rundgangs.

Mit Christoph Grafe, Direktor des Flanders Architecture Institute (VAi) in Antwerpen und Kuratorin Sofie de Caigny, ebenfalls Vai, begleiteten Experten die Schau, bei der die Besucher gleichsam durch mit Gardinen gerahmte Fenster auf die Modelle blicken. Fotos zeigen, in welchem Umfeld das Gebäude steht. Außerdem erklärten die jungen Co-Kuratoren Jantje Engels und Marius Grootveld, die 2011 das Büro Veldwerk in Antwerpen gründeten, die Modelle.

30 Jahre Architekturgeschichte

„Es ist schon ein besonderes Projekt, 30 Jahre Architekturgeschichte zu reflektieren“, bemerkte der aus Deutschland stammende Grafe. „Die Niederlande sind gleichzeitig nahe Nachbarn – und doch so anders als Deutschland.“ In 30 Jahren sei in den Niederlanden und in Flandern eine Architekturkultur entstanden. „Dinge, die man schon fast vergessen hatte, wurden wieder entdeckt“, sagte Grafe. Die Ausstellung ist in fünf Kapitel mit etwa 60 Modellen aus 30 Studios gegliedert, dazu gibt es eine Wunderkammer, die aufzeigt, wohin der Weg führen könnte. Bei allem gehe es um Architektur in einer komplexen Gesellschaft – da liege die Verbindung zu Deutschland. Sofie de Caigny unterstrich: „80 Prozent der Modelle kommen nicht aus dem Museum, sondern wurden in den Architekturbüros gefertigt und waren Grundlage für Wettbewerbe und Aufträge.“

Die Architektur in Flandern und den Niederland sei sehr unterschiedlich gewesen. Während sie in den Niederlanden öffentliche unterstützt wurde und wird, gab es in Flandern keine öffentliche Architekturförderung. „Das freistehende Eigenheim ist in den Niederlanden eher die Ausnahme, dagegen stand in Flandern gemeinschaftliches Wohnen nicht im Fokus. Das änderte sich erst mit dem 1997 ratifizierten regionalen Flächennutzungsplan für Flandern“, erläuterte de Caigny zum Kapitel Wohnen.

Vergangenheit und Gegenwart

Vergangenheit und Gegenwart heißt die nächste Abteilung. Da wird deutlich, welche Rolle der Kontext spielt: Altes und Neues wird so genial miteinander verbunden, dass Widersprüche aufgehoben, Strukturen genutzt und weiterentwickelt werden. Bezugnahmen spielen im nächsten Kapitel eine Rolle – es geht um die Bedeutung der historischen Vielseitigkeit der Stadt, der Niederländer Rem Koolhaas war dabei das Vorbild, er gehört zu den viel gerühmten „Superdutch“, die in den 1990er Jahren Architekturgeschichte schrieben.

Nach der Finanzkrise 2008 näherten sich die Architekturen der Niederlande und Flandern an. Das wurde im gemeinsamen Interesse am Handwerk, am Bauen im Bestand und am Prinzip der Kontinuität deutlich. Die Wunderkammer präsentiert meist kleinere Modelle junger Architekten der Sprachregion und lässt ihr Denken, ihre Assoziationen und Ansätze sichtbar werden.

„Im Büro Raamwerk arbeiten 27-jährige Architekten“, erklärte Marius Grootveld. „Und die bekommen Aufträge?“, fragte ein Journalist. „In Flandern ist das Wettbewerbssystem ganz anders als in Deutschland. Der Bauherr wählt den Architekten, nicht den Entwurf aus meist fünf Teilnehmer – internationale und junge Architekten werden einbezogen“, erläuterte Grafe. „Der Entwurf wird mit dem Bauherrn weiterentwickelt. So kommen die Jungen an Aufträge, meistens handelt es sich um öffentliche Einrichtungen – Schulen, Kitas, Krankenhäuser.“ Die Ausstellung im Haus am Schaumainkai 43 ist bis zum 12. Februar 2017 zu sehen.