Wenn das Kuscheltier Zahnschmerzen hat Universitätsklinikum wird zur Teddyzahnklinik

Jamie schaut interessiert in den Mund des Krokodils, „Krokodoc“ Michael Bialek erklärt. Foto: jf

Sachsenhausen (jf) – Ein Stoffbanner am Haus 29 des Universitätsklinikums verkündet mit einem großen, bunten Plüschteddy schon von weitem: Hier werden Teddys Zähne behandelt. Der Weg zum Behandlungsraum ist ausgeschildert. Während man die Treppen hinaufgeht, hört man fröhliche Kinderstimmen. Und im großen Behandlungssaal ist Kinder- und Teddytag.

Ein kleines Mädchen, das Kuscheltier im Arm, lässt sich vergnügt auf dem Behandlungsstuhl hoch- und runterfahren. Macht offensichtlich Spaß. Doch als Michael Bialek, der seit drei Jahren diese besondere „Sprechstunde“ mit organsiert, ein Plüschkrokodil, das ein richtiges Gebiss hat, holt, ist ihr das wohl nicht recht geheuer. Anders Jamie, der wartet schon vor dem Stuhl und nimmt schnell den Platz der Kleinen ein. „Schau mal, was das Krokodil für tolle Zähne hat!“, meint „Krokodoc“ Bialek und ermutigt: „Du hast ja schon schöne blaue Handschuhe an. Dann darfst du dem Krokodil auch auf den Zahn fühlen.“ Jamie macht das, erst ganz vorsichtig, dann schon mutiger. Das Krokodil beißt ja nicht.

Veranstaltung gibt es seit sieben Jahren

Seit sieben Jahren wird das Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde Carolinum am Universitätsklinikum zur Teddyzahnklinik. Zwei- bis Sechsjährige aus den Kindereinrichtungen können sich mit dem eigenen Kuscheltier zur „Sprechstunde“ anmelden und lernen so spielerisch eine Zahnarztpraxis kennen. Um die 700 Kinder haben das in diesem Jahr genutzt. „Die Kinder behandeln ihre kleinen Stoffpatienten und sind an allem interessiert“, sagt Maren Stock, Studentin im neunten Semester. Etwa 100 Studierende, die „Krokodocs“, und vier Ärzte sind an diesem Tag für die Kinder da, erklären ihnen, wie man die Zähne richtig putzt, schauen mit kleinen und größeren Spiegeln nach dem Rechten bei den Kuscheltieren, schalten den Absauger an; so klingt es, wenn er in Betrieb ist.  „Spielerisch werden Fragen gestellt. Zum Beispiel: Wie oft putzt du deine Zähne? Hat dein Kuscheltier Karies? Welches Essen ist gut für die Zähne?“, erklärt Bialek.  Ein riesiger Teddy, größer als die meisten Kinder, liegt auf der Fensterbank, rote, grüne, blaue Handschuhe dürfen sich die Kinder aussuchen, Zahnmodelle betrachten und anfassen. „Natürlich haben wir keine spitzen Instrumente hier. Aber beispielsweise das Modell eines Röntgengerätes“, erläutert Bialek.

"Noch nie ist ein Kind schreiend weggerannt"

„Die Kinder sind pfiffig. Wenn sie zum zweiten Mal zu uns kommen, wissen sie schon gut Bescheid und merken ganz genau, wenn etwas nicht stimmt. Wir haben beispielsweise Knete, um ein Loch im Zahn aufzufüllen. Da sagte ein Junge: ‚Mit Knete funktioniert das aber nicht!’“, erinnert sich Maren Stock. „Stimmt, wenn sie uns das zweite Mal besuchen, erklären sie uns die Dinge!“, lacht Bialek. So lernen Kinder das zahnärztliche Umfeld kennen, Angst vor dem Unbekannten wird abgebaut. Noch nie, so sagt Bialek, ist ein Kind schreiend aus der Teddyzahnklinik gerannt. „Manche sind ein bisschen zurückhaltend der fremden Umgebung gegenüber. Aber spätestens, wenn wir fragen, was das Kind am Tag erlebt hat oder wie die Fahrt hierher war, löst sich die Spannung“, erzählt Bialek. Ihm und den freiwillig teilnehmenden Studierenden macht dieser Tag Spaß; mit Einfühlungsvermögen erklären sie geduldig und kindgerecht alles, was die Kinder fragen oder wissen sollten.

„Es geht darum, die Kinder als Teddy-Eltern zu behandeln, die mit ihrem möglicherweise kranken Freund zum Zahnarzt kommen. Dabei gibt es in der Teddysprechstunde nur ein Phantom-Labor, die Hygiene ist nicht gefährdet“, ergänzt Oberärztin Dr. Steffani Janko. Die Teddyzahnklinik ist eine gute Idee, Kindern die Angst zu nehmen, sie spielerisch darauf hinzuweisen, wie wichtig die Zahnpflege ist. Und diese Idee kommt bei den Kindereinrichtungen hervorragend an – das beweisen die steigenden Besucherzahlen der Kuscheltiersprechstunde.