„Der Laden ist mein Wohnzimmer“ Zoltan Ajkay betreibt das Mühlberglädchen

Zoltan Ajkay in seinm „Wohnzimmer“, dem Mühlberglädchen. Foto: Faure

Sachsenhausen (jf) – Richtig voll ist es an diesem Freitagabend. Jutta Juelich bedient an der ersten Theke, hinter der zweiten schichtet Zoltan Ajkay Burger mit frischen Avocados übereinander, schnell muss das gehen, viele Gäste haben bestellt. Qualität und Aussehen müssen trotzdem stimmen. Nur für ein paar Worte bleibt Zeit, Ajkay lächelt entschuldigend: „Sorry, aber gerade ist viel zu tun.“ Verständlich. Später, noch immer werden Burger verlangt, kommt der irische Sänger und Gitarrist Alan Sherry, interpretiert Songs wie „Piano Man“, handgemacht, ohne Verstärker. Ein kleines Konzert vor einem Kiosk an einem lauen Sommerabend.

Still wie in der Oper ist es nicht, die Leute, die vorbeikommen, kennen einander meist, kommen schnell ins Gespräch. Und vergessen dabei nicht den Applaus nach den Songs. Eine fröhliche, entspannte Runde. Genauso hat es Zoltan Ajkay gewollt. Mehr Zeit zum Plaudern findet sich ein paar Tage später um die Mittagsstunde. „Zwischen zwölf und eins ist nicht viel los“, versicherte vorab der Inhaber des Mühlberglädchens – der Name steht am Haus im Wendelsweg 85.

Ganz so ruhig ist es dann doch nicht; ein Kunde will seine Zeitung, der nächste Brötchen, Pakete werden abgeben, ein Kind schaut zunächst, kommt dann mit Geld wieder und kauft Süßigkeiten.Links des Eingangs hängen bunte, exotische Masken hoch oben an der Wand. „Ein Freund hat vor Jahren eine Maske aus Sri Lanka mitgebracht, inzwischen ist eine kleine Sammlung daraus geworden. Die sind unverkäuflich. Und sie vertreiben die bösen Geister“, erklärt Ajkay.

Im Lädchen gibt es so ziemlich alles; von frischen Äpfeln über Linseneintopf in der Dose, Kinderspiele, Kalender, Thunfisch, Milch, Stoffservietten, Salz bis hin zu einer respektablen Auswahl an Zeitungen. Seit dem 30. Januar 2007 ist Zoltan Ajkay die „One Man Show“ in diesem Laden, Jutta Juelich hilft seit neun Jahren zweimal in der Woche aus. 1997 war der gebürtige Ungar nach Deutschland gekommen, hatte zunächst als Koch gearbeitet. Bis der Laden kam. „Wir haben den Kiosk in drei Wochen renoviert, das Sortiment nach und nach erweitert, ungarische Spezialitäten wie Wein, Sekt und Paprikapaste in verschiedener Schärfe sind eine Reminiszenz an die Heimat“, sagt Ajkay, der ursprünglich eine Hotelfachschule absolvierte.

Eigentlich sei er eher schüchtern, blühe aber in seinen 50 Quadratmetern Verkaufsraum auf. Zwei gemütliche Sessel laden ein, acht Kaffeesorten, Tee und heiße Schokolade werden angeboten – von vielen Kunden wird diese Ecke gern genutzt. Es ist ein bisschen wie ein Wohnzimmer. „Ich belege die Brötchen so, wie ich sie selbst essen würde. Qualität ist mir wichtig“, unterstreicht Ajkay. Seine Burger an den langen Freitagen sind aus Angus Beef – „das muss schon sein“, meint er. Außerdem befindet sich im Mühlberglädchen eine Lottoannahmestelle und ein Paket Shop.

Seit zwei Jahren ist Ajkay zudem offizieller Eintracht-Fan-Artikel-Händler, war selbst in der Abteilung Leichtathletik der SGE aktiv; 25 Medaillen zeugen von seinen Siegen als Langstreckenläufer. „Schon dreimal war Attila, der Eintracht-Adler, bei uns. Das war natürlich super“, erzählt der schlanke Vierzigjährige. Und nach dem ersten Besuch des Maskottchens sei es mit der Eintracht bergauf gegangen, schmunzelt Ajkay. Gespannt wartet er auf die Lieferung der neuen Trikots – die wird er dann ebenfalls verkaufen. Seit etwa drei Jahren gibt es den langen Freitag.

„Die Idee war damals, mit Freunden in ‚meinem Wohnzimmer’ zu feiern, den Grill anzuschmeißen, einander kennen zu lernen. Als dann plötzlich 70 Leute kamen, war ich schon sehr überrascht“, erzählt Ajkay. Aber im Umfeld gäbe es nichts dergleichen, die Leute sehnten sich nach einem solchen Treffpunkt. Also kamen und kommen die Konzerte an den langen Freitagen gut an, es sind um die zehn pro Jahr, im Sommer finden sie zweimal monatlich, im Winter weniger oft statt. Mit den Nachbarn gibt es keine Schwierigkeiten: „Spätestens um 22 Uhr ist Schluss“, sagt Ajkay. Und für die Kinder ist ebenfalls gesorgt; eine Bekannte bastelt mit ihnen.

Probleme gibt es manchmal mit dem Paket Shop, wenn Leute falsche Papiere oder falsche Vollmachten vorlegen. „Man muss da genau aufpassen“, weiß der Händler aus Erfahrung. Der Kunde, der gerade noch durch die bereits halb geschlossene Ladentür schlüpft, ist kein Betrüger – beide Männer kennen einander, reden wie Freunde. „Ich bin so froh, dass es dich gibt“, sagt der Mann, der eben noch ein Paket vorbeibrachte, zum Abschied. Andere denken offensichtlich ebenso. Sicher wird es am 7. Juli, dem nächsten langen Freitag mit dem Singer und Songwriter Max Liebelt und französischen Burgern, wieder voll.