Versammlung mit Wahlen in Seligenstadt 344. Ordenstag der Weinbruderschaft

Im Turnus von drei Jahren wird der Bruderrat des Collegium Vinum gewählt. Unser Bild zeigt von links: Edgar Rosenberger (zweiter Brudermeister), Gerda Jakob-Schwing (Erste Besitzerin), Rudi Rack (Brudermeister), Wolfgang Gottwald (Kellermeister), Gertraude Höhner (Weinmagister) und Costantino Ricciardi (Weinkultur-Impresario).    Foto: privat

Seligenstadt (red) - Zum 344. Ordenstag kam die zweitälteste Weinbruderschaft im deutschsprachigen Raum, das Collegium Vinum, am Sonntag, 12. Januar 2020, im historischen Gasthof „Drei Kronen“ zusammen. Im Mittelpunkt des Jahreskapitels standen die einmütigen Wahlen zum Bruderrat. Der seit 2003 amtierende Brudermeister Rudi Rack, der zweite Brudermeister Edgar Rosenberger, Weinmagister Gertraude Höhner und Kellermeister Wolfgang Gottwald wurden in ihrem Ämtern bestätigt. Neuer Weinkultur-Impresario ist Costantino Ricciardi und den Beisitz führt nun Gerda-Jakob-Schwing in der Nachfolge des im vergangenen Herbst verstorbenen Ehrenmitglieds Dr. Peter Kappen an.

Der Weinanbau basiere auf einer lang gepflegten Tradition, der wir uns seit jeher verpflichtet fühlen, bekräftigte Brudermeister Rudi Rack in seinem Jahresbericht. Das Weintrinken und -genießen habe sich von Grundbedürfnissen, einem gemütlichen Beisammensein hin zu ausgefallenen Gesellschaftserlebnissen entwickelt. Die Freude an individuellen Weinen mit nachvollziehbarer Herkunft sei vor einem Jahr unter die Sentenz  gestellt worden: „Regionale Authentizität ist Trumpf“. Dieses Motto habe Spitzenklassen an Weinerlebnissen beschert, von denen Kellermeister Wolfgang Gottwald im Anschluss berichten werde. Rack dankte ihm für die mit Akribie zusammengefassten Ergebnisse der Weinverkostungen mit dankbarem Applaus der Weinrunde. Im zurückliegendem Jahr habe das Collegium Vinum dafür gestimmt, dass die Weinkultur als Kulturerbe in Verzeichnis der UNESCO aufgenommen werde. Ein Beschluss dazu stehe allerdings noch aus, berichtete Rack.

Der Jahresverlauf werde von Exkursionen bestimmt. Am 19. Mai habe der Weg zum Weinbruder Klaus Simon nach Alzenau-Wasserlos geführt. Beeindruckende Weine zeugten vom Qualitätsstreben der Familie Simon, welches nun auch von Tochter Luisa ehrgeizig vorangetrieben werde.

Am 7. Juli 2019 sei man zu Gast im Weingut des Weinbruders Klaus Giegerich gewesen. Nach einer informativen Kellerführung habe es einen beschwingten Weinnachmittag mit herzlicher Gastfreundschaft auf den Terrassen mitten in den Reben des Großwallstädter Lützeltaler Berges gegeben. Für den unvergesslichen Sonntag und hervorragende, sehr individuelle Weinerlebnisse dankte Rack den Gastgebern Helga und Klaus Giegerich.

Die Nachricht vom plötzlichen Tode des Ehrenmitglieds Dr. Peter Kappen am 11. Oktober 2019 habe alle mit tiefer Trauer erfüllt. Die dankbare Erinnerung an Dr. Peter Kappen, der sich in vorbildlicher Weise für die Weinbruderschaft und die Weinkultur eingesetzt habe, werde immer fortleben. 

Das Jahr 2019 sei wie im Flug vergangen und habe einen krönenden Abschluss am 24. November im Kreise des Weinbruders Costantino Ricciardi und seiner lieben Helga gefunden, die allen einen bezaubernden Hüttenabend mit hervorragendem Degustationsmenü bescherten. Rack: „Genau diese Lebensfreude inspiriert uns und macht das Collegium Vinum aus.“

Traditionell sei es seine Aufgabe, so der Brudermeister, auch das zurückliegende Weinjahr in Erinnerung zu bringen. Zu der bekannten Ertragsminderung hätten insbesondere das zweite trockene Jahr in Folge, aber auch Sonnenbrandschäden an den Trauben sowie regional begrenzte Hagelschläge geführt. Allerdings habe es sowohl unter den dreizehn Anbaugebieten als auch innerhalb der Regionen und sogar innerhalb einzelner Weinlagen relativ große Ertragsdifferenzen gegeben. Bei der Qualität gingen die Winzer von einem guten bis sehr guten Jahrgang aus. „Ich danke allen, die unsere Gemeinschaft stützen und stärken und zum Fortbestand beitragen. Freuen wir uns auf die neuen Weine eines wieder großen Jahrgangs, verkostet in dieser liebenswerten Runde mit einem herzlichen Ergo bibamus,“ so Rack abschließend.         

Kellermeister Wolfgang Gottwald berichtete über die acht Weinwisser-Stammtische des zurückliegenden Jahres, die in der Internet-Dokumentation Viniversität 2019 zusammengefasst sind. „Die Weinwisser-Stammtische haben uns wieder einen Einblick und am Gaumen Eindrücke hinterlassen, die die Vielfalt der ausgebauten Weine jedes Mal zu einem spannenden Erlebnis und einer Bereicherung der Sinne werden ließ,“ resümierte  Wolfgang Gottwald und vermittelte seine Zusammenfassung. 19 Rieslinge seien verkostet worden: „Als Rarität präsentierte sich der von unserem hochverehrten und leider verstorbenen Dr. Kappen eine Riesling Spätlese von 1971 aus dem Rheingau der Lage Hallgartener Würzgarten. Ein im Alter würdig gereifter Tropfen, welcher mit  1 bewertet wurde. Die ebenfalls 1971 abgefüllte Riesling Auslese des Weingutes Schloss Eltz mit deutlichem Sherryton stand dem nicht nach.“ Alle verkosteten Rieslinge belegten, dass Riesling seinem Namen „König der Weißweine“ gerecht werde. Bei Weißburgundern sei festgestellt worden, dass deren Ausbau schwer den erwarteten Geschmack treffe. So sei ein Wein vom Anbaugebiet Saale-Unstrut mit 2,5 bewertet worden. Mit 7 verkosteten Weinen habe der Sauvignon Blanc mehr Zuspruch erhalten. „Mit einer Bewertung von 2plus war das Weingut Boxheimerhof das Weingut, welches den Ausbau in Geschmack und Typizität traf.“ Hingegen seien die Grauburgunder mit durchweg guter Benotung bewertet worden. Die rassigen und mineralisch geprägten Weine vom Kaiserstuhl der Winzergenossenschaft Oberbergen und der Kaiserstühler Winzergenossenschaft seien als Favoriten ausgemacht worden.

Von allen verkosteten Rotweinen sei der Spätburgunder nicht nur einer der rassigsten Rotweine, sondern erfreue sich besonderer Beliebtheit. Dies zeigte auch die durchweg gute Bewertung. Wen verwundert, dass die bodengeprägten Weine hervorstechen, wie der Spätburgunder des Weinguts Schlumberger aus Sulzburg-Laufen in Baden, dessen Reben auf Kalkmergel-Lehm-Löss Boden wachsen und natürlich vom gesamten Klima des Oberrheins profitierten. Die Spätburgunder des Weinguts Robert König aus Assmannshausen, dessen Reben auf Quarzit-Schiefer wachsen, überzeugten mit ihrem kräftigen, gerbstoffreichen Abgang.

Gottwald: „Aber auch die Weine aus Rheinhessen , insbesondere vom Roten Hang bei Nierstein, einer Lage oft genannt zwischen Himmel und Rhein, dessen roter Boden infolge der eingelagerten Eisenverbindungen eine Verwitterung aus Ton, rotem Sandstein und Tonschiefern in Verbindung mit dem Mikroklima aufgrund der geschützten Lage und dem Rhein stehen hier nicht hinten an und punkten durch ihren besonderen Geschmack. Hervorzuheben sind hier die Weine aus den Weingütern Domhof, dem Rebenhof Rack und Immerheiser.“ Die Vielzahl der sonst noch verkosteten Weine, die dem Gaumen schmeichelten, erwähnte der Kellermeister pauschal mit dankbarem App-laus für seine Arbeit. Mit festlichem Menü und Degustation klang der 344. Ordenstag aus.