Unterwegs mit einem Prüfingenieur in der Fastnachtshochburg Seligenstadt Beim TÜV haben selbst Narren keine Narrenfreiheit

Er entscheidet, was bei den Fastnachtszügen in der Region geht und was nicht: TÜV-Prüfer Tino Schwenk von der TÜV-Stelle in Dietzenbach. Foto: rz

Von Christian Reinartz

Seligenstadt – Wenn es um Fastnachts-Anhänger geht, kennen Narren kein Halten. Damit die Pappmaché-Riesen aber auch sicher durch die Menge rollen, checkt TÜV-Prüfer Tino Schwenk die Wagen bis zur letzten Schraube. Das Seligenstädter Heimatblatt war mit ihm auf Prüftour.

60 Fastnachts-Anhänger gehen pro Jahr durch Tino Schwenks prüfende Hände. Der Maschinenbau-Ingenieur arbeitet beim Service-Center des TÜV Hessen in Dietzenbach und ist Prüfer für Anhänger, die bei Brauchtumsveranstaltungen, wie Fastnachts- oder Kerbumzügen, eingesetzt werden. Seit 2014 ist er die Engstelle, durch die sämtliche Fastnachts-Vereine des Kreises Offenbach müssen, wenn sie ihre Zugnummern auf die Straße bringen wollen. Bei einem Besuch in der Halle des Seligenstädter Heimatbundes zeigt Schwenk, worauf es ankommt. Dort stehen 30 Umzugswagen, denen er jedes Jahr sein TÜV-Siegel verleiht - oder eben auch nicht.

Denn die Wagenbauer unter der Leitung von Uwe Edler sind erfinderisch, wenn es um immer spektakulärere Aufbauten geht. „Für mich steht an oberster Stelle aber die Sicherheit“, stellt der Prüfer klar. „Ist die nicht zu 100 Prozent gegeben, muss überarbeitet werden.“ Grundlage seiner Überprüfung ist die Verordnung für Brauchtumsfahrzeuge. „Ich trete aber nicht als Richter, sondern als Partner auf und versuche Lösungsmöglichkeiten aufzuzeigen, um die Ideen zu verwirklichen.“

Besonders im Visier: Die Sicherheitsverkleidungen, die ein Überrollen von gestürzten Personen verhindern sollen, sowie die Geländerhöhe- und -Stabilität auf den Anhängern. Dazu kommen Balkone, Türmchen und Erker, auf denen in mehreren Metern Höhe Menschen stehen und herunterwinken sollen. All das muss er auf Belastbarkeit testen. „Zum großen Teil ist das Erfahrung“, sagt Schwenk. Dennoch klettert er vor der Freigabe auf jeden Wagen, springt auf Balkonen herum, rüttelt an Geländern. „Ich belaste die Aufbauten immer über Gebühr“, sagt der 1,90 große Mann, „damit alles stabil genug ist.“ Erst dann bekommt jeder Wagen ein Gutachten. „Darin ist geregelt, wie viele Leute mitfahren dürfen, welches Gewicht ein Balkon tragen darf und auch, mit welchem Traktor der Wagen gezogen werden muss“, sagt Schwenk. Deshalb ist es mit einem Besuch des TÜV-Prüfers nicht getan. Dreimal klopft Schwenk bei den Narren an. Beim letzten Mal wird ein Bremstest gemacht. „Erst dann gibt’s den Stempel“, sagt er.

Beim Heimatbund ist Vorsitzender Richard Biegel mit der Zusammenarbeit zufrieden. „Wir arbeiten vertrauensvoll Hand in Hand und können uns immer auf sein Urteil verlassen“, lobt der Heimatbund-Chef. Und Uwe Edler bestätigt: „Wir haben ein echtes Vertrauensverhältnis. Mittlerweile weiß ich auch genau, worauf es Schwenk ankommt, sodass oft gar nicht viel zu ändern ist.“

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