St. Nikolaus feiert 150 Jahre Wallfahrtskapelle Liebfrauenheide Bischof eröffnet das Jubiläumsjahr

Seit 150 Jahren existiert die Wallfahrtskapelle Liebfrauenheide bei Klein-Krotzenburg.  Foto: znd

Klein-Krotzenburg (red) – Der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf eröffnet am Dienstag, 1. Mai, mit einem Hochamt um 10 Uhr die Wallfahrtssaison auf der Liebfrauenheide. Mit dem Gottesdienst, zu dem Pilger aus der ganzen Region an der Marienwallfahrtsstätte erwartet werden, feiert die Gemeinde St. Nikolaus den Auftakt zum Jubiläum „150 Jahre Wallfahrtskapelle“.

„Es ist uns eine große Freude, dass wir dazu unseren neuen Bischof begrüßen können“, sagte der Klein-Krotzenburger Pfarrer Thomas Weiß. Angekündigt hat sich auch Bischof Eugène Cyrille Houndékon aus dem westafrikanischen Benin, dessen früherer Sekretär Levi Hinglo derzeit für drei Jahre in St. Nikolaus als Kaplan wirkt.
Wilhelm Emmanuel von Ketteler, einer der bedeutendsten Vorgänger Kohlgrafs auf dem Mainzer Bischofsstuhl, hatte Mitte des 19. Jahrhunderts den Impuls gegeben, im Wald von Klein-Krotzenburg eine Kapelle aus Stein zu errichten. Nachdem die Gemeinde genug Geld gesammelt hatte, begannen 1866 die Bauarbeiten im Wald. Zwei Jahre darauf konnte das Kirchlein am Dreifaltigkeitssonntag geweiht und das Gnadenbild der Schmerzhaften Muttergottes von der Pfarrkirche St. Nikolaus feierlich in die Kapelle überführt werden.
Das hölzerne Bild Mariens mit dem toten Jesus im Arm wird von Kunsthistorikern auf die Zeit um 1620 datiert. Der Legende nach fand ein Hirte die bäuerliche Schnitzerei kurz nach dem Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) in einem hohlen Baum an der Stelle der heutigen Kapelle. Bewohner der Gegend hatten die Pietà dort offenbar vor den Kriegswirren in Sicherheit gebracht.
Der Fundort wurde schnell zur Andachtsstätte. Das Gnadenbild befestigten die Krotzenburger zunächst an einer mächtigen Eiche. Bald darauf wurde zum Schutz des Bildes eine kleine Kapelle aus Holz errichtet.

Die wachsende Zahl der Pilger führte schließlich 1736 zur Errichtung einer Kapelle aus Stein, die schon 1749 vergrößert werden musste.

Die zunehmende Beliebtheit des Marienwallfahrtsortes war den Dieburger Katholiken ein Dorn im Auge – schmälerte das doch die Anziehungskraft ihrer eigenen Wallfahrtsstätte. Sie polemisierten in Mainz gegen die Liebfrauenheide, führten etwa an, die Geistlichen des Klosters in Seligenstadt förderten die Wallfahrten in Krotzenburg nur, um Messstiftungen zu erhalten. Zudem, so die die Eingabe nach Mainz, glaubten viele Pilger, dass sie bei der Beichte im hohlen Eichenbaum „mehr Kraft der Absolution empfingen“.

Die Bistumsleitung verbot darauf tatsächlich die Wallfahrten zur Liebfrauenheide. Die Kapelle musste abgetragen, das Gnadenbild in die Krotzenburger Pfarrkirche gebracht werden. Der damalige Pfarrer Benedikt Feldmann wurde angewiesen, dafür zu sorgten, dass die Wallfahrt „nach und nach ausgeht“. Doch gegen die Volksfrömmigkeit war Mainz machtlos. Die Liebfrauenheide blieb ein Ort, den täglich viele Pilger zum Gebet aufsuchten. In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts führten sogar wieder Prozessionen zur Liebfrauenheide, bei denen das Gnadenbild mitgetragen wurde.

Dieses starke Zeugnis mag Bischof Wilhelm Emmanuel von Ketteler schließlich überzeugt haben, den Bau einer neuen Kapelle anzuregen. Der Name des Kirchenfürsten, der 1848/49 Mitglied der Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche und später Mitbegründer der Zentrumspartei war, ist auch darüber hinaus eng mit der Liebfrauenheide verbunden. Hier hielt er am 25. Juli 1969 vor rund 10.000 Pilgern seine große Predigt zur Lage der Arbeiterschaft und sozialen Frage. Ketteler sprach sich darin unter anderem für eine staatliche Sozialgesetzgebung und den freien gewerkschaftlichen Zusammenschluss der Arbeiter aus.

Am kommenden 1. Mai nun sind die Pilger auf der Liebfrauenheide auf die Botschaft ihres neuen Mainzer Bischofs gespannt. Für Kohlgraf und seinen afrikanischen Kollege Houndékon aus Benin wird die Visite in Klein-Krotzenburg auf jeden Fall im „Paradies“ enden. Denn dort, auf dem Gelände der Kolpingfamilie, werden sie nach dem Gottesdienst zum Mittagessen beim Familientag erwartet.

Mehr Infos zur Liebfrauenheide bietet im Buch „Wo Wege sich kreuzen“ (Pfarrgemeinde St. Nikolaus, 2005) der Artikel „Die Geschichte der Fatima-Wallfahrt“ von Tobias Schwab