Aus der Welt des Kaiserhofs / Schriften Immas in der Sammlung Einhards Briefe erstmals in einer deutschen Übersetzung

Mit neuen Aspekte von Einhards Briefen befasst sich das Jahrbuch 3 der Einhard-Gesellschaft. Foto: privat

Seligenstadt (red) – Erstmals werden Einhards Briefe in einer deutschen Übersetzung publiziert. Einhard war der erste Biograf Karls des Großen und bekanntlich Gründer der Seligenstädter Abtei. Er war zugleich aber auch ein einflussreicher Mann am Hof Ludwigs des Frommen und leitete mehrere Klöster und Stifte im Frankenreich, die im heutigen Frankreich, Belgien und Deutschland lagen. In enger Zusammenarbeit zwischen dem Seminar für mittelalterliche Geschichte an der Eberhard-Karls-Universität zu Tübingen und der Einhard-Gesellschaft entstand Band 3 der Acta Einhardi.

Unter Leitung von Prof. Dr. Steffen Patzold wurde die älteste Überlieferung einer Abschrift ausgewählter Briefe Einhards (823 bis 840), heute in der Pariser Bibliothèque nationale de France, unter Berücksichtigung früherer Forschungen übersetzt und in den historischen Kontext eingeordnet. „Diese Briefsammlung ist geeignet, mit so manchem vorwissenschaftlichen Klischee über das ferne Mittelalter aufzuräumen: In den Dokumenten aus dem 9. Jahrhundert tritt uns eine hochmobile Gesellschaft entgegen, in der Geistliche ebenso wie Laien in ihrem Alltag ganz selbstverständlich miteinander über politische, wirtschaftliche, rechtliche, aber auch ganz persönliche Fragen korrespondierten.“

Bisher sind Einhards Briefe dem breiteren Publikum vergleichsweise unbekannt geblieben, obwohl sie als historische Quellen ersten Ranges gelten. Sie eröffnen sowohl Einblicke in Einhards Persönlichkeit, als auch in die Welt des Kaiserhofes und der politischen Eliten im Karolingerreich. Die als Faksimiles abgebildeten und übersetzten Briefe stammen nahezu alle von Einhard selbst. So finden sich vermutlich auch zwei Briefe Immas, der Gemahlin Einhards, in der Sammlung. Die Abschriften der Briefe wurden wohl schon im 9. Jahrhundert im französischen Laon aufbewahrt, 1829 nach Paris überführt und neu eingebunden. Die als „manuscrit latin 11379“ archivierte Briefsammlung war vermutlich im Umfeld der Abtei St. Bavo in Gent entstanden, der Einhard ebenfalls vorstand.

Der Name Steffen Patzold und die Eberhard-Karls-Universität Tübingen sind in Seligenstadt wohlbekannt, hatte der Wissenschaftler doch im Frühjahr 2015 zusammen mit seinem Team auf Initiative der Einhard-Stiftung das wegweisende 176-seitige Buch „Einhard - Translation und Wunder der heiligen Marcellinus und Petrus“ vorgelegt. Neben Patzold waren bei der nunmehrigen Briefe-Edition Annette Grabowsky, Christoph Haak und Thomas Kohl an der Zusammenstellung der Texte beteiligt und fungieren als Herausgeber des Buches. Sie danken insbesondere der Einhard-Gesellschaft mit Dorothea Henzler und Thomas Laube für Unterstützung und Förderung des Projektes. Ein großes Lob geht an die Grafikerin und Designerin Birgit Malsy-Grimm aus Seligenstadt, die „auch für dieses Buch wieder die exzentrischen Wissenschaftlerwünsche mit viel Geduld und noch mehr Können umgesetzt hat.“

> Einhards Briefe, Kommunikation und Mobilität im Frühmittelalter (ISBN 978-3-00-059807-4). Das Buch erscheint am 15. Juni bei der Einhard-Gesellschaft.