27. Neuauflage des Grenzgangs vom Fledermauspfad bis zur Saustallschneise Grenzen waren damals nur am Schlagbaum zu passieren

Mehr als 200 Männer, Frauen und Kinder beteiligten sich an der 27. Auflage des Grenzgangs auf Seligenstädter Gebiet mit vielen Informationen von anno dazumal und heute. Foto: privat

Seligenstadt (red) – Der Grenzgang mit dem früheren Bürgermeister Rolf Wenzel ist längst Kult. Beim jüngsten Spaziergang waren mehr als 200 Teilnehmer dabei.

Am Morgen war es kühl und nebelig. Aber als sich mehr und mehr Teilnehmer am Parkplatz „Lange Schneise“ versammelten, wurde es klarer und heller. Dem Initiator dieser beliebten Rundgänge auf Seligenstädter Gemarkung, Bürgermeister i.R. Rolf Wenzel, folgten bei der 27. Neuauflage mehr als 200 Männer, Frauen und Kinder. Die Karawane wanderte zunächst von der Langen Schneise bis zum Keltergraben. Dort, am Seligenstädter Fledermauspfad, erläuterte der Experte Hartmut Müller, dass Fledermäuse die einzigen fliegenden Säugetiere sind. Sie stammen von den Dinosauriern (Flugsauriern) ab und haben sich seit Millionen Jahren nicht verändert. Allerdings gibt es sehr viele Arten von Fledermäusen, allein auf Seligenstädter Gebiet sind 16 nachgewiesen. Dank der Schutzmaßnahmen hat ihre Zahl sogar wieder etwas zugenommen. Auf dem weiteren Weg konnten sich die Grenzgänger an großen Tafeln weiter informieren. Und sie konnten sehen, dass es dort im Seligenstädter Wald immer noch mit Wasser gefüllte Gräben gibt, dicht unter der Oberfläche.

Dann ging es rechts ab auf die Kieselheckenschneise. Schon an der Dachsbauschneise fielen Kiefern auf, deren Rinde von Borkenkäfern zerfressen war und sich ablöste. Etwas weiter eine große Lichtung. Aufgeschichtete Baumstämme und Wurzelreste zeugten davon, dass viel abgeholzt wurde.

Förster Michael Löber von Hessen-Forst berichtete vom schwierigen Kampf gegen Käfer und andere Schädlinge, und wie die moderne Forstwirtschaft versucht, durch Anpflanzen anderer Bäume und von mehr Mischwald zu verhindern, dass ein Schädling einen ganzen Wald vernichten kann. Am Ende der Kieselhecken-Schneise hatte das Team des SPD-Ortsvereins Seligenstadt die Mittelrast aufgebaut, mit Apfelsaft und Äpfeln vom Froschhäuser Obstbau Ott, und Brezeln. Wenzel erinnerte daran, dass auf der anderen Seite der Lichtung schon Jügesheim beginnt. Damit es keiner übersieht, wurde dort feierlich ein großes Schild mit dem Jügesheimer Wappen enthüllt. Bürgermeister Daniell Bastian, der mit von der Partie war, freute sich, dass Rolf Wenzel seit so vielen Jahren so viele Menschen mit dem Grenzgang begeistern kann, und er wünschte, dass diese faszinierende Veranstaltung auch weiterhin stattfindet.

Nachdem sich alle gestärkt und ausgeruht hatten, ging es entlang der „Landwehrschneise“ zu der Stelle, wo der alte Landwehrgraben die „Lange Schneise“ quert. Man sieht dort ganz deutlich im Wald noch den tiefen Graben und die Wälle auf beiden Seiten, nicht weit entfernt vom „Grenzweg“ und den Gemeindegrenzen. Stefan Becker, ein Kenner der Geschichte und ihrer Spuren unserer Region, konnte an diesem Bodendenkmal zeigen, dass es vor mehreren hundert Jahren eine deutliche Abgrenzung der Herrschafts- und Zollgebiete gegeben hatte. Oft wurden Gewässer und andere natürliche Hindernisse mit einbezogen. Die Gräben und Wälle waren mit undurchdringlichen Hecken, „Gebück“ genannt, als weiteres Annäherungshindernis verstärkt, sodass Mensch und Tier gezwungen waren, diese Grenzen nur an zugelassenen Durchgängen und Schlagbäumen zu passieren. Über die Saustallschneise ging es dann Richtung Autobahn. Abseits der Wege zeigte Förster Löber, dass es im Seligenstädter Wald auch Feuchtgebiete und Tümpel gibt. Diese werden nun wieder freigelegt, um die natürliche Vielfalt zu fördern.

Nun zogen die Grenzgänger über die Horneichenschneise nach Südosten. Als sie sich der Baumschule näherten, klang Musik durch den Wald. Kurz darauf sah man, weshalb: vor Brehms Hütte hatte sich das Bläser-Ensemble des TGS-Musikcorps aufgebaut. Die Instrumente blinkten in der Sonne. Da standen Tische und Bänke, und vor der Terrasse gab es Getränke sowie Erbsensuppe und Würstchen. Dazu spielten die Musiker auf, und bei Gesprächen klang der Grenzgang aus.

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