Zum 44. Mal Helau-Karawane der Örtlichen Vereine und Verbände in Klein-Krotzenburg Montserrat Caballé und Luciano Pavarotti singen bei Barth vor

Pfarrer Thomas Weiß als Luciano Pavarotti. Foto: zrk

Klein-Krotzenburg (zrk/b) – Aans nochem annern - nur so geht‘s, wenn Sitzung sein soll, und die Klein-Krotzenburger Narren hatten Zeit genug zum üben. Zum 44. Mal setzte sich am Samstagabend in der Radsporthalle die Helau-Karawane der Örtlichen Vereine und Verbände (ÖVV) in Bewegung, hob schon im Anlauf Richtung Narrenhimmel ab und erreichte nach sechseinhalb Stunden annähernd Lichtgeschwindigkeit.

Zu feiern gab’s dabei noch einiges mehr als das närrisch ausgezählte Kampagnenjubiläum - vorneweg den Machtwechsel: Nur allzu gern rückte Bürgermeister Alexander Böhn, selbst Fastnachter, den Rathausschlüssel heraus und vertraute den frisch gekürten Regenten Thorsten II. (Krammig) und Nadine I. (Friedrich) mit der Rathauskasse auch das Schicksal der närrischen Untertanen an (mehr zum Prinzenpaar im gesonderten Bericht). Auch Sitzungspräsident Wolfgang Barth durfte ein Fass aufmachen, schwingt er doch seit zweimal elf Jahren die Schelle und musste sich von seinem Vize Jürgen Bott die Bilanz vorhalten lassen: 66 ÖVV-Sitzungen mit zusammen 23.760 Stunden, 1.452 Programmpunkten, fast 30.000 mal Helau und - jawohl - mindestens 123 konsumierten Flaschen Wein.

Dem festlichen Anlass gewachsen zeigte sich der Obernarr nicht nur als souveräner Sitzungsregisseur, sondern auch in seiner Paraderolle als angeschickerter Jubiläumsredner, in bester staubtrockener Versammlungs-Manier der „abgestorbenen Mitglieder“ und ihrer „Zurückgebliebenen“ gedenkend. Wuchtig wettern konnte der Vereinsmeier gegen „professionelle Miesmacher, Berufspessimisten und linke Schreiberlinge“, die im Mief zu stochern wagen, und überhaupt: „Wo wir hinlachen, da wächst kein Spaß mehr.“ Er wuchs, der Spaß, und das immer üppiger. Schon Protokoller Gottfried Frickel machte klar, wie nah die Grenze zu Absurdistan manchmal liegt - besonders im Dunstkreis von Hainstadt, wo sich wohl das neu entdeckte dritte Geschlecht verorten lässt. Schwule Pinguine verstehen davon mehr als deutsche Bischöfe, und dann erst die in Berlin - da, wo Jamaika zum Fluch der Karibik wird, Merkel als Spinne im Netz ihre Partner frisst und Patrick Lindner als Johnny Depp da steht.

Einen „gärigen Haufen“ erblickt nicht nur Gauland in der AfD: „Ranzig, verschimmelt, verwest und vergammelt“ - Frickel hatte im Wörterbuch geblättert. Über den großen Teich feuerte er einen „denglischen Gruß“ an Freund Trump: „Krotzeborsch helau und Fassenacht first“.

Pfarrer Thomas Weiß suchte und fand den richtigen Ton auf anderem Weg: Die Rolle als Tenor-Legende Luciano Pavarotti war ihm gleichsam auf den Leib geschneidert und versetzte ihn in die Lage, der verzweifelten Kollegin Montserrat Caballé (Karin Fuchs) bei der Suche nach dem verlorenen hohen C zu helfen. José Carreras (Michael Lehmann) und der nicht weniger stimmstarke Küster Klaus Kemmerer halfen dabei, die Sangeskunst des Quartetts feierte das Auditorium mit Jubelarien. Den närrischen Gaumen kitzelte Klaus Assenheimer als wandelnde Geburtstagstorte. Zum Schrecken von Präsident und Elferrat plünderte der ungebetene Partygast das Kalauer-Geheimfach in der Bütt.

„Die Zeit ist reif für die Kanzler-Ewigkeit“ - einen weiteren Ausflug in die Politik unternahmen die Frohsinn-Hofsänger unter Leitung von Andreas Schwab und blieben dabei nicht etwa im GroKo-Nebel stecken. „Du musst ein Schwein sein in dieser Welt“ wussten schon die Prinzen - der eine oder andere Präsident in Übersee oder im vorderen Orient hat’s nun auch gehört.

Gesungen wurde ohnehin viel, eingangs flott und begeistert vom Krotzenburger Kinderchor (Leitung: Oliver Ruschke). Eine Richtungsentscheidung mussten zu später Stunde die „Crossed Voices“ vom Volkschor mit ihrem Leiter Volker Kolle treffen: Geht es zur Wies’n nach München oder zum Karneval nach Köln? Jonas Bessel, Hendrik Iding, Colin Flohr und Patrick Staab punkteten zwar als Schuhplattler furios, letztlich aber gab es einen närrischen Kompromiss. Als Gottfried „Geoff“ Frickel, Helmut Baum, Thomas Becker, Bernd Trageser und Stephan Winter loslegten, zitterte die Nadel das Stimmungsbarometers am Anschlag: Mit dem Korz-Lang-Fett-Quartett tanzten die Jecken auf den Stühlen. Tosenden Applaus verdiente sich „Geoff“ später noch einmal, als er mit Helmut Baum und seinem Akkordeon das Finale eröffnet.

Nicht, dass es sonst an Bewegung gemangelt hätte: Getanzt wurde viel, rasant und mitreißend. Schon Dunja Petzolds „Girlie Power Group“ von der Turnerschaft verdiente sich als Paradiesvögel vom Titicacasee Beifallsstürme und Zugabe-Rufe. Die zwölf Mädels von der Prinzengarde hätten den Amtsbonus von Prinzessin Nadine, die sie gemeinsam mit Maren Eißner trainiert, nicht gebraucht.

Optische Glanzlichter setzten die Young Diamonds vom Volkschor als Piraten mit einer von Sabrina Salg auch dramaturgisch hervorragend inszenierten Show, das TKK-Männerballett als Clowns (Leitung: Petra Knobloch und Julia Kiefer) mit zirkusreifer Akrobatik im knallbunten Fummel, und die Volkschor-Diamonds (wiederum Sabrina Salg) als archaische Kriegerinnen mit Schwertern. Die hohe Kunst synchroner Dynamik führten einmal mehr Larissa Schrauder und Maike Staab als Solo-Pärchen vor, Dunja Petzold und ihre Dance Company im Retro-Look aus den 20er Jahren sicherten sich den Oskar für Choreografie - oder heißt das anders in Krotzeborsch?

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