Stadtkapelle Seligenstadt feiert 110-jähriges Bestehen wie ein Jubiläum Musikantenleben in der Stadt geht auf 1859 zurück

Klänge von Trompeten und Posaunen, Klarinetten und Tuben, Fagott und Querflöte erklangen beim Jahreskonzert der Seligenstädter Stadtkapelle im November 2016. Dirigent war damals Christoph Assmann. Fotos (4): Stadtkapelle/privat

Seligenstadt (red) – Die Stadtkapelle Seligenstadt wird 110 Jahre alt. Eigentlich doch kein richtiges Jubiläum, wird so mancher sagen, aber in Seligenstadt wird nun mal gerne jubiliert. Und gerade in der heutigen schnelllebigen Zeit sollten elf Jahrzehnte erfolgreiches Vereinsleben, in welcher Stadt auch immer, durchaus gebührend gefeiert werden.

Was die wenigsten wissen, ist, dass es schon davor ein reges Musikantenleben in der Stadt gab, welches sogar bis in das Jahr 1859 zurückreicht. Damals taten sich einige Seligenstädter, alles Mitglieder der „Gesellschaft der Freunde“, zusammen, um kleinere Feste und kirchliche Anlässe musikalisch mit Blasinstrumenten zu gestalten.

Aus dieser Zeit stammt übrigens die Tradition des frühmorgendlichen Fronleichnamsspiels auf dem Rathausturm. Diese Formation, bestehend aus acht Musikern um ihren Gründer Michael Neubauer (dieser Name ist auch im Verein des Jahres 2018 hinlänglich vertreten und es sind alle direkte Nachkommen), spielte einige Jahre erfolgreich in der näheren und weiteren Umgebung. Dann kam der Spielbetrieb zum Erliegen bis 1887, als Rudolf Neubauer, ein Sohn von Michael, das Ensemble als Verein wiederbelebte und sogleich 26 Mitglieder hierfür gewinnen konnte. 2.000 Mark wurden ausgegeben und Musikmeister Reich aus Hanau übernahm die Leitung des neugegründeten „Musikvereins“.

Nur einige Jahre danach stagnierte erneut die Blasmusik und der Verein wurde fortan nur durch eine kleine Gruppe Streicher am Leben gehalten. Zur „Neugründung“ kam es dann im Jahr 1908.

Dieses Jahr wurde auch 1926, als der Verein mit der schon seit einigen Jahren existierenden Musikervereinigung fusionierte und unter Bürgermeister Singer den Namen „Stadtkapelle Seligenstadt“ verliehen bekam, als offizielles Gründungsjahr festgelegt. Im Jahre 1934 kam es im Zuge der Gleichschaltung durch die Nationalsozialisten zu einer Zusammenlegung weiterer Vereine. Die 1924 gegründete Feuerwehrkapelle und die Kapelle Eisenhauer verschmolzen mit der Stadtkapelle.

In den Folgejahren konnte der Spielbetrieb noch aufrecht gehalten werden; aber durch den zweiten Weltkrieg kam es zum Erliegen der Aktivitäten und die Stadtkapelle hatte 1945 einige gefallene Mitglieder zu betrauern. Schon bald nach dem Krieg sollte es wieder weitergehen und schon an Ostern 1947 konnte das traditionelle Konzert auf dem Marktplatz abgehalten werden. Hunderte Zuhörer sollen damals gelauscht haben. Die Stadtkapelle war wieder da.

In der Folgezeit gab es viele Persönlichkeiten, die den Verein maßgeblich prägten. Herausgestellt sind hier zunächst Friedel Moritz zu nennen, der den Verein nicht nur musikalisch, sondern auch als Vorsitzender bis in die 60er Jahre leitete oder auch Andreas Pleil, der das Salonorchester gründete, und damit den Grundstein für das heute noch bestehende Streichorchester des Vereins setzte. Ende der 60er Jahre wurde dann das Jugendorchester gegründet, ein heute noch unerschöpflicher Pool an Nachwuchs, von dem der Verein seither Jahr für Jahr zehrt.

Die Stadtkapelle im 21. Jahrhundert nimmt in Seligenstadt wichtige Aufgaben wahr. Das können städtische Verpflichtungen sein, Empfänge für Neubürger, viele Auftritte für das Brauchtum wie Geleitsfest oder natürlich die Seligenstädter Fastnacht (Fastnachtszüge, Sitzungen usw.). Daneben gibt es von jedem Orchester im Jahresablauf öffentliche Konzerte, ob als Open-Air im Klostergarten, auf dem Marktplatz, in einer der Kirchen oder natürlich in der „gut Stubb“, im Riesen. Zusätzlich pflegt man natürlich auch ein reges Vereinsleben, veranstaltet eine eigene Saalfastnacht, Feiern, Grillfeste und Ausflüge und gibt das eine oder andere Platzkonzert.

Hervorzuheben ist ebenfalls die musikalische Begleitung des Kirchenjahres mit seinen Hochfesten und dazugehörigen Prozessionen durch die Stadtkapelle. Die ausgesprochen gute und enge Beziehung zu beiden katholischen und der evangelischen Gemeinde wird schon seit vielen Jahrzehnten besonders gepflegt.

Im Jubiläumsjahr besteht die Stadtkapelle Seligenstadt aus fünf Orchestern. Dies sind natürlich das Große Blasorchester mit derzeit knapp 80 Musikern unter der Leitung von Mathias Müller und das Jugendorchester mit etwa 40 Nachwuchsspielern, das von Ulrike Hofmann dirigiert wird. Als Vorstufe hierzu leitet Sabrina Berktold das Schülerorchester für die etwa 8 bis 11-jährigen Anfänger. Zudem gibt es im Verein ein ReFreshed-Orchester für erwachsene Wiedereinsteiger aber auch Neueinsteiger, welches seit 2018 von Johannes Busch geführt wird und natürlich das Sahnestückchen, ein Sinfonieorchester mit etwa 40 Streichern, dem seit 1994 Roman Zöller vorsteht. Summa summarum sind im etwa 450 Mitglieder zählenden Verein nahezu 200 Musiker aktiv.

>> Das Festjahr wird in diesem Jahr seinen Höhepunkt im Herbstkonzert erfahren, wo gleich alle Orchester auf einer Bühne gemeinsam musizieren werden. Hierzu hat der Vorstand eine Auftragskomposition bei dem in Seligenstadt geborenen und wohnenden Nicolas Rügenberg in Auftrag gegeben, die den Namen „Seligenstädter Suite“ bekommen wird.

Rügenberg ist ein anerkannter Filmkomponist, der zunächst in Deutschland und später in Berklee/Boston Filmmusik und klassische Komposition studierte. Er arbeitete mit Orchestern wie den Berliner Symphonikern, dem Musikkorps der Deutschen Bundeswehr, der Neuen Philharmonie Frankfurt und der Bayerischen Philharmonie u.a. zusammen. Das Konzert findet am Samstag, 24. November, statt und einmalig in den Messehallen der ANWR Gruppe / Mainhausen. Kartenreservierungen können schon jetzt unter vorstand[at]stadtkapelle-seligenstadt[dot]de vorgenommen werden.

Weitere Artikelbilder