Drei Gala-Sitzungen des Heimatbunds Seligenstadt mit 18 Stunden Narretei Schlumberzwerge, Fähre und 111-Jährige zur Fiesta

Als Matrosen tanzte die Midigruppe „Spotlight“ (Leitung: Veronika und Sebastian Sommer), per Face-Time aus den USA begutachtet, für das närrische Volk. Foto: zmb

Schlumberanien (beko) – „Matrose, Pirate, Kellner, en Laie-Woikenner un e Bruchkatz als Prinz.“ Schon dem Till (André Rückert), kam’s im Prolog vor „wie ein Traum“. Doch der sollte Wirklichkeit werden in 18 Stunden der drei Gala-Sitzungen des Heimatbunds im Riesensaal. Und bei alledem stand ein Wahrzeichen im Blickpunkt: Die Fähr’!

Pünktlich auf die Minute ging’s in den großen Reigen der Sitzungs-Fastnacht, Präsident Bernd Büddefeld begrüßte, kündigte augenzwinkernd ein Acht-Stunden-Programm an, und sogleich jubelten die Narren im voll besetzten Saal dem neuen Prinzenpaar zu: Prinzessin Tina I. (Fecher) hielt mit ihrem Prinz Gerald I. (Reichenbach) Einzug in die Narrhalla. Heimatbundchef Richard Biegel stellte beide vor, den bei den „Bruchkatzen“ in Zellhausen aufgewachsenen, nun in Seligenstadt lebenden Prinzen und seine Nachbarin aus der Einhardstadt (mehr auf Seite 2).

Die nahmen die Konfetti-Taufe des Elferrates vor, und die Gruppe „Vox Musica“, der Gerald Reichbach seit 16 Jahren angehört, sorgte mit der „Fiesta am Moa“ für die Prinzenhuldigung.

Welches zentrale Thema sich durch die Fastnacht ziehen sollte, machte Marco Siddi in seinem Protokoll als „Löffeltrinker“ deutlich, forderte allerdings Bürgermeister Dr. Daniell Bastian darüber hinaus zu mehr Action im Rathaus auf, damit der Protokoller im kommenden Jahr mehr zu berichten habe.

Den Bau eines Tunnels könne er beispielsweise anweisen: „Sie könnte des bestimme, dann müsst aach die arm Fraa aus em Rodgau nemmer nach Karlstein schwimme!“ Die Bundespolitik samt Wählverhalten in der Einhardstadt nahm der Protokoller ebenso aufs Korn wie den Äpfelklau in Froschhausen, das Hipo-Knöllchen für den eigenen Bürgermeister oder das Zaubergebräu der hiesigen Privatbrauerei mit den alten Kronkorken. Die erste Rakete des Abends verdiente sich Marco Siddi allerdings für seine klaren Aussagen zum Thema „Fähre“ anlehnend an das Musical „My Fair Lady“.

54 neue kleine Beinchen bevölkerten nun die Fastnachtsbühne, die drei- bis achtjährigen „Schlumberzwerge“ schwärmten bei ihrer Premiere vom Rudern, Segeln und Fische fangen auf hoher See. Im August erst gegründet, träumen in der Truppe von Katja Rauh und Britta Kratz so einige davon, einmal Prinz oder Prinzessin von Seligenstadt zu sein.

Mit frei vorgetragenem Kokolores brillierte Laien-Weinkenner Roland Wolf einmal mehr, stellte frauenfeindliche Weine ebenso vor wie regionale (den roten Rolf, den schwarzen Frankie, den liberal-promovierten Bürgermeisterschoppen oder den bicherlinen Weißherbst), äußerte sich zu Veranstaltungsverboten in der Basilika, zu den AfD-Wählern, die mangelnde Bildung mit fehlendem Wissen auszugleichen versuchen, und zeigte die „Obergrenze“ im Riesensaal auf.

Was nicht im Heimatblättche stand, servierten dann Jürgen Zöller, Wolfgang Wettig und Gerhard Sattler in der Moritat und ehrten Christa Winter für den 50. Auftritt bei der begleitenden Hexengruppe Burkard, bevor die „Spotlights“ mit ihrem Showtanz als „Matrosen“ und die „schrägsten Vögel der Sellistädter Fastnacht“, Stefan Neubauer, Bernd Büddefeld und Lisa Buschmann, als „Kellner“ an der Reihe waren und natürlich, welches Thema, neben der Stadtrats-Nachfolge mit dem gesanglichen Hinweis „Flieg nicht so hoch, mein kleiner Freund“ auf den Rothaarigen, die Enten fütternden Touristen und die immer gleichen Gesichter auf den selben Plätzen bei den Gala-Sitzungen, aufs Korn nahmen? Richtig, die Fähre! „Die Fähr steht länger als se fährt, obwohl se Fähre heißt!“

Und weiter ging’s mit der Fähre beim brillanten Gesangvortrag der Gesellschaft der Freunde, der fast schon sentimental anmutete.

Fähre ade, ohne Fähre geht nix mehr, sie ist das Markenzeichen der Stadt, sie muss fahren, langsam über Nacht wird sie von der Politik platt gemacht. Wer hatte nur diese Schnapsidee?

22.22 Uhr, alle sangen sie im Saal: De Moa iss su tief, de Moa iss su breit!“ Pause. Erholung. Narrhallamarsch. Stimmungspotpourri. Dank an alle hinter den Kulissen und dann „setzt die Kapp auf, Fastnacht iss nur einmal im Jahr“ mit der Coverband „Fikus“, vielen Fastnachtsliedern und dem Abschlusskracher mit Rosi draußen vor der Stadt.

Ein Déjà-vu-Erlebnis hatten die Narren im Saal dann, als schon wieder die „Kellner“ (diesmal mit Ali Peitz, Dominik Stadler und Lisa Buschmann) als „Alexa“ auftraten und sozusagen eine Persiflage aufs Fernsehen präsentierten: „Es kommt aam vor, als hoat mer’s schun moal erlebt!“ Nicht jeder schien’s kapiert zu haben. Die Frau am Nachbartisch klärt ihre Nachbarin auf: „Jetzt kommt was Neues!“

Der „Konfetti“-Gardetanz der Seligenstädter Fastnachtsfreunde unter Leitung von Christien Büddefeld und Lisa Wellner. Die Rostra wird lila, das Publikum ist begeistert. Wann die Hofkapelle des TGS-Musikcorps einen Tusch zu spielen hat, lehrte dann Vollblutfastnachter Robert Steil, der als „Gewinner einer Flugreise“ manch interessanten Einblick in die Fliegerei gab.

Wer fehlt noch? Ja, das Wagenbauer-Ballett, diesmal mit einem Schlumberland-Grand-Prix unter dem Motto „Wir geben Gas“. Rassig und schnell. Nicht so schnell schaffte es „Fräulein Kokolores“ (alias Florian Lebherz) auf die Bühne, die letzte Überlebende aus Heesters Krabbelgruppe mit ihren 111 Jahren.

Mit dem Showtanz „Space“ der Heimatbund-Fireflies ging’s nochmal in den Weltraum, bevor in neuer Art das Heimatbund-Finale eingeleitet wurde: „Saxpower“ unter Leitung von Norbert Zabolitzki sorgte für die nötige Stimmung bis alle Akteure des Abends auf der Bühne waren, mit den Narren im Saal „Selig sei die Stadt genannt“ anstimmten und sich nun schon mal freuen auf den höchsten Feiertag im Schlumberland am 12. Februar: Rosenmontag.

Viele Fotos von der Heimatbund-Gala in unserer großen Bildergalerie.

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