Monja Pöhler und Cora Schulze waren im Auftrag des Heimatbundes Seligenstadt auch bei der Ambulanz unterwegs Schülerinnen schauten hinter die Kulissen am „Seligenstädter Nationalfeiertag“

Die beiden Einhardschülerinnen Monja Pöhler (links) und Cora Schulze blickten hinter die Kulissen.     Foto: privat
 

Seligenstadt (red) – Bei den „wahren Helden an Fastnacht“ waren die Seligenstädter Einhardschülerinnen Monja Pöhler und Cora Schulze im Auftrag des Heimatbundes unterwegs und blickten einmal hinter die Kulissen, während mehr als 30.000 Besucher fröhlich feierten. Heute nun legen die ihren ausführlichen Bericht vor, dessen zweiten Teil wir mit weiteren Fotos auf unserer Internetseite www.seligenstaedter-heimatblatt.de veröffentlichen.

„Wo iss eischentlich moin besoffene Kumpel hin?“ überschrieben Monja und Cora ihren nachfolgenden Bericht, den die Redaktion nur unwesentlich journalistisch überarbeitet hat.
„Sellestadt Hellau!“ Dieser Ausruf ertönt jedes Jahr durch unser beschauliches Städtchen. Bunte Wagen und Fußgruppen mit tollen Kostümen ziehen mit einem langen Zug durch die Stadt. Um diesem Spektakel beizuwohnen, besuchten insgesamt 35.000 Menschen aus allen Gegenden den Seligenstädter Rosenmontagszug. Aber dieses tolle Ereignis hat auch seine Schattenseiten. Besonders manche Jugendliche im Alter von 15 bis 22 Jahren sehen das Event als eine Gelegenheit, mit Freunden große Mengen von Alkohol zu konsumieren. Da das Trinken von Alkohol auch eine Art gesellschaftlicher Zwang und ein gewisses Kulturgut ist, stieg bei einigen der Alkoholpegel zu hoch an.
Um die Gesundheit und Sicherheit der Fastnachtsliebhaber zu gewährleisten, gibt es schon seit ein paar Jahren in Seligenstadt ein effektives Sicherheitskonzept. Dieses wurde zusammen mit dem Heimatbund und seinen, an diesem Tag tätigen, ehrenamtlichen Helfern eingeführt. Dafür steht eine Zentralambulanz (ZAB) zur Verfügung. Zum einen werden dort stark alkoholisierte oder verletzte Patienten behandelt, welche sonst die Krankenhäuser überfluten würden. Das führt dann somit zu Platz- und Zeitmangel für die tatsächlichen Notfälle. Da dies in Seligenstadt in den vergangenen zehn Jahren oft der Fall war, wurde die Zentralambulanz für Betrunkene am Rosenmontag inmitten des Geschehens, im Foyer des Riesensaals, stationiert.
Wir, Cora Schulze und Monja Pöhler, zwei Schülerinnen der Einhardschule Seligenstadt, waren vor Ort und interviewten einige der mehr als 500 ehrenamtlichen Helfer der Asklepios Klinik (mit dreifachem Personal), DLRG, THW, Feuerwehr, DRK, Security und Polizei, sowie Herrn Dr. med. Frank Müller-Hillebrand, einen Chefarzt für Anästhesiologie (Rettungsmedizin) der Asklepios Klinik Seligenstadt.
Als wir gegen 13 Uhr im Foyer des Riesensaals eintrafen, waren noch keine zu behandelnden Patienten anwesend, da mit diesen im verletzten oder alkoholisierten Zustand erst ab etwa 15 Uhr gerechnet wurde. Aufgebaut war die ZAB: in einen Warteraum für Angehörige, eine Personalaufnahme, eine Reihe von zwölf Feldbetten sowie einen Bereich für maximal zwei Personen, bei denen Wiederbelebungsmaßnahmen durchgeführt werden konnten. Zudem gab es einen separaten Raum für Polizisten, die für rechtliche Abläufe anwesend waren.
Insgesamt ist die Zahl der Patienten der ZAB im Jahr 2018 mit 73, verglichen mit den vorherigen Jahren, leicht gestiegen. Jedoch ist die Anzahl der wirklichen Notfälle, die in die Krankenhäuser oder Kliniken im Umkreis eingeliefert wurden stark gesunken, da die ZAB im Voraus gute Arbeit leistete. Nebenbei spielte das neu eingeführte Glasflaschenverbot eine sehr große Rolle, da dieses zu weniger Schnittverletzungen führte. Solche Fälle sorgten davor für die meisten Eingelieferten, was uns der Chefarzt der Asklepios Klinik Dr. Nikos Stergiou und seine Kollegen betont mitteilten. Zudem sind die Alkoholfälle in den vergangenen fünf Jahren auch etwas gesunken. 13 Personen wurden für eine weitere medizinische Behandlung in die Asklepios Klinik Seligenstadt und in andere Krankenhäuser eingeliefert. Weitere 43 Patienten kamen in die ZAB, wurden behandelt und für mehrere Stunden dort behalten. Die restlichen Verletzten konnten nach kurzer Behandlung wieder in die Obhut von Freunden und Familie übergeben werden. Den Weg zur Zentralambulanz fanden die Betroffenen selbst, durch Begleiter oder wurden von den 20 Sanitätern, die bis 18.30 Uhr ehrenamtlich im Einsatz waren, in die ZAB eingeliefert.

Wir haben einen Arzt nach der Wirkung des Alkohols befragt und er konnte uns folgende Informationen mitteilen: Der menschliche Körper baut pro Stunde 0,1 Promille im Blut ab. Wie der Körper auf Alkohol reagiert, hängt jedoch von der Erfahrung mit Alkohol, dem Körperbau und der vorherigen Nahrungsaufnahme ab. Alkohol wird leider schon in jungen Jahren konsumiert. Dies zeigt der jüngste alkoholisierte Patient der ZAB mit nur 11,5 Jahren. Neben der Durchschnittspromille von 2,4, lag die Höchstpromille bei 4,5, die bei anderen Umständen sogar zum Tode führen kann.

Unser Interview zum Thema Alkoholkonsum zur Faschingszeit endete mit der Führung in der Asklepios Klinik Seligenstadt, die uns Schwester Dea Sauer mit dem Chefarzt Herr Dr. Stergiou freundlicherweise gab. Dort wurden wir über bestimmte Bereiche des Krankenhauses sowie über die gut vorbereiteten Abläufe, die spezifisch für den Rosenmontag eingehalten wurden, aufgeklärt:

Wenn ein Patient in der ZAB nicht ausreichend medizinisch behandelt werden kann und bestimmte Anzeichen aufweist, wird dieser mit dem Rettungswagen in die Asklepios Klinik gebracht. Da das in den meisten Fällen schnell ablaufen muss und am Rosenmontag viele Menschenmassen den Weg versperren, wurden Schilder und Pfeile aufgehängt, die den Weg zur Klinik, Krankenhäusern und der ZAB wiesen. Gleich nachdem der Patient in der Klinik eingeliefert wurde, wird dieser von einem speziell für den Rosenmontag ausgewähltem Team entgegengenommen. Dea Sauer selbst führte das Team an diesem Tag an.

Der erste Schritt liegt darin sich einen konkreten Überblick zu verschaffen, was dem Patienten fehlt. Neben den meisten Fällen, in denen die Menschen beispielsweise mit ihren Knöcheln umknicken, gibt es natürlich auch alkoholisierte Personen, die eingeliefert werden. Bei diesen muss als nächstes geklärt werden wie stark der noch ansprechbare Patient alkoholisiert ist. Also wird Blutdruck, Puls, Atmung und Blutzucker gemessen. Das Messen des Blutzuckers ist sehr wichtig, damit eine Unterzuckerung bei eventuellen Diabetikern festgestellt werden kann. Anschließend bekommen sie eine Infusion und werden vom Arzt untersucht. Um minderjährige Patienten, die nicht mehr ansprechbar sind, wird sich besonders gekümmert. Wenn solche jedoch sehr jung (beispielsweise 13) und mit über vier Promille gar nicht mehr ansprechbar sind, werden sie in eine Kinderklinik im Umkreis verlegt, da sie in Lebensgefahr schweben.  

Dort müssen Fachärzte speziell für Kinder sich ihnen annehmen. Jugendliche im Alter von 15 und 16 Jahren können im Krankenhaus auch auf die Intensivstation verlegt werden. Nach der Untersuchung und der darauffolgenden Behandlung wird entschieden, ob der Patient auf die Intensivstation, Überwachungsstation oder Auffangstation gebracht werden muss. Da der Mensch im alkoholisierten Zustand keine richtige Kontrolle über seinen Körper hat, kann es auch zu unangenehmen und für den Betroffenen peinlichen Situationen kommen.

Diese meist jugendlichen Patienten werden in einzelnen Räumen untergebracht, sodass sie ihre Privatsphäre haben und betreut werden können. Auf Handys und Begleitpersonen wird sehr geachtet, da es in der heutigen Zeit schnell zu Mobbing oder Bloßstellung in sozialen Netzwerken kommen kann. Damit die Patienten in solchen für sie extrem peinlichen Situationen nicht alleine sind und dies besser verarbeiten können, haben sie die Möglichkeit sich mit Psychologen (Wildhof), die extra am Rosenmontag vor Ort sind, zu unterhalten. Auch am darauffolgenden Tag befinden sich diese noch für psychologische Beratungsmöglichkeiten in der Klinik.

Das Thema K.O.-Tropfen spielt am Rosenmontag eine wenn auch kleine Rolle. Aus diesem Grund ist es auch wieder wichtig, den Patienten genau zu untersuchen, da es sein kann, dass der Alkoholspiegel im Blut trotz Bewusstlosigkeit sehr niedrig ist und somit Verdacht auf K.O.-Tropfen besteht oder es sogar zu einer beispielsweisen Hirnblutung durch einen Unfall kam. Bei solchen Fällen müssen andere spezifischere Abläufe eingehalten werden, da das Leben auf dem Spiel steht. Wenn es einem Patienten so schlecht geht, dass er zentral überwacht werden muss, kommt er auf die Überwachungsstation. Dort wird rund um die Uhr auf den Puls, die Sauerstoffsättigung im Blut (=Atmung), die Wachheit und den Blutzuckerspiegel geachtet.

Ideale stabile Werte wären beispielsweise ein 95er Puls und eine 98er Sauerstoffsättigung. In der Auffangstation wird extra für den Rosenmontag alles vorbereitet, sodass die stark alkoholisierten Personen, die nicht abgeholt wurden, nachdem die ZAB im Riesen um 18 Uhr ihre Türen schloss, in genau dieser Auffangstation untergebracht werden können. Falls bis 20 Uhr keine Angehörigen, Freunden oder im Falle der Minderjährigkeit Eltern die sich dort befindenden Patienten abholen, müssen sie aufgenommen werden und gehen auf Normalstation, sofern sie stabil genug sind. Bei den glücklicherweise seltenen Fällen, in denen die Patienten in solch einem schlechten Zustand sind, steht an Fastnacht für solche maximal Varianten der Schockraum als Notfallbett der Intensivstation zur Verfügung. Die Intensivstation selbst besteht aus 10 Betten in separaten Räumen mit Beatmungsgeräten, permanent laufenden Monitoren und allem was dazu gehört.

Der Asklepios Klinik ist es sehr wichtig, dass alles lückenlos abläuft und es jedem einzelnen Patienten wirklich gut geht. Zudem wird jeder respekt- und verständnisvoll behandelt. Nachdem wir einen Blick in die Arbeitsabläufe der Ärzte und Schwestern am Rosenmontag werfen durften, können wir nur sagen, dass sie alle mit Herz dabei sind und sich ausgesprochen bemerkenswert und vor allem gerne um ihre Patienten kümmern.

Unser Fazit: Hut ab an die gesamte Kollegschaft der Asklepios Klinik, ZAB und an all die, die sich Jahr für Jahr am Rosenmontag freiwillig bereit erklären, Menschen zu helfen, sodass es jedem einzelnen schnellst möglichst wieder besser geht. Es ist schön zu wissen, dass jemand im Hintergrund steht und auf uns achtgibt, damit wir diesen Tag genießen können. Dafür möchten wir Ihnen allen danken.

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