Gardetänze auf höchstem Niveau Seligenstädter Fastnachtsfreunde bringen Riesensaal zum Kochen

Insgesamt fünf Tanzgarden haben die Seligenstädter Fastnachtsfreunde aufzubieten. Kein Wunder also, wenn die tänzerischen Elemente mit höchsten Schwierigkeitsgraden im Blickpunkt standen. Foto: ha

Seligenstadt (rdk/b) –  Wir sind Europameister: Jubel, Tusch und Beifallsstürme, als Michael „Mille“ Millitzer zu später Stunde das deutsche Handballwunder in den Riesensaal schmettert. Hochleistungssport haben seine Fastnachtsfreude da schon seit Stunden getrieben: Nach zweimal fünf Stunden rhythmischer Zwerchfellgymnastik setzen die „Lilanen“ am Sonntagabend zum Endspurt im Narren-Marathon an.

Einen wahren Dauerlauf von Höhepunkt zu Höhepunkt hatten die SFF hinter sich, als Schellenmann Millitzer die über 100 Mitwirkenden zum rauschenden Finale rief. Wie immer bei den lila Narren wurde viel getanzt - und wie immer auf höchstem Niveau. Fünf Tanzgarden haben sie aufzubieten, die jüngsten unter Leitung von Carina Geis und Nicole Niedermeier verdienten sich zu Beginn ebenso donnernden Applaus und „Zugabe“-Rufe wie zu später Stunde die von Christien Büddefeld und Lisa Wellner trainierte Paradeformation.

Frischen Schwung zur rechten Zeit brachte nach der Pause die Tanzgarde III in den Saal, hinter der Marie Hlawatschek und ebenfalls Lisa Wellner stehen. Von der Nordseeküste ins Schlumberland segelte die Garde IV im maritimen Look, auf der Brücke Eva Wissel und Katharina Kraus als Kapitän und Steuerfrau. Dass sich auch auf Liebeslieder temporeich tanzen lässt, führte die Garde II unter Leitung von Christien Büddefeld und Carolin Roball vor. In 20er-Jahre-Nostalgie machte die SFF-Schautanz-Formation mit Charleston und Quickstepp, in Choreografie und Präzision nur noch übertroffen von Cheyenne Schulte, Kimberly Link, Lea Höfling und Ivana Jokic als Soloquartett.

Holländer schwimmen weg

Gleich vier top trainierte Tanzmariechen quer durch alle Altersstufen - das gibt es im Schlumberland nur in lila und verblüfft sogar gekrönte Häupter. Ebenfalls vier, denn Prinz Stefan III. und Prinzessin Ruth hatten Staatsbesuch bekommen: An der Seite von Prinzessin Lisa beehrte Prinz Hupsi (Jörg Rieland) seine Seligenstädter Vereinskameraden - nicht nur im Wald, da sind Zellhäuser. Auch sonst hatten sich „Mille“ und sein Elfer-Team erfolgreich in der Umgebung umgetan: „Schambes“ Christoph Gast aus Mainflingen ist unter der lila Kappe schon Stammgast und deckte den Saal als „Schläääschtbabbeler“ mit Kalauern ein.

Ein weiterer Zellhausener Import: Thomas und Tristan Schulz, Vater und Sohn mit Gitarre, Klavier und einem Protokoll in Rock und Schlagern. Probleme mit Millionen Flüchtlingen, wo sich doch morgens auf der A3 ebenso viele Autos stauen? Mit dem Klimawandel, wo doch als erste die Holländer wegschwimmen? Mit der Rente mit 40 in Griechenland, wo’s Deutschland doch hat? Da lobe man sich die alte DDR, wo jeder wusste, was sein Nachbar macht.

Ende mit „Peng“

Gut eingekauft hatte „Milles“ Mannschaft auch ein paar Orte weiter beim Rodgauer Freundeskreis Turnen und Fastnacht: Eine akustische Glanzvorstellung mit fein geschliffenen A-cappella-Songs lieferten die acht jungen Herrn von der Disharmonie auf Shopping-Tour. Im Bayern-Stau nach Wertheim Village wird noch jeder zum Tier. Mitgefahren war Frank Eser, der als alternder Fitness-Freak sonst lieber in die Laufschuhe und den Schlankmacher-Dress - hilft dem Geldbeutel beim Abnehmen - schlüpft. Aber Gymnastik? „Hätt de Hergott gewollt, dass isch mei Fieß kann fasse, hätt er se an de Knie wachse lasse“.

Launig schwadronierend ließ Michael Follert als Müllmann sein Publikum schier Unglaubliches über Froschhausen wissen und sogar mitreimen. Kaum erwartet haben dürfte die Jecken-Mehrheit, sich plötzlich im magischen Varieté von Monsieur Bretzelberger wieder zu finden: Mit französischem Akzent und einer ganzen Serie verblüffender Kabinettstückchen balancierte Michael Leopold auf dem schmalen Grat zwischen Zauberkunst und Kokolores. Sogar das Raumschiff der Germania-Sänger schwebte auf dem Weltraumbahnhof Schlumberland ein - nicht ganz ohne Navigationsprobleme. Schnelles Internet ist nicht automatisch besser, wenn Google bei der Suche nach den Drei Kronen die Seligenstädter Zahnärzte referiert.

In ihre Galaxie, die nie ein Ewweletsch zuvor gesehen hat, nehmen die Raumfahrer neues Wissen über die seltsamsten der Erdlinge mit: Lila Raketen - klatschen, trampeln, pfeifen - enden mit „Peng“. Fast immer.

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