Sechsstündige Sitzung der Seligenstädter Fastnachtsfreunde überzeugt auf ganzer Linie Nach sinnbefreiten Posts auf Facebook: Außerirdischer bezweifelt intelligentes Leben

Mit komplexen Choreographien aus der Garde begeisterten die Seligenstädter Fastnachtsfreunde (SFF) auf der Galasitzung im Riesensaal.

Seligenstadt (kama) – „Helau, meine Narren, ganz ohne Proporz, lasst uns bald beginne, die Fastnacht ist korz!“, reimte der „EinsVau“ und „Sizupräsi“ Michael Millitzer bei der Eröffnung der Galasitzung seiner Seligenstädter Fastnachtsfreunde. Und tatsächlich zündeten die „Lilanen“ ohne lange Zwischenspiele ein karnevalistisches Feuerwerk im Riesensaal: In der sechs Stunden dauernden Sitzung präsentierte man dem Publikum beeindruckende Showtänze, wortgewandte Büttenreden und herrliche Schunkelrunden.

Die Sitzung eröffnete der Elferrat mit virtuosen Melodien und großer Spiellaune auf Nasenflöten: Genialer Einstieg, der dem Publikum Lust auf mehr machte. Wer bereits bei der ersten Nummer lautstarke „Zugabe“-Rufe erhält, macht definitiv etwas richtig. Kurz darauf wurde das Prinzenpaar Tina und Gerald begrüßt. Nach den Worten des Prinzenpaares brachten Kimberly Hill, Chayenne Schmidt, Lea Höfling und Ivana Jokic Rhythmus auf die Bühne des Riesensaals: Mit hervorragend choreographierten Solotänzen begeisterten die Gardetänzerinnen das Publikum. „Diese Damen sind aus Lila-Edelholz geschnitzt. Das merkt man bei jedem Schritt!“, so der Sitzungspräsident Michael Millitzer.

Anschließend versuchte sich Ali Pietz am Protokoll, doch bereits nach den ersten Versen stellte man fest, dass diese Sisyphusaufgabe nicht alleine bewältigt werden kann. Und so schickte der Elferrat Dirk Rollmann als Reimhilfe aus den eigenen Reihen in die Bütt’. Im Protokoll wurden Vereinsinterna wie der Ausbau des Vereinsheims, Lokalpolitisches wie die Situation rund um die Seligenstädter Fähre, Nationales rund um die Regierungsbildung, aber auch Globales angesprochen: „Wir sollten uns erst mal selbst hinterfragen, wozu wir mit unserem Konsumverhalten beitragen!“

Ein herrliches Protokoll, das zur Begeisterung des Publikums mit Humor und Intelligenz überzeugte. Bravo! Die Fastnachtssänger der Germania lieferten mit einer musikalisch-karnevalistischen Hollywood-Show: Detailverliebte Kostüme, lautstarke Singstimmen und ein Wortwitz, der seinesgleichen sucht. Hervorragende Show! Verantwortlich für die musikalische Leitung und die Arrangements war Friedhelm Bloos, die Gesamtleitung übernahm Roland Wolf. Die Texte entstanden in einer Gemeinschaftsproduktion der Gruppe. Daraufhin ließ Michael Follert die gereimte Kultur der Büttenrede erneut aufleben und sprach über das digitale Zeitalter und die sinnbefreiten Veröffentlichungen seiner Mitmenschen auf Facebook: „Bekommt ein Außerirdischer das alles mit, ja der glaubt doch kaum, dass es hier intelligentes Leben gibt!“ Das Publikum bedankte sich für diese sentimentale Hommage an die analogen Zeiten mit stehenden Ovationen. Aus dem Bernsteinzimmer der besten Unterhaltung und der tiefsten Untiefen der Talente erschien anschließend Jürgen Robert alias Hupsi mit seiner Band „Purple Pain“ auf der Bühne. Mit dem Song „Ich habe die ganze Nacht von mir geträumt!“ sang der Entertainer einen Appell an mehr Selbstliebe. Die Pause leiteten die Tänzerinnen der zweiten Schautanzgruppe mit Schwimmreifen, Segeln, Schiffskoffern und hochseetauglichen Choreographien ein.

Nach der Pause betraten Thomas und Tristan Schulz die Bühne und spielten sich den Frust über die Lokal- und Weltpolitik in musikalischer Form von der Seele. Ihr wahres Seelenheil fanden die beiden Vollblutfastnachter mit Gitarre, Klavier und Gesang in der lila Fastnacht. Einen wahren, lilafarbenen Fastnachtshingucker präsentierten die Tänzerinnen auf der Bühne und beeindruckten mit komplexen Hebefiguren und aufwendigen Choreographien. Das Highlight der zweiten Programmhälfte lieferte Christoph Gast aus der Bütt’: Der Mainflinger reimte unter anderem von den goldenen Zeiten der deutschen TV-Unterhaltung: „Beim Harald Juhnke, da haste noch die Luft angehalten, wenn er die Treppe runtergegangen ist. Das war spannender als ein Krimi!“ Gast begeisterte mit Wortwitz, Intelligenz, Originalität und einer Prise Kritik an der heutigen Unterhaltungswelt. Eine grandiose Büttenrede! „Ich kann es nicht anders formulieren, ich freue mich schon jetzt auf nächstes Jahr!“, kommentierte der Sitzungspräsident Michael Millitzer, der sich zwischen den Programmpunkten eine Salami-Pizza vom Kinderprinzen Stefano auf die Bühne liefern lassen hat.

Die Singgruppe „Disharmonie“ lieferte mit erstklassigem Gesang und großartiger Situationskomik eine Hommage an die Talente des vermeintlich starken Geschlechts: Die Männer feierten sich mit Bockwurst und Bier während eines Campingwochenendes unter freiem Sternenhimmel. Doch jedem einzelnen war klar, dass nach dem Wochenende der wütende Hausdrache zuhause wartet: „Und dann geht es wieder los, sie muss schon wieder maulen!“ Dem lautstarken Applaus zufolge saßen im Publikum einige Männer, denen hier von der Seele geredet und gesungen wurde. Anschließend brachten die Tänzerinnen der Ersten Schautanzgruppe der Fastnachtsfreunde ein vergangenen Jahrzehnt wieder zum Leben; schüttelten die Afros und schwangen die Hüften zum feinsten Funk.

Der tanzenden Jugend folgte Frank Eser auf die Bühne, der über das nachtaktive und ausschließlich computerkommunikative „Pubertier“ erzählte: „Nur eines lockt das Tier aus seiner Höhle raus, schaltest Du das W-Lan aus!“ Eser reimte allerdings auch einen Appell an die heranwachsende Elterngeneration, man solle nicht die alten Sprüche benutzen, sondern kreativ werden und mit neuen Texten Strafen androhen: „Einmal die Woche wird das Bad geputzt, so lange Du mein W-Lan benutzt!“

Das große Finale wurde von der ersten Garde der Fastnachtsfreunde eingeleitet während der Sitzungspräsident Michael Millitzer die abschließenden Reime der Galasitzung ins Mikrofon ertönen ließ. Zum Abschluss sangen alle aktiven Akteure auf der Bühne gemeinsam die Hymne der Fastnachtsfreunde und luden zur Aftershow-Party an der Bar ein.

Fotos von der SFF-Sitzung in unserer Bildergalerie.

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