AUSZEICHNUNG Bücherstube Klingler darf sich „hervorragend“ nennen Weit mehr als nur Bestsellerlisten

Eine „hervorragende Buchhandlung“ führt Claudia Becker-Klingler (rechts) in Hainstadt. Mit ihren Mitarbeitern Eva Mauser (links) und Thomas Stoll (Mitte) freut sie sich über den deutschen Buchhandlungspreis. Foto: PRIVAT

Hainstadt – Eifrige Leser in Hainburg und der näheren Nachbarschaft haben es wohl schon gewusst. Der Rest der Welt hat es jetzt schriftlich: Hinter der Hainstädter Wendelinus-Kirche gibt es einen der besten Buchläden der Republik. Das fand zumindest die Jury, die die Bücherstube Klingler jüngst in Erfurt mit dem deutschen Buchhandlungspreis ausgezeichnet hat.

Immer wenn Claudia Becker-Klingler die Ladentür aufschließt, öffnet nach dem Urteil der Juroren eine „hervorragende Buchhandlung“. Das belegt die Urkunde, welche die Inhaberin Anfang Juli im Kaisersaal der Thüringer Landeshauptstadt von Kultur-Staatsministerin Monika Grütters bekommen hat. Weil ihr Geschäft, 1987 gegründet und noch immer am selben Ort, weder zu einer Kette gehört noch als Großbetrieb durchgehen kann, ist mit der Auszeichnung auch ein Preisgeld verbunden.

Insgesamt 118 klassische Buchhandlungen haben gemäß einer Pressemitteilung des Ministeriums dieses Jahr Preise bekommen. Zudem gab es demnach zehn undotierte Gütesiegel für Unternehmen, die nach Struktur und Umsatz in einer höheren Liga spielen. 336 Bewerber haben laut Claudia Becker-Klingler allein in ihrer Klasse konkurriert. Wer da punkten wollte, musste als inhabergeführte, unabhängige Buchhandlung antreten und besonderes Engagement für das „Kulturgut Buch“ vorweisen können – heißt unter anderem, ein breites Sortiment mit Büchern auch von kleineren Verlagen vorhalten.

Also „dafür sorgen, dass es eine Buchkultur jenseits von Bestsellerlisten und digitalen Verkaufsalgorithmen gibt“, erläutert die Inhaberin. Darauf, schreibt Becker-Klingler, ziele das Konzept ihrer „Wohlfühl-Buchhandlung“ ohnehin ab: „Unser Anspruch ist es, für jeden das richtige Buch zu finden“ – egal ob Leseanfänger, Krimileser oder literarisch Interessierte.

Wenn die Chefin „wir“ oder „unser“ sagt, meint sie in erster Linie das Stammquartett. Außer ihr selbst arbeiten drei Teilzeit-Buchhändler in der Bücherstube mit und tun einiges über die individuelle Kundenberatung und die ständige Weiterentwicklung des Sortiments hinaus. So betreut das Team einen monatlichen Lesetreff für Erwachsene und den Leseclub 3.0 – einen festen Kreis von engagierten jugendlichen Lesern, deren Vorgänger-Gruppe über Jahre der Jury für den deutschen Jugendbuchpreis angehört hat.

Kooperationen gibt es mit den örtlichen Schulen und Kitas in der Leseförderung, zudem mit Kirchen, Vereinen und öffentlichen Büchereien.

Derlei Initiativen zählten beim Buchhandlungspreis ebenso als Pluspunkte wie ein innovatives Geschäftsmodell, das auch Online-Angebote umfasst, und speziell in diesem Jahr der kreative Umgang mit der Pandemie. So organisierte das Klingler-Team zum Welttag des Buches ein coronakonformes Bücherquiz mit 13 Schülergruppen im Freien. Ein kontaktloser Bücher-Lieferdienst stand bereits wenige Wochen nach Beginn der ersten Welle. Veranstaltungs-Klassiker wie die herbstliche „Bücherernte“ oder den „Bücherschmaus“ verlegte das Team mit Hilfe eines jungen Video-Profis ins Netz und präsentierte die Neuerscheinungen online.

Diesen Herbst will Claudia Becker-Klingler wieder persönlich Gastgeberin sein. Beide Bücherrunden, dazu „Brot & Spiele“ mit den neuesten Gesellschaftsspielen und die beliebten Stöber-Abende sollen wieder in den Geschäftsräumen stattfinden – unter den dann gültigen Corona-Regeln, betont die Preisträgerin. Auf jeden Fall plant sie mit digitaler Hintertür: Vorsorglich werden Videos gedreht.  

Derweil läuft das Programm der „hervorragenden Buchhandlung“ in diesen Wochen wieder an. Der Leseclub 3.0 schreibt laut Becker-Klingler gerade an einem Hörspiel-Drehbuch. Am 29. August kommt Britta Vorbach mit einer Fledermaus-Geschichte für Kinder auf das Gelände des BUND, später noch einmal mit ihrem Buch „Die Wildkatze“. Für den 1. Oktober sind drei Lesungen mit Jugendbuch-Autor Dirk Reinhardt in der Kreuzburgschule geplant. Im Musikzentrum St. Gabriel will Bernd Köstering am 7. Oktober seinen Literaturkrimi „Goetheherz“ vorstellen – immer vorausgesetzt, die Pandemie lässt das zu.  
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