Pfützen sind wahre Oasen für Amphibien Rundgang durch den Hergershäuser Wald mit den Förstern

Försterin Tanja Wöber (rechts) und Kollege Lothar Seipp führten durch ihr Revier und zeigeten den Teilnehmern so manchen Bewohner. Foto: P. Grimm

Hergershausen (pg) –   Kleine und große Bürger folgten am Samstag der Einladung der Stadt und Hessen-Forst zum traditionellen Waldrundgang. Insgesamt 2 050 Hektar Wald, auf alle Ortsteile verteilt, besitzt die Stadt Babenhausen und ist damit eine der waldreichsten Gemeinden in Hessen.

Mit den dazwischen liegenden Flächen an Privat- und Staatswald steht der Bevölkerung ein riesiges, vom hessischen Forstamt in Dieburg bewirtschaftetes Naherholungsgebiet zur Verfügung. Naturschutz, speziell das Thema Feuchtbiotope, aber auch Waldbewirtschaftung standen im Mittelpunkt der Tour, zu der Stadtverordnetenvorsteher Friedel Sahm etwa 35 Teilnehmer, darunter auch Bürgermeister Achim Knoke, begrüßte.

Begleitet von der DRK-Rettungshundestaffel und angeführt von den beiden Revierförstern Tanja Wöber und Lothar Seipp marschierte die Truppe gut gelaunt 3,5 Kilometer durch den Hergershäuser Wald.

Bereits nach wenigen Metern war der erste Stopp an einem kleinen Feuchtbiotop, das allerdings nicht natürlich, sondern eigentlich ungewollt durch Menschen entstanden ist. „Wir nennen das Fahrspurbiotop“, sagte Seipp. Denn es ist in der Vertiefung entstanden, die die Reifen eines schweren Fahrzeugs in den Waldboden gedrückt haben.

Aber ob natürlich oder nicht, diese „Pfütze“ am Wegrand ist für Amphibien ein wichtiger Lebensraum, wie Tanja Wöber erläuterte: „Diese kleinen Gewässer sind Oasen für Amphibien, denn sie erwärmen sich schneller als große und sind außerdem ohne Fische. Dadurch können sich beispielsweise Kaulquappen hier besser entwickeln.“

Einige Schritte weiter ist ein natürlich entstandener kleiner Tümpel zu sehen, an dem die Förster anschaulich erläuterten, welcher Balanceakt Naturschutz für sie oft bedeutet. Denn der Mensch kann der Natur durch Eingriffe helfen, aber auch ungewollt Schade anrichten. So wurde dieser kleine Tümpel vor drei Jahren ausgebaggert, um den Schlamm, der sich darin angesammelt hatte, zu entfernen.

Damit die Amphibien hier wieder mehr Wasser vorfinden. Diese „Wanne“ konnte entstehen, da der Sandboden von einer dünnen Tonschicht durchzogen ist. Bei diesem gut gemeinten menschlichen Eingriff bestehe eine Gefahr, erklärte Seipp: „Die dünne Tonschicht hätte durch den Bagger verletzt werden können, so dass das Wasser komplett abgeflossen wäre, wie wenn man den Stöpsel in der Badewanne zieht“. Das kleine Biotop wäre also ausgetrocknet und man hätte das Gegenteil erreicht. Allerdings, so die Förster, ist es für die Amphibien auch kein Problem zu einer anderen Wasserstelle zu wandern, wenn welche in der Nähe sind. Es müsse also immer gut abgewogen werden, ob man in die Natur eingreift oder nicht. Was für die eine Tier- oder Pflanzenart gut ist, ist es für eine andere nämlich nicht unbedingt.

„Wir müssen den Wald immer als gesamtes System sehen und nicht nur einzelne Arten. Naturschutz im Wald ist oft Verzicht oder auch nichts tun“, sagte Wöber, als es um so genannte Habitat-Bäume ging, die man wegen ihrer Höhlen, Spalten, Horste oder anderen Besonderheiten stehen lässt. „Diese Bäume werden nur gefällt, wenn es die Sicherheit erfordert, denn sie bieten vielen Arten einen wertvollen Lebensraum.“ Kahlschlag im Wald, wie vor 20 Jahren noch, als große Flächen frei geschoben wurden, um eine Baum-Art auf einer blanken, von Ästen und Reisig „gesäuberten“ Fläche anzupflanzen, das gibt es heute nicht mehr. „Wir arbeiten auf kleineren Flächen und das Ziel heute ist Vielartigkeit, das heißt, mehrere Baumarten und verschiedene Altersstrukturen“, sagten die Förster.

Beim Waldbau setzt das Forstamt – wo möglich – auf Naturverjüngung, also darauf, dass die Bäume sich durch ihre eigenen Samen selbst anpflanzen. Wenn nötig wird das Wachstum der kleinen Bäume durch eine Verbesserung der Lichtverhältnisse unterstützt, wie Seipp an einer Lichtung mit vom Forstamt gesetzten Eichen erklärte. „Das ist ein guter Eichenstandort, aber sie haben sich nicht so verjüngt, wie sie sollten. Also haben wir, da die Eiche eine Lichtbaumart ist, für mehr Licht gesorgt, indem wir einige Bäume entnommen und das hohe Gras um die kleinen Bäume kürzer geschnitten haben.“

Das Forstamt Dieburg betreibt eine nachhaltige und naturverträgliche Waldwirtschaft und verdient trotzdem Geld damit. Die Stadt erhält als Erlös jedes Jahr die stattliche Summe von 100.000 Euro.

Als sich die beiden engagierten Förster nach gut zwei Stunden verabschieden, haben die Teilnehmer allerhand erfahren über Naturschutz im Wald und die Gratwanderung, die die Förster auch in Zusammenarbeit mit den Naturschutzbehörden machen. Außerdem haben alle gespürt, wie entspannend so ein Spaziergang durch den teilweise mehrere Jahrhunderte alten Wald sein kann.