Silvia und Lisa Jaschke malen gemeinsam und zeigen ihre Kunst im Familiengarten In bunten Farben durch dunkle Zeiten

Kunst im Familiengarten: Lisa Jaschke und ihre Mutter Silvia studieren gemeinsam an der Akademie für bildende Künste in Kolbermoor. Foto: Schmedemann

Dietzenbach (liz) – Die eine wohnt in Berlin und genießt dort den Trubel der Großstadt. Nach dem Design-Studium ist Lisa Jaschke in die Bundeshauptstadt gezogen, wo sie sich von der kreativen und bunten Szene gerne treiben lässt. Die andere ist Sozialpädagogin im Ruhestand, und ihre Kreativkarriere begann naturgemäß schon viel früher, 1990 im Detail.

Silvia Jaschke hat nun zusammen mit ihrer Tochter zu einer Vernissage auf der Familienobstwiese zwischen Kirchbornstraße und Wollwiesenteich eingeladen.

Die beiden Frauen haben sich gemeinsam dazu entschlossen, an der Akademie für bildende Künste in Kolbermoor ein Studium aufzunehmen. Heute wechseln sie ins zweite von drei Jahren. „Deswegen haben wir uns gedacht, unsere Werke aus dem Grundkurs Familie, Freunden und allen anderen Interessierten zu zeigen“, erläutert Lisa Jaschke. Die 31-Jährige ist dazu aus Berlin angereist und ergänzt: „Man hat dadurch ja nicht oft die Gelegenheit.“

Bilder von Gänseblümchen zieren die Zaunelemente, vor dem Schuppen mit den Holzscheiten hängen Werke mit Waldmotiven und Seerosen. „Das ist doch deine Joggingroute“, erkennt eine Freundin der 63-Jährigen, die diese Aussage mit einem Nicken bestätigt. „Ich lass mich gerne von Dingen inspirieren, die mir im Alltag begegnen.“ Neben dem Schuppen am Apfelbaum, der viele rote Früchte trägt, lehnt ein großes Werk, das sich aus vier Leinwänden zusammensetzt. Darauf zu sehen: die Apfelblüte, quasi ein direkter Blick in die Vergangenheit. Die junge Künstlerin erzählt: „Eines unserer fünf Wochenseminare ist wegen Corona ausgefallen, aber ich war dann trotzdem hier.“ Die Zeit des Lockdowns haben die Frauen gemeinsam malend im Garten verbracht. „Es war so spannend, zu sehen, wie unser aller Leben stillgestanden, die Natur aber einfach weitergemacht hat“, findet Lisa Jaschke. „Wir haben uns die triste Coronazeit einfach bunt gemacht“, sagt die Mutter.

Silvia Jaschke, die in Dietzenbach geboren ist, hat schon mehrfach an der Artig im Capitol teilgenommen. Das Hobby hat die Sozialpädagogin, die zuletzt an einer Förderschule in Neu-Isenburg gearbeitet hat, mal mehr, mal weniger ausüben können. Ihre Fähigkeiten hat sie unter anderem an der Städel-Abendschule ausgebaut. „An einem Kurs bei Markus Lüpertz war ich schon länger interessiert“, meint die 63-Jährige. Die Tochter fand das Hobby der Mutter schon immer spannend, hatte für sich selbst allerdings den Zugang noch nicht gefunden. Bis beiden Frauen bewusst geworden ist, wie vergänglich das Leben ist.

Die schwere Krankheit des Vaters beziehungsweise Ehemannes hat Tochter und Mutter noch einmal mehr zusammengeschweißt. Silvia Jaschke ist deswegen früher in Rente gegangen, Tochter Lisa hat sich eine längere Auszeit genommen, um ihre Familie zu unterstützen. Während dieser Zeit hat auch der Bruder mehr Zeit im Familiengarten verbracht. Während sich dessen Naturverbundenheit in der Pflege eines Bienenstocks äußert, hat sich die Schwester dem Malen unter freiem Himmel hingegeben.

„Die Vernissage an der frischen Luft hat zwar auch Coronagründe, aber dieser Garten bedeutet uns allen einfach sehr viel.“

Vielleicht hat der Vater von den wenigen Wolken, die gerade zu sehen sind, herab die Werke seiner Liebsten betrachtet. Auch wenn das Schicksal schwer wiegt, hat jedes Ende auch einen Anfang. Das hat Lisa Jaschke zum Nachdenken veranlasst: „Man schiebt so oft etwas vor sich her, das man mal machen will – dabei muss man es einfach nur machen.“ Dass sich die Jungkünstlerin kurzerhand dazu entschloss, ihre Mutter beim Studium zu begleiten, freut die 63-Jährige. „Mir bedeutet das viel – gerade weil wir während der Wochenseminare so eine intensive Zeit miteinander haben“, sagt die Mutter.

Die Zeit in der Hauptstadt tut der 31-Jährigen ebenfalls gut. „Da gibt es nochmal eine andere Szene, es ist alles irgendwie nochmal bunter“, sagt die Tochter. Die Zeit im Familiengarten ersetzt die Großstadt jedoch nicht.