Pfarrer Barton verlässt nach 13 Jahren die St. Martin Gemeinde Die Erinnerungen bleiben

Abschiedsgottesdienst: Pfarrer Stefan Barton hat sich von der St. Martin Gemeinde verabschiedet.

Dietzenbach – Stefan Barton war erst zwei Stunden Pfarrer der St. Martin-Gemeinde, da klopfte es an die Tür.

Als er sie öffnete, stand vor ihm eine Frau. „Sie sagte zu mir, sie wolle mir ihren Namen nicht verraten“, erinnert sich Barton. Und dafür hatte sie auch einen guten Grund, hieß sie doch „Teufel“. Noch heute nimmt der Geistliche diese denkwürdige Begegnung mit Humor. Sei dies doch eine passende Begrüßung in einer Stadt gewesen, in der „der Deiwel unnerm Dach“ sitze.

Seither sind 13 Jahre vergangen, in denen Barton die katholische Gemeinde geprägt hat, bevor er nun im Zuge des „Pastoralen Weges“ seine Wirkungsstätte wechseln muss. Wie berichtet, wird der gebürtige Österreicher ab August in der neu entstehenden Pfarrei „Main Weg“ wirken. Diese setzt sich aus den Gemeinden der Städte Rüsselsheim, Raunheim und Kelsterbach zusammen.

Aus Dietzenbach mitnehmen werde er die Erfahrung, dass es möglich ist, dass Menschen aus der ganzen Welt zusammenleben können. „Wenn die Gemeinde nur aus den Ortsansässigen bestehen würde, wäre sie überschaubar klein“, so der Katholik.

Doch zur St. Martin-Gemeinde gehörten beispielsweise Menschen aus Laos, Bolivien, Chile oder den Philippinen.

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Und so war Stefan Barton während seiner Zeit in Dietzenbach die interreligiöse, wie auch die ökumenische Zusammenarbeit stets ein großes Anliegen. Er hat die „Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen“ und die „Arbeitsgemeinschaft der Religionen“ mitgegründet. Die gemeinsame Arbeit zählt für den Seelsorger zu den Höhepunkten der vergangenen Zeit.

Auch die kleineren Begegnungen mit Gemeindemitgliedern im Alltag, ebenso wie die anspruchsvollen Zusammentreffen, etwa im Hospiz während der letzten Lebensphase, hätten die Arbeit in der Kreisstadt zu etwas Besonderem gemacht, betont Barton. „Es war ein gutes Gefühl, wenn es mir gelungen ist, jemanden seelisch aufzurichten“, fährt er fort.

Neben den Verbindungen mit den Gläubigen waren es auch die strukturellen Entwicklungen der Kirche an der Offenbacher Straße, die dem bekennenden Bücherwurm am Herzen lagen. „Uns ist es gelungen, die katholische Kindertagesstätte soweit auf den Weg zu bringen, dass sie zukunftsfähig ist“, berichtet Barton. Diese werde nun renoviert und um einen U3-Bereich erweitert. „Es ist schön, dass ich das vor meinem Weggang noch miterleben darf“, sagt er. Über eine Einladung zur späteren Einweihung, so fügt er hinzu, würde er sich natürlich auch freuen.

Mit großer Begeisterung hat Stefan Barton die musikalische Entwicklung der St. Martin-Gemeinde verfolgt. Es habe sowohl im Gottesdienst als auch bei den Konzerten deutliche Fortschritte gegeben, sagt Barton. Ein besonderer Dank gelte indessen all den ehren- und hauptamtlichen Mitarbeitern, die ihm in all den Jahren eine große Stütze gewesen seien. Ebenso war das Engagement der Gemeindemitglieder für den Pfarrer von großem Wert. Es sei etwas Bemerkenswertes, dass Mitglieder immer wieder ihre Talente miteingebracht hätten und, wie zuletzt, das Innere des Gotteshauses gestrichen haben.

Schwer wird Barton das Herz hingegen, wenn er an den 8. Dezember 2012 denkt, als eine Dietzenbacher Familie mit drei Kindern bei einem Flugzeugabsturz ums Leben kam. Alle Fünf seien ein fester Bestandteil der St. Martin-Gemeinde gewesen und er habe sie gut gekannt. „Das sind die Momente, in denen man selbst als redegewandter Theologe einfach nur mitweinen möchte“, sagt Barton und erzählt, dass er auch heute noch alle Geburtstage der Verunglückten kennt und an ihrem Todestag einen Gottesdienst hält.

Diese Erinnerung sowie die an all die anderen Momente, die der Geistliche in der Kreisstadt erleben durfte, werden ihn nun sicherlich an seine neue Arbeitsstelle begleiten. Um seine bisherige Gemeinde macht Barton sich angesichts der anstehenden Veränderungen jedoch keine Sorgen. „Ich empfinde den Pastoralen Weg nicht als Verlust, sondern glaube, dass er viele Möglichkeiten bietet“, macht er deutlich. Könnten doch die Katholiken aus der Kreisstadt und aus Heusenstamm nun gemeinsam daran arbeiten, dass ihre Pfarrei zukunftsfähig wird.

Und geht es nach ihm, bleibt Barton seinen Schäfchen in Dietzenbach erhalten. Zumindest dann, wenn er etwa für eine Taufe oder eine Hochzeit gebraucht werde. Allerdings, so räumt der Pfarrer ein, sei das natürlich abhängig von der Zustimmung seines Nachfolgers.

Von Anna Scholze