Französische Musik aus Versailles in der Kirche St. Martin Wenn geschwätzige Hofdamen heimliche Liebesaffären haben

Das Concert de l’Isle , ein gut eingespieltes Trio mit den Flötistinnen Sonja Kanno-Landoll und Ulrike Wettlach-Weidemaier sowie der Cellistin Katrin Ziegler trat unter dem Motto „Fête Française“ mit französischer Musik aus Versailles auf, überwiegend aus der Blütezeit Ludwigs XIV. Foto: Wittekopf

Dietzenbach (red) – Nach langer Wartezeit mit kulturellem Stillstand infolge der Corona bedingten Restriktionen durften die Besucher des Kirchenkonzerts in St. Martin unlängst wieder ein Konzert im wahrsten Sinne erleben, das die Erwartungen an das Freiburger Trio voll erfüllte.

Das Concert de l’Isle , ein gut eingespieltes Trio mit den Flötistinnen Sonja Kanno-Landoll und Ulrike Wettlach-Weidemaier sowie der Cellistin Katrin Ziegler trat unter dem Motto „Fête Française“ mit französischer Musik aus Versailles auf, überwiegend aus der Blütezeit Ludwigs XIV.

Die farbigen Titel im Programm wie „L’Emerveillée“ (Entzücken) oder „Tendre Les Tourterelles“ (zartes Geturtel) waren in Versailles übliche Allegorien, deren Bedeutungen uns heute nicht mehr bekannt sind.

Meist waren es Anspielungen auf menschliche Charaktere wie geschwätzige Hofdamen oder heimliche Liebesaffären. Die Cellistin Katrin Ziegler aus Frankfurt sprang für den erkrankten Eckehard Weber aus Freiburg ein, der – wie schon vor zwei Jahren – mit seiner Viola da Gamba aufgetreten wäre. Schon mit den ersten Stücken aus Boismortiers „Six Gentilesses“ zeigte sich eine erfreulich gute Abgewogenheit im Zusammenspiel der unterschiedlichen Flöten und des Cellos. Die Traversflöte, eine Querflöte aus Holz, sehr beliebt im 18. Jahrhundert, unter anderem von Friedrich dem Großen, mit einem warmen Ton, aber eher zurückhaltend und zarter als die moderne Querflöte aus Silber, konnte sich bestens gegen die diskante Blockflöte, gespielt von Ulrike Wettlach-Weidemaier, behaupten.

Erst recht im folgenden Duo von Hoteterre für Traversflöte (Sonja Kanno-Landoll) und „Voice Flute“, die englische Bezeichnung für eine auf „d“ gestimmte Altblockflöte mit ihrem warmen tiefen Klang, beherrschten die Künstlerinnen eine höchst ausgewogene Klangbalance. In sämtlichen schnellen Sätzen, sei es die Gigue, aus Hoteterres „La Romain“ oder bei den anderen Komponisten, meisterten die Flötistinnen die beachtlichen technischen Herausforderungen mit beeindruckender scheinbarer Leichtigkeit, zumal die Traversflöte träger als die moderne Querflöte reagiert. Die langsamen Sätze erhielten durch das wohl dosierte „inégal“, einer französischen Spieltechnik, welche die Tonreihen leicht unregelmäßig abfolgen läßt, ihre innewohnende graziöse Eleganz.

Auch die Cellistin beherrschte die schwierigen Passagen souverän und bewies im Ensemble ihr gutes Einfühlungsvermögen, spielte sie doch nicht auf der vorgesehenen zarteren Gambe, sondern auf ihrem etwas dominanteren Barockcello, seinerzeit in Versailles nicht üblich. Sanglicher Bogenstrich und fantasievoll eingesetzte Pizzikati. Ihr Solostück von Dall‘ Abaco, der zeitweise in Versailles wirkte, trug sie innig vor mit lebhafter Dynamik, aber in der barocken Disziplin, mühelos die Doppelgriffe. Das als Caprice bezeichnete Stück ähnelte eher einer Fantasie noch ganz im barocken Verständnis einer Bach Partita. Das Konzert wurde mit einer „Passacaglia“ des bekannten Marin Marais (bekannter gleichnamiger Film) beendet, in welcher das Trio seine hohe Musikalität und Virtuosität zu einem Höhepunkt brachte.

Ludwig XIV. wünschte sich stets am Ende der Tänze eine Passacaille, ein Tanz mit immer gleichbleibendem, sich wiederholendem Grundthema, auf welchem die oberen Stimmen virtuos variieren. So wurde bei dem Konzert auch das Programm französisch beendet. Nach langem Applaus folgte noch ein kleiner Satz von Marais.