Professor Kai Vöckler referierte bei der Volkshochschule über sogenannte Arrival Citys Kämpfer gegen Negativ-Klischees

Kampf gegen Negativ-Klischees: Professor Kai Vöckler erläuterte in einem Vortrag bei der Volkshochschule die Merkmale einer „Arrival City“. Foto: Wittekopf

Dietzenbach (bw) – Professor Dr. Kai Vöckler ist ein Kämpfer gegen klassische Negativ-Klischees. Besonders gegen jene, die medial hochgepuscht werden. „Es gibt keine Ghettos in Deutschland“, sagt er bei seinem Vortrag über „Arrival Cities – Völkerwanderung“, in der Volkshochschule. Der Stiftungsprofessor, der an der Hochschule für Gestaltung (HfG) lehrt, wohnt selbst in Offenbach und tritt Aussagen wie „Offenbach ist gefährlich, da kann man nicht wohnen“ mit einem einfachen Argument entgegen: „Ich wohne hier, meine Kinder gehen hier zur Schule, es ist hier nicht gefährlich!“ Vöckler plädiert für ein Miteinander der Nationen und für so viel menschlichen und kulturellen Austausch wie möglich. In enger Abstimmung mit der Stadtverwaltung Offenbach sucht er nach Wegen, um den gesellschaftlichen Druck, den die Migration gerade in Offenbach mit sich bringt, zu bewältigen.

Vöckler hat seine neue Heimatstadt Offenbach detailliert beobachtet. „Ich habe mich damit auseinandergesetzt, woher die negative Stimmung kommt und ihren Wahrheitsgehalt untersucht“, berichtet er. Dabei habe sich vieles als schlicht „unwahr“ herausgestellt. Er beschäftigt sich außerdem mit den Fragen: „Wie wirkt sich das Zusammenleben der Kulturen auf die Stadt aus?“ „Welche Anforderungen stellt eine hohe Neuzuwanderung an die Stadtplanung?“ und „Welche Angebote können die Integration unterstützen?“

Am Beispiel der Stadt Offenbach zeigen sich die Probleme, die eine Migration mit sich bringt. Die Stadt hat den höchsten Ausländeranteil in Deutschland. Menschen aus mehr als 150 Nationen treffen regelmäßig dort ein. Sie benötigen Wohnraum und einen Arbeitsplatz, damit sie dort leben können. Dabei hat sich Offenbach inzwischen zur Stadt der Ankunft, einer „Arrival City“, für den gesamten Ballungsraum „Rhein-Main“ entwickelt. Das liegt laut Vöckler daran, dass das Rhein-Main-Gebiet ein sehr starker Wirtschaftsraum ist, in dem die Menschen Arbeit finden, zum anderen haben viele Ankömmlinge familiäre Wurzeln in Offenbach und finden dort ihren Erstkontakt. Doch damit beginne der Teufelskreis, in dem sich die Stadt Offenbach derzeit befindet. Wohnraum ist kaum vorhanden, erst recht nicht sozialer Wohnungsbau. Die Ankömmlinge müssen ausgebildet werden, das kostet Geld, denn Schulen und Lehrer wollen finanziert werden. Doch sowie die Menschen eine gute Ausbildung haben, verlassen sie die Stadt und ziehen in andere, bessere Gegenden. Offenbach leistet demnach den Großteil der sozialen Arbeit, profitiert aber nicht davon. „Es kann sich kein richtiges Stadtleben entwickeln, denn die Menschen kommen und gehen zu schnell.“ Vöckler setzt deshalb an der Verweildauer an. „Normalerweise verweilen Neuankömmlinge nur wenige Jahre in Offenbach“, sagt er. Erschwerend komme hinzu, dass das Image der Stadt negativ sei und deshalb Herkunftsdeutsche eher bereit seien, in andere Gegenden zu ziehen. Deshalb seien eine Verbesserung des Images und eine Aufwertung der Stadt dringend notwendig. Um das Image zu steigern, veranstaltet er regelmäßig Führungen, die in genau jene Gebiete führen, die als besonders verrucht gelten. „Das kommt gut an und die Teilnehmer staunen, dass an den Gerüchten oft nichts dran ist“, berichtet er. Um die Menschen dort zu halten, sei günstiger Wohnraum dringend notwendig. Er plädiert für den Neubau von Sozialwohnungen. Inzwischen hat er mit seinem Konzept Aufmerksamkeit erregt. Er tourt durch Deutschland, um seine Erfahrungen anderen mitzuteilen.