Bürger gedenken Sedat Gürbüz sowie den weiteren Opfern des Hanau-Attentats „Keine Rückkehr zur Normalität“

Weiße Rosen für Sedat: Menschen versammeln sich auf dem kleinen Platz vor der Parfümerie am Stadtbrunnen.

Dietzenbach – Am 16. Mai wäre Sedat Gürbüz 33 Jahre alt geworden. Dies zu erleben, war ihm nicht vergönnt. Bei den sogenannten Hanauer Attentaten nahm ihm und acht weiteren Opfern ein feiger und rassistischer Mörder am 19. Februar 2020 das Leben. Nachdem er tötend und auf der Suche nach Opfern mit vermeintlicher Migrationsgeschichte durch die Stadt gezogen war, brachte der Täter auch seine Mutter und schließlich sich selbst um.

In der Kreisstadt ist Sedat Gürbüz nicht vergessen. Auch am dritten Jahrestag gedenken viele Dietzenbacher ihres Mitbürgers und der grausamen und noch immer unbegreiflichen Tat mit mehreren Gedenkveranstaltungen. „Dieser Tag ist immer der schlimmste im Jahr“, sagt Sedats Vater Selahattin Gürbüz bei einem Treffen an der Gedenkstele für seinen Sohn auf dem kleinen Platz vor der Parfümerie am Stadtbrunnen. Dort, an zentraler Stelle und nicht weit von Sedats Elternhaus entfernt, hat der Dietzenbacher Betonkünstler Thomas Stich eine Skulptur angefertigt, die züngelnde Flammen als Flammen der Hoffnung zeigt. Initiiert hatte die Stele der örtliche Ausländerbeirat, gefördert wurde sie aus dem Programm „Partnerschaften für Demokratie“.

Gemeinsam mit dem sichtlich gebrochenen Vater haben sich am dritten Jahrestag der Attentate ungefähr 40 Menschen dort versammelt, auch, um einen Strauß mit 33 weißen Rosen niederzulegen. Emis Gürbüz, die Mutter, weilt bei der zentralen Feier in Hanau. Auch in Dietzenbach ist die Stimmung gedrückt, viele Anwesende sind trotz der inzwischen vergangenen Zeit immer noch entsetzt ob der schrecklichen und kaltblütigen Tat. Die Dietzenbacher Stele sei zwar zuvorderst dem Andenken an Sedat Gürbüz gewidmet, stellt Erster Stadtrat René Bacher in einer kurzen Ansprache fest. Indes stelle Dietzenbach damit auch ein grundsätzliches Mahnmal im Kampf gegen Rassismus, Antisemitismus und Gewalt.

Vorausgegangen ist dem Treffen an der Gedenkstätte eine Zusammenkunft mit Festakt im Bildungshaus an der Rodgaustraße unter der Moderation von Maud Möller, der Koordinatorin des Bildungshauses. Jeweils eine weiße Kerze und eine weiße Rose stehen dort für jeden der Getöteten, Bilder zeigen ihre Gesichter. Untermalt wird die Veranstaltung mit eindrücklichem Cellospiel von Streetworker Malte Althoff.

„Wir sehen und verstehen, dass es nach einer solchen Tat keine Rückkehr zur Normalität geben kann“, sagt Bacher. Noch immer sei Rassismus etwas Alltägliches, viele Menschen, auch in der Dietzenbacher Gesellschaft erlebten ihn prägend. Das bestätigt Helga Giardino vom Ausländerbeirat. „Es hat sich an den rassistischen Tendenzen in Deutschland nichts geändert“, sagt sie. Weder in der Politik, wie das Beispiel AfD zeige, noch, wenn es darum gehe, Verantwortliche zu benennen, spielt sie darauf an, dass die Tatnacht noch immer nicht lückenlos aufgeklärt ist. So gibt es offene Fragen etwa zu einem verschlossenen Notausgang.

Als dritte Zusammenkunft zum Gedenken an den Jahrestag der schrecklichen Morde hatten die Organisatoren zu einer Zusammenkunft an Sedats Grab auf dem Friedhof eingeladen. Sedat Gürbüz betrieb in Hanau eine Shisha-Bar, auf die er sehr stolz war. Aufgewachsen mit einem jüngeren Bruder in der Dietzenbacher Altstadt, war er vor allem im Fußballverein gut bekannt. Der Mörder von Hanau erwischte ihn in der Bar „Midnight“ an seinem Arbeitsplatz, einem der ersten Tatorte. Die Bluttaten erschütterten die ganze Bundesrepublik. „Es darf kein Vergessen geben“, waren sich alle Beteiligten einig.

Von Barbara Scholze