Kulturfestival hat festen Platz im Veranstaltungskalender der Kreisstadt Lesung, Lust und Lachtränen

Zum neunten Mal hatte Reiner Wagner in das mediterrane Ambiente des Eckertschen Hofes an der Darmstädter Straße eingeladen, vier Tage lang stand dort alles ganz im Zeichen von Kabarett, Musik und jeder Menge Lachtränen. Foto: Dreger

Dietzenbach (zsd) – Längst hat sich das Dietzenbacher Kulturfestival seinen festen Platz im Veranstaltungskalender der Kreisstadt gesichert.

Zum neunten Mal lud Reiner Wagner in das mediterrane Ambiente des Eckertschen Hofes an der Darmstädter Straße ein, vier Tage lang stand dort alles ganz im Zeichen von Kabarett, Musik und jeder Menge Lachtränen.

Den Anfang machten Katja Nau, Gabriele Giersiepen und Reiner Wagner mit der Erfolgskomödie „Alles über Liebe“. Im Verlauf dieser selbst verordneten Paartherapie wechselten sich sprühende Wortwitze mit Zwerchfellattacken ab und endeten nicht selten in einem bissig verbalen Schlagabtausch mit Lachgarantie. „Das war ein grandioser Abend mit einem großartigen Publikum“, freute sich Wagner. So ein Stück Open-Air zu spielen habe den drei Schauspielern eine unglaubliche Energie gegeben, erklärte der Theaterhäuptling.

Mit nicht immer zufriedenstellenden Gesamtsituationen beschäftigte sich am Folgeabend der Kabarettist Clajo Hermann. In seinem Programm „Älter werden, ohne den Unmut zu verlieren - Ein Mann in der zweiten midlife crisis“ wusste Hermann nicht nur den freien Verfall des Mannes über 50 zu relativieren. Sehr zur Freude der Lachmuskeln im Publikum wurde auch so manches Geheimnis zwischenmenschlicher Alltäglichkeiten gelüftet.

Als Mann in seinem Alter sei man eben gerne mal beleidigt - ohne Grund. „Dann kriege ich einfach mehr Aufmerksamkeit“, erklärte er. Im Hinblick auf emotionsgekoppelte Erinnerungen sei das weibliche Hirn dagegen effektiver ausgebaut. „Frauen ärgern sich einfach länger“. Beim verbalen Wandern von einem Extrem ins Andere fühlte sich der studierte Theologe inmitten seiner Zuhörer sichtlich wohl. „Die Nähe zum Publikum ist genau mein Ding“.

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Der anfängliche Regen tat dabei weder der Veranstaltung noch der Stimmung einen Abbruch. Die Sitzplätze wurden kurzerhand unter die Tenne verlegt. „Da rückt man einfach näher zusammen, das macht es noch gemütlicher“, sagte Besucherin Christiane Chee.

Der Samstagabend war den deutschen Liedermachern gewidmet. „Es kribbelt schon in den Fingern“, sagte Peter Kämmer, der als Musiker schon von Beginn an beim Kulturfestival dabei ist. Mit dem Refrain: „Gut wieder hier zu sein, schön euch zu sehen“, aus einem Lied von Hannes Wader, begrüßten Peter Kämmer, Mick Liebig und Birgit Reuter die Gäste zu einem Musikabend in hundert Prozent Deutsch. Der erste Teil des Abends sei traditionell etwas ernster, erklärte Liebig. „Da spielen wir immer ein paar Lieder zum Nachdenken“, sagte er und stimmte „Spiel nicht mit den Schmuddelkindern“, von Franz Josef Degenhardt an.

Spätestens mit dem kleinen grünen Kaktus wusste Peter Kämmer mit seinem Akkordeon das Publikum aber zum fröhlichen Mitsingen zu animieren. Für Muckmäuschenstille sorgte dagegen Soki Ly, die nach der Pause mit „L‘hymne à l‘amour“ von Édith Piaf für Gänsehautfeeling sorgte. „Heute Mittag wusste sie noch gar nicht, dass sie hier etwas singen wird“, erzählte Wagner. „Ich wollte eigentlich nur beim Soundcheck helfen und nun spiele ich französische Chansons“, freute sich die 31-jährige Ly. Schon beim Grönemeyer-Refrain „Keiner liebt mich so wie ich“ konnte sich kaum einer dem Mitsingen erwehren, bis es mit dem Hit von Reinhard Mey schließlich im Chor bis über die Wolken ging.

Dass die Kreisstädter vollends bühnentauglich sind, bewies der vierte Festivalabend mit „Ditzebäscher im Hof“. „Gude. Schön, dass jeder einzelne von euch so zahlreich erschienen ist“, hallte es durch den Innenhof. Von Karl-Heinz Lehr und Reiner Wagner mit kleinen Gedichten und Geschichten moderiert ging es von spielend Gelesenem über musikalisch Lokales bis zu gelesenem Spielen hoch hinaus. In Lesungen wurde unter anderem die Weisheit der Autorin Alexandra Reinwarth zu Tage gebracht, dass am Arsch auch ein Weg vorbei geht. Durch das Kinder- und Jugendtheater „Die Kindsköpp“ fand mit Sketchen wie die „Nudelkrise“ oder „Liebe im Büro“ auch Loriot seinen Weg auf die Bühne. Viel Erholung gab es für das Zwerchfell an diesem Abend nicht. In russischem Akzent und mit spitzer Zunge wusste auch Angie Bekele mit Einblicken in ihr Soloprogramm „Sasa Goldbaum“ die Lachmuskeln der Gäste in Bewegung zu halten.

Mit dem Hessentags-Blues nahm das Duo „Only Two“ das Publikum mit auf eine Erinnerungsreise in vergangene Zeiten und als fast echter Udo Lindenberg steuerte Frank Hilsamer den Sonderzug nach Pankow durch die Reihen der Gäste, die an allen Abenden mit kühlen Getränken, frisch gegrilltem und kleinen Snacks vom Team des Eckertschen Hofes kulinarisch verwöhnt wurden.

Spätestens als die kleine Combo der Original Palmdudler gemeinsam mit dem Publikum den Refrain „Die Fraa Rauscher aus de Schäfergass“ in den Nachthimmel schmetterte war klar, dass sich der Abend rund um Dietzenbach dreht. „So viel Lokalkolorit begeistert mich“, sagte Ehrenbürgermeister Jürgen Heyer. „Die Identifikation der Künstler mit unserer Stadt ist für mich wie ein Lebenselixier“.