Andreas Gündel führt mich tiefer in das DRK-Haus hinein, bis wir vor seinem hölzernen Arbeitstisch stehen. Darauf türmen sich Zangen, Nägel, Schrauben und jede Menge anderes Werkzeug. Ich stelle meinen Notenständer hoffnungsvoll in die Tischmitte. Mein Helfer greift beherzt zu und scheint fachmännisch zu Werke zu gehen. Er macht sich an den Schrauben zu schaffen. Dreht den oberen Teil in alle Richtungen, zieht und zerrt das Gestell in alle möglichen Winkel. Gespannt beobachte ich jeden seiner Handgriffe. Nach wenigen Minuten packt er schließlich meinen halb reparierten Notenständer und beugt sich zu mir, damit ich ihn in dem ganzen Reparaturlärm verstehe. „Das gefällt mir noch nicht. Wir müssen mal rausgehen.“ Andreas Gündel ist in der DDR aufgewachsen. „Aufgrund der Ressourcenknappheit habe ich schnell gelernt, alles Mögliche zu reparieren“, erklärt er seine beiden geschickten Hände. Deswegen ist er jetzt auch ganz genau mit meinem Notenständer. Weder Kälte noch Nässe können Andreas Gündel davon abhalten, meinen Notenhalter draußen vor der spärlichen Überdachung des DRK-Hauses auseinanderzunehmen. Er legt ihn seitlich auf die Treppenstufen und hämmert auf die gelockerten Schrauben ein: Tocktocktock, ertönt es laut. Immer mehr Schläge steckt mein Notenständer ein. Schläge, die schließlich zu seiner Genesung führen. Mit einem ganz besonders festen Schlag saust der Hammer dann ein letztes Mal auf das Gestell.
Zufrieden schraubt Gündel das Gestell zusammen: Nun steht da ein 1A-Notenständer. Seine 16 Jahre sieht man ihm plötzlich gar nicht mehr an. „Wie neu“, stelle ich bewundernd fest. „Heutzutage wird alles auf Verschleiß produziert“, klagt Andreas Gündel. „Darum geht es hier, dass wir ein Zeichen gegen die Wegwerfgesellschaft setzen“, erklärt er sein Motiv, ehrenamtlich zu helfen. „Und natürlich, um nette Menschen kennenzulernen.“
Von Lisa Mariella Löw