Dietzenbacher Feuerwehr spricht über Nachwuchsmangel und weitere Herausforderungen „Es müssten aber eigentlich doppelt so viele sein“

Für den Einsatz mit Gefahrenstoffen gerüstet: Stadtbrandinspektor Michael Plahusch (links) nahm von den Geschäftsführern der Deutschen Derustit GmbH Dieter Hess und Martin Rabenau zwei Schutzanzüge entgegen. Foto: Feuerwehr Dietzenbach/Oliver Schuster

Dietzenbach (scho) – Nicht nur die Brandbekämpfung, auch der korrekte Umgang mit Gefahrstoffen steht im Fokus der Feuerwehr. „Wir müssen auf mögliche Unfälle vorbereitet sein und eine entsprechende Schutzausrüstung vorhalten“, betont Pressesprecher Oliver Schuster.

Und das, obwohl die Ausstattung teuer sei und in der Regel selten gebraucht werde. Nun haben die Floriansjünger Unterstützung erhalten. Die Deutsche Derustit GmbH in der Emil-von-Behring-Straße, ein Unternehmen, das sich auf die Behandlung von Edelstahl-Oberflächen spezialisiert hat und entsprechend mit potenziellen Gefahrstoffen umgeht, hat der örtlichen Feuerwehr zwei Chemikalien-Schutzanzüge im Wert von 5000 Euro spendiert.

„Die Anzüge isolieren den Träger komplett, sodass er in einer radiologisch, chemisch oder bakteriologisch kontaminierten Umgebung arbeiten kann“, teilt die Feuerwehr mit.

Wie die beiden Derustit-Geschäftsführer, Martin Rabenau und Dieter Hess bereits zugesagt haben, soll die Kooperation über die Übergabe der Anzüge hinaus fortgesetzt werden.

Die Unterstützung durch das Unternehmen kommt auch als Motivation in einer schwierigen Zeit gerade recht.

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„Alles ist coronabedingt momentan doch recht statisch“, sagt Pressesprecher Schuster auf Anfrage.

Vor allem die Aus- und Fortbildungsaktivitäten müssten brachliegen. „Jeder Präsenzunterricht ist untersagt, die einzigen Treffen in der Wache sind die, bei denen es um einen Einsatz geht“, so Schuster.

Obwohl der Gesetzgeber die Anforderungen an die Mindestausbildungsstunden im Rahmen der Pandemie-Vorschriften ausgesetzt hat, versuchen die Brandschützer so gut es geht, mit Online-Kursen zu arbeiten. Aber es fehle das Training für die notwendigen Handgriffe, betont Schuster. Videos und Online-Unterricht könnten das handwerkliche Einüben nicht ersetzen. Das gelte ebenso für das notwendige Teamwork. „Es arbeiten immer zwei Feuerwehrleute zusammen, da ist es wichtig, dass sie sich kennen und blind verstehen“, sagt er. Darüber hinaus bleibe das Beisammensein auf der Strecke. „Die Feuerwehr ist ein Zuhause für viele Feuerwehrleute, da ist es jetzt doppelt schwierig.“

Besonders belastend sei die Situation rund um die Kinder- und Jugendfeuerwehr. Schuster berichtet: „Die Arbeit mit den Kindern ruht komplett und wir können nur hoffen, dass keiner abspringt.“ Gut weggesteckt habe die Truppe indes inzwischen den Einsatz Ende Mai im Spessartviertel, bei dem die Rettungskräfte mit Steinen beworfen wurden. „Das war sehr unschön für die Kameraden vor Ort, und jeder, der jetzt zu einem Einsatz in dem Quartier fährt, hat das im Hinterkopf.“ Mittlerweile sei es jedoch sehr ruhig geworden und es seien keine Notfälle mehr angezeigt worden. „Wir haben im Anschluss an die Vorfälle mit vielen Bewohnern, auch mit jungen Leuten dort Gespräche geführt und gehen mittlerweile davon aus, dass es sich um Einzelfälle handelt“, sagt Schuster. Es solle keinesfalls ein „schlechtes Licht“ auf alle Bewohner geworfen werden.

Etwa 50 bis 60 Mitglieder umfasst die Einsatzgruppe der Dietzenbacher Feuerwehr aktuell. Mit 17 Jahren können die Mitglieder der Jugendfeuerwehr dorthin wechseln. „Es müssten aber eigentlich doppelt so viele sein“, stellt Schuster fest. Bedauerlicherweise gelinge es nach wie vor nicht, mehr Feuerwehrkameraden mit Migrationshintergrund anzulocken. „In der Jugendfeuerwehr klappt das noch ganz gut, aber mit 15 oder 16 Jahren wird es schwierig, die jungen Leute zu halten.“ Warum das so ist, sei meist nur schwer nachvollziehbar.

Hoffnung legen Schuster und seine Kameraden nun auf ein Schulprojekt, das in der zehnten Jahrgangsstufe ansetzt und als Wahlfach ein Jahr lang die komplette Grundausbildung bietet. Parallel nehmen die jungen Wehrleute an den Übungen und dem Zusammensein der Feuerwehr teil. In einigen Nachbarkommunen habe sich das Projekt bereits bewährt. Geklärt werden müsse die notwendige qualifizierte Begleitung. „Aber durch die Pandemie können wir derzeit sowieso nicht tätig werden.“ Aktivitäten wünschen sich die Brandschützer dagegen in der Vorweihnachtszeit vom ein oder anderen Spender. „Auch uns sind in diesem Jahr viele Einnahmen weggebrochen, da wir keine Feste machen konnten, vielleicht möchte ja jemand unsere Arbeit mit einem Beitrag unterstützen“, bittet Schuster.