Neue Stieleichen für die nächsten 300 Jahre

Vor einigen Tagen, als noch kein Schnee lag und der Boden noch nicht gefroren war, wurde mit der Aufforstung des Stadtwaldes begonnen. Hier pflanzt Forstwirt Kristof Sowa eine Stieleiche.

Dietzenbach – Nachdem im Februar die Abholzung einiger Fichten im Steinberger Wald für große Aufregung bei den Spaziergängern sorgte, hat Forstamtsleiter Melvin Mika gemeinsam mit Revierleiterin Gabriele Rutschmann-Becker und Bürgermeister Dieter Lang die weiteren Maßnahmen erläutert. Im Gespräch vor Ort erklärten die Waldexperten, warum die Bäume gefällt werden mussten und wie sich das Naturstück jetzt nachhaltig verändert.

Dem heftigen Sturm im Jahr 2019, durch den viele Waldschäden entstanden sind, haben auch die rund 100 Fichten im Steinberger Wald nicht standhalten können. Hinzu kamen die Trockenheit und Borkenkäfer, die die Einsturzgefahr erhöhten. Um die Spaziergänger nicht dem Risiko auszusetzen, beim Joggen und Gassigehen von einem 25 Meter großen Baum erschlagen zu werden, wurden die Fichten im Februar gefällt (wir berichteten).

Die Abholzung erfolgte im Winter, damit Waldtiere wie Lurche, Salamander und Rehe nicht im Frühjahr bei ihrer Wanderung oder während der Brut- und Setzzeiten gestört werden. Einiges an Restholz blieb jedoch liegen, damit der Waldboden mit wichtigen Nährstoffen versorgt werden konnte. Um die Tiere zu schützen, passierte im Sommer nichts auf der Fläche, dafür aber umso mehr im Hintergrund: „Wir begründen einen neuen Wald“, sagt Revierleiterin Gabriele Rutschmann-Becker. Erst vor wenigen Tagen haben nun die Aufforstungsarbeiten, die zu 85 Prozent gefördert und zu 15 Prozent von der Stadt getragen werden, an dem Standort in Steinberg begonnen.

Für die Gegebenheiten in Dietzenbach sind besonders Stieleichen und Hainbuchen geeignet, die auf der Fläche in Steinberg sowie im Eulerwald wachsen werden. Deswegen werden rund 3 200 Stieleichen in geraden Reihen gepflanzt: „Die Eichen, die wir heute hier pflanzen, sollen 250 bis 300 Jahre alt werden“, unterstreicht die Revierleiterin die Nachhaltigkeit der Pflanzmaßnahme.

In jeder fünften Reihe wachsen Hainbuchen empor, insgesamt rund 800 Stück. Die übersichtliche Anordnung sei wichtig, damit die Pflanzen gut erreichbar sind und leicht gepflegt werden können. Am Rand der Fläche werden etwa 80 bis 100 Vogelkirschen und 15 Salweiden gepflanzt, um die Bienen und Insekten zu unterstützen. „Die Salweide ist das erste Gehölz, das im Frühjahr blüht und somit unheimlich wichtig für Hummeln und deren Brut“, erklärt Rutschmann-Becker. Außerdem wurden die Erlen, die knapp außerhalb der Umzäunung stehen, auf Stock gesetzt, da sie von einem Schädling befallen waren. Nun können auch sie wieder gedeihen. Die Baumarten wachsen unterschiedlich hoch und ergeben später ein stufiges Gesamtbild.

Noch wird das Waldstück jedoch von einem Zaun eingegrenzt – und das aus gutem Grund. „Heutzutage ist es ein riesengroßer Aufwand in einem Gebiet mit Rehen, die ständig auf der Suche nach Futter sind, neue Bäume zu pflanzen. Das ist für die Tiere wie ein Fünfsternehotel“, erläutert Dietzenbachs Bürgermeister Dieter Lang die Notwendigkeit der Umzäunung. Der Zaun wird fünf Jahre stehen – solange, bis die Pflanzen über Kopfhöhe der Rehe hinausgewachsen sind und die Tiere nicht mehr die Hauptknospe abbeißen können.

Eine weitere nachhaltige Maßnahme stellt die Auswahl der Setzlinge dar. Denn die Pflanzen werden nicht vollständig neu gepflanzt, sondern kommen aus der Baumschule. Die Setzlinge sind zwischen 50 und 80 Zentimeter große Pflanzen. „Wir haben jetzt einen Zeitvorsprung, indem wir etwas größere Pflanzen setzen, denn sie haben schon ein sehr gut ausgeprägtes Wurzelwerk“, erklärt Gabriele Rutschmann-Becker. „Jetzt im Herbst ist der Boden sehr gut angefeuchtet, da es schon recht viel geregnet hat und da im Winter ebenfalls mit Niederschlag zu rechnen ist, können sich die Wurzeln optimal mit der Natur verbinden.“ Somit könne die Pflanze schließlich mit einer guten Wasserversorgung in den kommenden Frühling starten, ist sich die Revierleiterin sicher.

Zudem seien Stieleiche und Hainbuche Baumarten, die auch über einen längeren Zeitraum hinweg gänzlich ohne Niederschläge auskämen. Unterstützend stehen noch einige wenige Bäume auf der Fläche, die den Neupflanzen wertvollen Schatten spenden und sie im kommenden Sommer vor der Sonne und möglicher Hitze schützen sollen.

Von Lisa Mariella Löw