Skulptur des Künstlers Harro Erhart steht nun im Park der Firma Controlware Neues Zuhause für Liebende

Skulptur-Umzug: Dörte Wörner von Controlware half bei der Suche nach dem richtigen Platz. Foto: Barbara Scholze

Dietzenbach – „Das Liebespaar“ hat eine neue Heimat erhalten. Die aus einem Block heraus gearbeitete Skulptur des Malers und Bildhauers Harro Erhart, die immerwährend die intimste Vereinigung von Mann und Frau festhält, wird nach einer kurzen Zwischenstation vor dem Bürogebäude künftig im Park des Unternehmens Controlware an der Waldstraße öffentlich zugänglich sein. „Wir haben sozial und künstlerisch schon viel ermöglicht in Dietzenbach und freuen uns, nun auch solch eine Arbeit präsentieren zu können“, sagt Dörte Wörner von der Eigner-Familie.

Im vergangenen Jahr ist der 82-jährige Erhart von Dietzenbach aus in die Nähe seiner Tochter nach München gezogen.

Bekannt geworden ist der gelernte Steinmetz und studierte Bildhauer auch in der Region mit großen Werken wie dem Kreuzweg in der Kirche St. Matthias in Frankfurt und dem Jona-Relief der evangelischen Kirche in Groß-Gerau.

Harro Erharts Bilder wurden in zahlreichen Ländern der Erde ausgestellt und ernten auch noch heute viel Anerkennung.

Gemeinsam mit seinem alten Weggefährten Horst Schäfer, unter anderem vor Ort bekannt für seine Kunstkenntnis und -fürsorge, wurde vor dem Umzug von Harro Erhart sein Werk nochmals gesichtet und geordnet. Dabei war schnell klar, dass das „Liebespaar“ einen dauerhaften Platz in Dietzenbach finden sollte. „Die Skulptur hat einen autobiografischen Hintergrund, auch wenn der Künstler nicht viel darüber erzählen möchte“, weiß Weggefährte Schäfer.
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Entsprechend sei er über längere Zeit mit dem neuen Bürgermeister Dieter Lang im Gespräch gewesen, um einen Ort in der Stadt zu finden, an dem das „Liebespaar“ der Öffentlichkeit präsentiert werden könnte. Indes: „Es gab Bedenken, dass ein Kunstwerk im öffentlichen Raum, das zwei nackte Menschen beim Liebesspiel zeigt, eventuell eine Diskussion auslösen könnte“, berichtet Schäfer mit einem gewissen Unverständnis. Denn zu sehen gibt es eher nichts. Keine allzu intimen Körperteile, schon gar nichts Anrüchiges, nichts, was als pornografisch gelten könnte, lediglich einen Busenblitzer, ein bisschen Hintern und in der Vereinigung verzückte Gesichter. Es bleibt also vollends dem Betrachter überlassen, beim Anblick den eigenen Gedanken nachzuspüren. „Es ist eine überaus künstlerisch wertvolle und stilvolle Arbeit“, zieht Schäfer Bilanz.

Wohin also mit den aus Tuffstein gearbeiteten Liebenden? Das fragte sich auch die ehemalige Dietzenbacher Ärztin Dr. Dörte Siedentopf, die extra aus Berlin angereist war, um an der Finissage einer Ausstellung ihres alten Freundes Harro Erhart in der Ratsstube teilzunehmen (wir berichteten). „Sie hat dann ein Netzwerk an Unterstützern in Gang gesetzt, die sich für den Erhalt der Skulptur in der Stadt engagiert haben“, erzählt Schäfer, der mit Siedentopf schon manches Projekt realisiert hat. So bot die Familie Wörner schließlich den Liebenden das künftige Zuhause, die Verantwortung für den Transport der Skulptur vom ehemaligen Wohnhaus Erharts in den Controlware-Park übernahm der Dietzenbacher Steinmetz Christoph Raschke. „Wir sind ja im Grunde Berufskollegen, denn Harro Erhart war ein Steinmetz so wie ich“, sagt er. Schon das alleine sei Motivation genug, zu helfen. Darüber hinaus sind die „Liebenden“ nicht das erste Werk des Künstlers, das Raschke transportierte, hat der auf denkmalgeschützte Objekte spezialisierte Steinmetz doch auch schon den sogenannten Fischstein des Künstlers zum Garten der Religionen auf den Friedhof gebracht.

Gleich mitgenommen wurde bei der Reise des Kunstwerkes quer durch Dietzenbach noch eine weitere Arbeit von Harro Erhart. Eine, die ebenfalls einen intensiven Bezug zur Stadt hat. Liegend transportierten Raschke und sein Mitarbeiter den sogenannten Dietzenbacher Jungen, eine mehr als zwei Meter hohe Gipsfigur, die ein Abbild des 1948 geborenen Rainer Gaubatz darstellt. „In den 1960er Jahren hat Erhart in Dietzenbach auch Zeichenunterricht gegeben und Gaubatz war einer seiner Schüler“, erzählt Horst Schäfer. So steht nun auch der jugendlich verewigte Gaubatz bei Controlware und begrüßt die Besucher im Foyer. „Ich bin sehr dankbar und froh, dass die beiden Skulpturen so gut untergekommen sind“, freut sich Horst Schäfer.

Auch den Künstler selbst dürfte das freuen. Harro Erhart hatte eine Vorliebe für die Menschen als Motiv. Er vergrub sich nicht etwa im Atelier, sondern begab sich „unter das Volk“, arbeitete auf Baustellen und beobachtete den Alltag seiner Zeitgenossen. Der Städel-Meisterschüler von Hans Mettel bereiste die Welt und fand mit seinem Werk überall Achtung. Besonders intensiv widmete er sich mit seinem zeichnerischen Können auch den Schriften des kirgisischen Schriftstellers und Diplomaten Tschingis Aitmatov (1928 bis 2008).

VON BARBARA SCHOLZE