Kantor Thomas Gabriel gab Konzert in St. Martin Organisch atmende und lebendige Orgelmusik

Der Seligenstädter Kantor Thomas Gabriel hat seine Zuhörer unlängst mit einem lebendigen Orgelkonzert in St. Martin erfreut. Foto: Dreger

Dietzenbach (red) – Der Seligenstädter Kantor Thomas Gabriel hat seine Zuhörer unlängst mit einem lebendigen Orgelkonzert in St. Martin erfreut. Es war ein klanglich farbenfroh, mit vielen Nuancen gestalteter Vortrag, aus dem der Jahreszeit entsprechend die Lebenskraft des erwachenden Frühlings sprach. Durchweg transparente Strukturen, Leichtigkeit der schnellen Läufe, eine ausgeglichene Registrierung, die der nicht ganz einfachen Raumakustik entgegenkam, kennzeichneten das gesamte Programm der sehr unterschiedlichen Werke von Bach über Messiaen bis zu einer Eigenkomposition. Entsprechend ausgewogen erklang auf diese Weise zu Beginn der bekannte Choral in a-Moll von César Franck. Das Werk, kontrastierend zwischen den markanten Trompetenklängen aus dem Hauptwerk und dem Baß und einer klagenden Melodieführung aus dem Oberwerk, atmete organisch, eine innige Religiosität vermittelnd. Ganz anders, viel schlanker gestaltete Gabriel die Choralbearbeitungen von J. S. Bach „Jesus bleibet meine Freude“, eine Orgeltranskription aus der Kante „Herz und Mund und Tat und Leben“ und das Trio „Ich ruf zu dir, Herr Jesu Christ“ aus dem „Orgelbüchlein“ sowie den Choral „Wer nur den lieben Gott läßt walten“ jeweils mit der unverkennbaren Handschrift des Künstlers einer schlichten Choraloberstimme und an den Choralinhalt ausgerichteten tempi rubati.

Mendelssohns viersätzige Sonate in B-Dur, ein eher ernstes als heiteres „Dur-Werk“, erklang mit der bei Mendelssohn oft vorkommenden Dramatik, die vor allem im ersten Satz ihren Ausdruck fand zwischen sehr schnellen 16tel-Läufen und den dominierend rhythmisch punktierten Passagen ähnlich den Bach’schen Orgeltoccaten. Die Zwischensätze wurden sehr sanglich vorgetragen, beendet durch einen temperamentvoll gespielten Schlußsatz mit fugierten Themen, die das große Vorbild Bachs deutlich erkennen ließen.

Die Eigenkomposition von Thomas Gabriel „Toccata 234“ erfreute die Zuhörer sichtlich. Ein vitales Stück mit Swing-Charakter – die Betonung konsequent auf dem zweiten Taktschlag – ließ den Komponisten erkennen, der sich mit Jazz-Bearbeitungen Bachs hervortut. Die Läufe flitzten rauf und runter, ein prägnanter Schlußton!

Das Konzert schloß mit Olivier Messiaens „Dieu parmi nous“ („Gott mitten unter uns“), äußerst lebhaft und virtuos vorgetragen. Gott war natürlich nicht greifbar zu sehen oder zu hören. Vielmehr begann das Werk wie ein Blitzschlag, auf den gleich eine Flucht in ruhigere, aber keineswegs harmonische Sphären folgte, um sogleich wieder vom trommelnden Gewitterregen beunruhigt zu werden. Dieses Feuerwerk von Disharmonien – Messiaen erlebte in Frankreich zwei Weltkriege – verließ andererseits dennoch nicht die vertrauten Harmonieabfolgen, die Handschrift des Schöpfers.

Bachs berühmte „Badinerie“ aus der H-Moll Orchestersuite spielte Gabriel hüpfend, federnd punktiert, eine köstliche „Swing-Zugabe“ mit viel verdientem Applaus.