Podiumsdiskussion an der Ricarda-Huch-Schule zur Landtagswahl mit hochkarätig besetzten Podium Demokratie zum Spüren

Hörten genau bei den Fragen der Schüler zu: (von links) Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD), René Rock (FDP) und Janine Wissler (Linke). Foto: Jost

Dreieich (zcol) – Politik zum Anfassen und prominente Köpfe in der schuleigenen Aula: Die Ricarda-Huch-Schule holt für ihre Oberstufenschüler die Landespolitik nach Dreieich. Mit SPD Fraktionschef Thorsten-Schäfer-Gümbel, dem Vize-Ministerpräsidenten Tarek Al Wazir (Grüne), dem Dreieicher Landtagsabgeordneten Hartmut Honka (CDU), dem Spitzenkandidaten der FDP, René Rock, und Janine Wissler, Fraktionsvorsitzende der Linke im Landtag, hatten die Gymnasiasten eine wahre Elefantenrunde vor sich sitzen. Im Politik- und Wirtschaftsunterricht hervorragend mit Fragen vorbereitet und von den beiden Zehntklässlern Noah Fremann und Alexander Götting souverän moderiert, nehmen die Politiker Stellung zu den Themen Bildung, Gleichstellung, die Probleme der sogenannten Volksparteien und dem aufkommenden Populismus.

Zum Thema Bildung gibt es von den Oppositionsparteien für Honka und Al Wazir Gegenwind. Während Thorsten Schäfer-Gümbel leicht ironisch sagt, dass manch einer glaube, dass mit einem White-Board an den Schulen das Kreidezeitalter überwunden ist, kritisiert René Rock, dass immer noch viel zu wenig Geld in die Bildung fließe. Honka erinnert daran, dass noch keine Landesregierung so viele Lehrerstellen geschaffen habe wie die derzeitige, und auch Tarek Al Wazir kündigt an, dass er gerne die zusätzlichen 750 Millionen Euro für Kita, Schule und Universitäten noch einmal in diesen Bereich investiert. Er sagt aber deutlich, dass das Geld vor allem an Schulen fließen müsse, an denen die Probleme besonders groß seien. „Wir müssen es einfach verhindern, dass junge Leute ohne Schulabschluss von den Schulen gehen. Das ist gesellschaftlich und auch ökonomisch wichtig“, so der Grünen-Spitzenkandidat.

Bei den 90 Sekunden-Kurzinterviews drängt Janine Wissler auf mehr Gerechtigkeit. „Eine Gesellschaft, in der die Schere zwischen arm und reich nicht so weit auseinanderklafft, ist die glücklichste“, so die Fraktionsvorsitzende der Linken. Al Wazir sagt zum Thema Flughafen, dass er als Grüner immer für eine visionären Klimaschutzpolitik stehe. „Ich glaube aber, dass man Ökologie und Ökonomie zusammenbringen muss.“ Honka und Schäfer-Gümbel fragen die beiden Moderatoren nach den Fehlern ihrer Parteien, die jetzt den großen Absturz in Bayern zur Folge hatte. Honka sieht die Schwierigkeiten im Konflikt zwischen Bayern und Berlin. Thorsten Schäfer-Gümbel gibt sich sehr selbstkritisch nach den „dramatischen Ergebnissen der SPD in Bayern“. Die große Koalition in Berlin habe große Probleme: „Bei der Affäre um Herrn Maaßen haben wir einen kapitalen Fehler gemacht, den so in der Partei niemand richtig versteht. Außerdem muss die SPD viel erkennbarer in ihren Positionen werden.“

Aus der Schülerschaft kommt auch die Frage, warum die AfD in der Diskussionsrunde nicht vertreten ist. Die offizielle Antwort lautet, dass nur die derzeit im Landtag vertretenen Parteien eingeladen wurden. Innoffiziell war es wohl eine bewusste Entscheidung den Populisten keinen Platz auf dem Podium in einer Schule zu bieten. Alle Kandidaten betonen, dass sie mit der AfD diskutiert hätten. „Lassen sie sie reden – dann schaden sie sich am meisten selbst“, sagt Tarek Al Wazir. Rock argumentiert ähnlich: „Die Ideen dieser Partei sind von vorgestern, diese Lösungen, die sie nicht bieten, will keiner. Lasst sie reden, damit die Menschen das erkennen.“ Honka befürchtet, dass die Partei nicht so „schnell verschwindet, wie wir uns das alle wünschen“ und Janine Wissler warnt vor den offen rassistischen Parolen der Partei. Schäfer-Gümbel hält ein flammendes Plädoyer für die Demokratie: „Lasst nicht zu, dass andere mit euch machen, was ihr nicht wollt. Hängt euch rein, mischt euch ein und seid laut!“ Das gibt wohl den lautesten und längsten Applaus des Vormittags.

Jens Hoffmann ist Lehrer für Politik und Wirtschaft an der Ricarda-Huch-Schule und hat die Podiumsdiskussion zur Landtagswahl an dem Dreieicher Gymnasium organisiert. Er betont, dass es für die Schule überraschend war mit einem solch stark besetzten Podium in die Diskussionsrunde für die Schüler zu gehen. Die Intention sei klar: „Natürlich geht es uns um politische Bildung und darum, den Wahlkampf möglichst realistisch abzubilden. Solch ein Vormittag hier, mit dieser Realitätserfahrung, bringt so viel mehr als das Studium der Wahlprogramme“, sagt der Pädagoge.