Frauenbüro blickt auf 30 Jahre unermüdliche Arbeit zurück Im Einsatz für Gleichberechtigung

Sie blättern in der drei Jahrzehnte alten Geschichte: Karin Siegmann (links) und Sandra Konz mit den Ordnern mit vielen Bildern und Veranstaltungserinnerungen aus 30 Jahren Frauenbüro im Dreieicher Rathaus. Foto: Jost

Dreieich – Das Frauenbüro der Stadt besteht seit 30 Jahren. Als das Dreieicher Rathaus am 1. Dezember 1991 das 60. Frauenbüro in Hessen eröffnete, war eine schon mit an Bord: Frauenbeauftragte Karin Siegmann. Und sie kann einiges erzählen.

„Es war eine besondere Zeit, 1991, da herrschte eine Aufbruchsstimmung. Mit den Jahrzehnten hat sich die institutionelle Landschaft sehr verändert. Viele Frauen, die zu Beratungsgesprächen zu uns gekommen sind, haben heute viel mehr Möglichkeiten und Beratungsstellen, an die sie sich wenden können“, sagt Karin Siegmann. Das Engagement der Frauen, der Wille zu mehr Gleichberechtigung und auch mehr Schutz für Frauen hat sich ausgezahlt.

Die Arbeit des Büros trägt sichtbare Früchte – extern und intern. „Ein Ergebnis der hervorragenden Arbeit von Karin ist sicher die sehr gute Frauenquote im Dreieicher Rathaus. Auch – und besonders – im Bereich der Führungspositionen, in denen wir mit sehr gut ausgebildeten Frauen überdurchschnittlich gut aufgestellt sind“, sagt Sandra Konz, die sich seit zwei Jahren mit Karin Siegmann die Stelle der Frauenbeauftragten teilt. Sechs von sieben Ressortleitern sind Frauen, auch in den obersten Schlüsselpositionen hat Dreieich einige Chefinnen.

In der Öffentlichkeit ist die Arbeit des Frauenbüros noch sichtbarer: die Beratungen und Hilfestellungen für Frauen in Not, die zwei bis drei Veranstaltungen im Monat in Nicht-Pandemiezeiten, die Feste, die Radfahrkurse für Migrantinnen, die Ausstellungen, Kabaretts zum Weltfrauentag, die beliebte Kino-Reihe. Das ist der eine Part der Aufgabenfülle.

Die andere Seite, derzeit etwa 60 Prozent ihrer Arbeit, sind die internen Frauenfragen, als Ansprechpartnerinnen für Mitarbeiterinnen und die Sorge dafür, dass Stellen weiblich besetzt werden. „Wir lesen die Bewerbungsunterlagen, sind bei den Vorstellungsgesprächen dabei. Schon bei den Verwaltungsauszubildenden achten wir darauf, dass Frauen eingestellt werden, die sich entwickeln können“, erläutert Karin Siegmann. Das seien Standard-Verfahren, ergänzt Sandra Konz: „Es gab die Situation, dass das Frauenbüro Einspruch eingelegt hat, weil eine Frau in unseren Augen besser passte – das ist aber nicht an der Tagesordnung, meist finden wir einvernehmliche Lösungen.“

Karin Siegmann kann sich natürlich an viele Höhepunkte in ihrer Arbeit erinnern. Ob es die Aktion „Dreieich strickt“ vor drei Jahren war, eine Veranstaltung gegen Gewalt an Frauen, die eine große Resonanz brachte, oder die Ausstellung zum 20-jährigen Bestehen des Dreieicher Frauenbüros, die „Rosen in Licht und Schatten – Dreieicher Frauenporträts“.

„Das hat so viel Spaß gemacht, ich habe 25 Frauen und ihre Geschichten aus unserer Stadt porträtiert“, erinnert sich Siegmann. Das waren spannende Frauen wie die ehemalige Bundestagsabgeordnete Uta Zapf, die engagierte Kommunalpolitikerin und inzwischen leider verstorbene Annemarie Dechamps aus Götzenhain. Irene Middelanis, die selbst sieben Kinder hatte und noch Leiterin einer Kita war; die erste Feuerwehrfrau, eine Hebamme oder Pfarrerin Nicole Oehler. „Dreieich war schon immer ein Pflaster für Menschen, für Frauen, die etwas bewegen wollen“, sagt Siegmann.

An lustige Begebenheiten kann sich die Frauenbeauftragte auch erinnern: „Es war Mitte der 90er Jahre, wir hatten eine Lesung mit Ingrid Noll zu ihrem Buch „Der Hahn ist tot“ geplant. Wir nannten die Veranstaltung „Wie Frauen morden“. Wir hatten dann den Anruf einer Frau, die sich für das Seminar anmelden wollte – wir haben sehr darüber gelacht“, erzählt Siegmann und fängt dabei gleich wieder an zu lachen. Die Arbeit – und das bestätigt auch Sandra Konz nach nur zwei Jahren unter den bescheidenen Corona-Bedingungen – sei sehr erfüllend. „Ich habe in den vergangenen 30 Jahren so viele inspirierende Frauen kennengelernt, viele schöne Begegnungen gehabt und so viel gelernt und gesehen. Darüber hinaus haben wir tolle Netzwerke geknüpft und hier bei uns sind, mit der Stadtbücherei und dem Bürgerhaus, so tolle Synergien entstanden, das bereitet einfach ganz viel Freude“, schwärmt Karin Siegmann. Eine große Party anlässlich des Jubiläums wird es wegen der Pandemie nicht geben.
 njo