DREIEICH CON Rollenspieltreffen erneut online Eintauchen in Abenteuerwelten

Vom Bürgerhaus ins Netz: Die Räume des Sprendlinger Bürgerhauses wurden zur komplexen Kommandozentrale umfunktioniert – hier sieht man die Moderatoren Christoph Ksionski (links) und Toni Gleitsmann in Aktion. Foto: Kegler

Dreieich – Spannende Abenteuer erleben, in Fantasiewelten schwelgen oder interessanten Gesprächen großer Autoren und Verlage lauschen: All das hätten an diesem Wochenende viele begeisterte Fans in den Hallen des Sprendlinger Bürgerhauses bei der 31. Auflage der „Dreieich Con“ erlebt – waren es doch bei der letzten Veranstaltung in Präsenz mehr als 1.500 Gäste. Doch auch in diesem Jahr musste eine der führenden Rollenspiel-Conventions Deutschlands pandemiebedingt erneut mit einem Alternativprogramm über die Bühne gehen.

„Gerade die junge Generation hat uns kräftig ermuntert, wieder haufenweise Online-Angebote anzubieten und so unseren Besuchern trotzdem fiktive Abenteuer zu ermöglichen“, beschreibt Organisator Christian de Ahna. Herausgekommen ist nach sechsmonatiger Planung ein vollgepacktes Programm, bei dem mehrere tausend Rollenspielbegeisterte auf drei Online-Streams Lesungen mit Autoren und Verlagen aus dem Fantasy- und Science-Fiction-Bereich lauschen können. Im Vorfeld wurden dafür die Räume des Bürgerhauses zur komplexen Kommandozentrale umfunktioniert: Viele Monitore und Computer wurden aufgebaut und auf einer großen Leinwand sind alle Streaming-Programme gleichzeitig zu sehen, vor denen das zehnköpfige Team vor Ort in Dreieich sitzt und fieberhaft arbeitet.

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Nebenan wurden zwei Studios eingerichtet, aus denen immer mal wieder Moderationen stattfinden. Und natürlich wurden meterweise Kabel verlegt, um alle Programme von hier aus steuern zu können. „90 Prozent unserer Moderatoren sitzen jedoch daheim vor ihren Bildschirmen und leiten die Talkrunden von dort aus“, sagt Susanne Lux, die während des gesamten Wochenendes den Spielrundenleiter-Infostand betreut. De Ahna fügt hinzu: „Neben unserer technischen Zentrale im Bürgerhaus haben wir noch drei Mini-Teams in ganz Deutschland verteilt, ohne die der technische Aufwand gar nicht zu stemmen wäre.“

Die Höhepunkte sind aber natürlich wieder die beliebten Spielerunden, bei denen mehrere Gäste von zu Hause aus über Sprachkanäle miteinander verbunden sind und so zusammen sogenannte „Pen-and-Paper-Rollenspiele“ spielen. „Diese Rollenspiele funktionieren so, dass jeder Mitwirkende zuhause in eine fiktive Rolle schlüpft und gemeinsam mit einem Erzähler und den weiteren Mitspielern ein Abenteuer erlebt“, weiß Lux. „Das Wichtigste dabei ist, dass das Spiel ausschließlich über das Erzählen von fiktiven Geschichten untereinander funktioniert und sich die Spieler so durch den Handlungsrahmen bewegen und miteinander agieren.“ Unterstützend kommen manchmal auch Spielwürfel oder Spielkarten zum Einsatz, um über Erfolg oder Misserfolg der Handlung zu entscheiden.

Etwa 40 Spielrundenleiter haben zuvor ihre Geschichten angemeldet, bei denen im Schnitt vier bis sechs weitere Personen – teilweise über mehrere Stunden – mitspielen können. In der Runde „Die Bestie von Grauhain“ von Spielleiter „Achim83“ geht es am Samstagnachmittag beispielsweise darum, dass es die Mitspieler als fremde Personen in ein Dorf verschlägt. Eines Abends werden sie von dem Bürgermeister aufgesucht, der schildert, dass eine grässliche Bestie umgehe, die schon manches Schaf und manche Kuh gerissen habe. Am besagten Tag sei nun der Waidmann mit ein paar Jungs losgezogen, um dem Schrecken den Garaus zu machen – sie seien aber noch nicht zurückgekehrt. Die Mitspieler werden dabei um Hilfe gebeten und müssen durch ihre fiktiven Charaktere das Rätsel lösen.

Zur selben Zeit diskutieren auf dem deutschsprachigen Stream 1 die Autoren Carsten Steenbergen, Tom Finn und Tom Orgel über die Figurenentwicklungen in Romanen und Rollenspielen und wie beispielsweise ein guter Bibliothekar beschrieben sein muss. „Du kannst die Figur mit lauter Klischees ausstatten – der Punkt heutzutage ist doch, dass keiner mehr einen Bibliothekar kennt“, überlegt Finn.

Seit vergangenem Jahr ist die Dreieich Con eine Verschwisterung mit dem US-amerikanischen Pendant „Gary Con“ eingegangen, um auch international Bedeutung zu erlangen. „Gerade durch die Online-Veranstaltung haben wir nun die Möglichkeit, internationale Gäste einzuladen, die regulär aus rein logistischen Gründen nicht nach Dreieich anreisen könnten“, erzählt de Ahna. Aus diesem Grund ist auch ein Streaming-Kanal in englischer Sprache gehalten. Während in Deutschland Nacht ist, wird dieser Kanal dann von der amerikanischen Convention bespielt. „Wir sind aber auch sehr dankbar für unsere Partnermessen aus Europa, Asien und Australien, die uns bei der diesjährigen Umsetzung ebenfalls unterstützt haben“, sagt de Ahna. „Das ist ein Zeichen von internationaler Zusammenarbeit, weshalb der Messename auch passend dazu nicht lediglich Dreieich Con, sondern Dreieich Con World lautet.“ Bei der Premiere des Online-Events im Jahr 2020 konnten so mehr als 5.000 Menschen weltweit mit den Streaming-Programmen erreicht werden. „Dieses Jahr sind es aber sicherlich noch einige mehr“, schlussfolgert der Organisator bereits am ersten Veranstaltungstag, der mit der Fortsetzung eines hybriden Events auch nach der Pandemie liebäugelt.

VON MORITZ KEGLER