Zuschauer haben am Stück „Wie die Stroh-Anna die Preußen besiegte“ ihre Freude Herrliche Posse um trinkfeste Zofe

Die Zofe füllt die Soldaten mit einem Trick ab: Arno Fink, Martin Trübner, Karl Hofmann, Anja Mau und Ina Vaca Schommartz (von links). Bild: Jost

Dreieich – Das Warten hat sich gelohnt: Karl Hofmann begeistert mit seinem Ensemble das Publikum auf dem Lindenplatz. Der Regisseur wurde über mehrere Jahre ausgebremst von der Pandemie, jetzt feiern ihn die Dreieicher Theaterfreunde an drei Abenden für das Stück „Wie die Stroh-Anna die Preußen besiegte“ von Hans Obermann. Zwei Stunden feinstes Komödiantentum mit glänzend aufgelegten Schauspielern in historischen Kostümen, die eine Geschichte aus dem 17. Jahrhundert erzählen, die alles hat, was es zu leichter Unterhaltung braucht: Liebe, List, Moral und Musik.

Ina Vaca Schommartz steckt im Kostüm der gräflichen Kammerzofe Anna Stroh. Sie ist der Gräfin Christiane von Isenburg-Birstein (Maria Bolbach) eine loyale Hilfe – aber als sie an ihrem freien Sonntag nach Hause ins schöne Sprendlingen kommt und erfährt, dass ihr geliebter Bruder Claus auf der Suche nach der großen Freiheit und dem Abenteuer den preußischen Werbern nach Rekruten ins Netz gegangen ist, setzt sie alle Hebel in Bewegung. Das Befreien der Sprendlinger Burschen und ihr „unchristliches Treiben“, wie es Pfarrer Werelin (Gerd Schaffert) nennt, bringt sie letztlich sogar zwei Tage ins Kittchen. Die Zuschauer auf dem Lindenplatz erleben eine Aufführung mit vielen Höhepunkten. Wie Regisseur Karl Hofmann als Tambour Stanislav Schamuffsky trommelnd über den Platz marschiert und in seinem preußisch-polnischen Akzent etwas schwer von Begriff ist – und wenn es ernst wird, einfach mit Großmagd Gundel (Melanie Langen) zum Schäferstündchen verduftet. Oder wie Anna Stroh dem gräflichen Hofkutscher Conrad Fleck (Holger Beck) zu entlocken versucht, dass er sie mag und sie ihm letztlich sogar seinen gräflichen Frack abschwatzt und damit Pfeife rauchend die preußischen Soldaten unter den Tisch trinkt. Das Stück lebt von lustigen Dialogen in herrlich hessischer Mundart, kleinen Verwicklungen und Dusseligkeiten, vor allem die der Soldaten.
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Wenn „Ochsenwirtin“ Josephine Christian (Anja Mau) sich mit dem Küchentuch die Stirn tupft und ständig „Mei Nerve“ stöhnt, müssen die Zuschauer über das ausdrucksstarke Gesicht lachen. Selbst Livemusik fehlt bei den drei Vorstellungen nicht, Teile des Sprendlinger Chors Good Vibration sind mit in die historischen Kostüme geschlüpft.

Regisseur Karl Hofmann bindet auch Zuschauer ein. Als es um die Auswahl der Rekruten geht, werden kurzerhand zwei Männer aus der ersten Reihe ins Stück geholt und sie spielen glücklicherweise unerschrocken mit.

Als Bühnenbild reicht die Kulisse am Lindenplatz ganz und gar aus. Die „Blaue Blume“ und das Nachbarhaus passen perfekt in die Szenerie. Rudi Schmidt stellt es zur Verfügung, immer wieder verschwinden die Schauspieler hinter der Tür: „Die Gruppe ist mit so viel Herzblut dabei – das unterstütze ich gerne“, sagt Schmidt, der selbst im Publikum sitzt.

Karl Hofmann ist nach dem großen Schlussapplaus glücklich: „Das Publikum geht so toll mit, die Truppe spielt gut, es macht einfach nur Spaß“, ist der Regisseur froh, wie gut die Aufführungen bei den Besuchern ankommen. Das Team vom Bürgerhaus leistet großartige Arbeit, Licht und Ton sind perfekt. Apropos Bürgerhaus: Die Premiere am Freitag widmet Hofmann dem am Donnerstag verstorbenen ehemaligen Bürgerhauschef Gustav Halberstadt, unter dem er selbst viele Jahre gearbeitet hat.  njo