Rathaussturm in Götzenhain Narren und Drache erobern die Stadt

Nicht nur die Narren hatten sich am vergangenen Samstag zum traditionellen Rathaussturm versammelt, auch viele Nachbarn und Besucher waren zum ungewöhnlichen „Rathaussturm ohne Rathaus“ als Zuschauer nach Götzenhain gekommen. Foto: Jost

Dreieich (njo) – Der Feuerwehrspielmannszug Götzenhain-Offenthal stimmte närrische Klänge an, Prinz Björn und Prinzessin Astrid zogen jubelnd über den Dorfbrunnenplatz und die Garden der vier Dreieicher Vereine marschierten als Gefolge hinterher: Nicht nur die Narren hatten sich am vergangenen Samstag zum traditionellen Rathaussturm versammelt, auch viele Nachbarn und Besucher waren zum ungewöhnlichen „Rathaussturm ohne Rathaus“ als Zuschauer nach Götzenhain gekommen.

Das Haustier der Tollitäten war schuld, dass Bürgermeister Martin Burlon um Kirchenasyl bitten musste. Drache Basimir war so gefräßig, dass der Verwaltungschef mit der Stadtkasse nach Götzenhain floh. Dort stand er auf dem ersten Treppenabsatz des Gemeindesaals, die grüne Holzkiste mit den städtischen Reichtümern vor sich, und eine verärgerte Pfarrerin Martina Schefzyk neben sich.

Der Drache hatte die Bonbons in der Kasse aufgespürt und verlangte auch an diesem göttlichen Ort gierig nach Süßem. „Herr Bürgermeister, ich bin empört, sie hatten mir versprochen, dass der Drache mich nicht stört. Ich hab‘ sie gerne hier zu Gast, muss ihnen aber sagen, dass mir das nicht passt“, reimte Schefzyk im zuckersüßen Törtchen-Kostüm mit verärgertem Blick auf den Drachen. Er könne jetzt unmöglich gehen, sagte Martin Burlon in die feiernde Menge, Basimir schmeiße ihn ohnehin wieder aus dem Rathaus raus und außerdem gefalle es ihm in Götzenhain.

Der Drache rückte ihm aber auch dort auf die Pelle und zum Vergnügen des Kinderprinzenpaars Prinzessin Mia und Prinz Christian, fütterten Stadtverordnetenvorsteherin Bettina Schmitt und der Bürgermeister den Störenfried in Unmengen mit Knollen aus der Stadtkasse, um ihn zu beruhigen.

Der Forderung nach der gut gefüllten Kiste wollte Burlon zunächst nicht nachkommen: „Die Kass’ bleibt hier in meiner Hand, auch ohne Drache war’n wir schon abgebrannt. Jahrelang ham wir gelitte’, um jeden Cent ham wir gestritte. Den Haushalt hawwe mir saniert – von einem Drache werd’ ich net blamiert“, hielt Burlon wacker dagegen. Aber letztlich hatte er keine Chance gegen das Tier, die drängenden Narren und die mit Konfetti-Kanonen feiernde Menge vor dem Gemeindesaal.

Zu groß war die Furcht, dass der Drache alles frisst, was ihm vor seine große Nase kommt. Der Bürgermeister gab auf, reichte den Tollitäten die Kasse und den goldenen Rathausschlüssel. Prinz Björn versprach feierlich, dass die Narren das Zepter im Rathaus gewissenhaft führen würden. Da konnte es sich Burlon nicht verkneifen, den noch immer offenen Stadtratsposten zum Thema zu machen: „Ihr könnt auch gerne zum Arbeiten vorbeikommen. Ein ziemlich großes Dienstzimmer ist bekanntlich ja immer noch frei“, freute er sich schon auf ein bisschen närrische Entlastung bei dem kräftezehrenden Tagesgeschäft in der Verwaltung.

Nach der offiziellen Übergabe der Macht wurde im Gemeindesaal noch ein bisschen gefeiert. Auch der Wünschewagen des Arbeiter-Samariter-Bund stand auf dem Dorfbrunnenplatz. Mit diesem voll ausgestatteten Rettungswagen kann schwer kranken Menschen ein letzter Wunsch erfüllt werden. Seit 2017 ist das Fahrzeug 107 Mal zu den unterschiedlichsten Orten gefahren – die Spendenaktion des Prinzenpaars kommt diesem, von vielen Ehrenamtlichen getragenen, Projekt zugute.

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