Erich-Kästner-Schule in Sprendlingen Nach dieser Unterrichtseinheit kennen Schüler ihre Rechte

42 Kinderrechte haben die Schüler gepaukt und wissen nun, was ihnen zusteht.

Dreieich (njo) – Die Klasse 4c der Erich-Kästner-Schule in Sprendlingen ist auf einer Phantasiereise: Auf einem Schiff machen sie sich auf zu einem neuen Kontinent, als ein Sturm aufkommt. Sie können nur sicher ankommen, wenn sie das Boot von Ballast befreien. Viele beschriftete Zettel liegen auf den fünf Gruppentischen der Grundschüler. Es ist gar nicht so einfach zu entscheiden, ob sie das Fahrrad, den Computer, Spielzeug, die Möglichkeit zur Bildung, sauberes Wasser, Ärzte, die Eltern oder Hamburger und Cola von Bord werfen. Andrea Walter, Leiterin des Dreieicher Kinderbüros ist schon zum dritten Mal zu Gast bei den 21 Jungen und Mädchen und spricht mit ihnen über die Kinderrechte. In dieser letzten Unterrichtseinheit geht es darum, was Kinder brauchen, um sich gut und gesund entwickeln zu können, davon zu unterscheiden, was wünschenswert aber eben nicht lebensnotwendig ist.

Die Diskussionen in den Gruppen verlaufen demokratisch. Liv ist sich sicher, dass die Eltern keineswegs über Bord geworfen werden dürfen, auch Gesa ist überzeugt, dass sie Mama und Papa noch braucht, ihre Gruppenpartner Paul und Luca sind sich einig mit den Mädels und werfen beherzt den Computer, den Fernseher und sogar das eigene Zimmer über die Reling. Bei der Präsentation der Poster am Ende der Stunde haben die Inseln, die Kinder dank ihrer Entscheidungen sicher erreicht haben, schöne Namen wie „Insel der Freiheit“, „Traumseeinsel“ oder „Insel der fünf Gangster“. Inhaltlich unterscheidet sich die Auswahl der wichtigen Dinge, die auf den Postern stehen nur ganz marginal: Eltern, Ärzte, das Recht auf Bildung oder der Schutz vor Misshandlung, warme Kleidung, Medikamente und Impfungen, die Möglichkeit der freien Meinungsäußerung und sauberes Wasser ist auf allen Inseln zu finden.

Natürlich sind die Schüler auf diese Aufgabe schon vorbereitet. In den vergangenen Wochen haben sie alles über die insgesamt 42 Kinderrechte gelernt und die wichtigsten zehn Rechte hängen auf einem großen Plakat auch schon im Klassenraum aus. Gemeinsam mit Andrea Walter haben sie besprochen, dass es Kindern in vielen anderen Ländern nicht so gut geht wie ihnen, dass insbesondere das Recht auf Bildung in vielen Ländern noch nicht verpflichtend ist und Kinder eben nicht in die Schule gehen.

Seit zwei Jahren ist Andrea Walter mit ihrer sechsstündigen Unterrichtseinheit über die Kinderrechte unterwegs durch Dreieich. Mit den beiden orangefarbenen Fischen Cleopatra und Cäsar lernen die Grundschüler das Recht auf Schutz vor Ausbeutung, auf Schutz vor Gewalt, das Recht auf Spiel und Freizeit oder den Schutz im Krieg und auf der Flucht kennen. Pro Halbjahr führt sie diese wichtigen Regeln in den dritten oder vierten Klassen einer Grundschule ein und bespricht auch, was diese Rechte für ihre Lebenswelt bedeuten. „Das Vorwissen ist sehr unterschiedlich. Viele Kinder haben noch nichts über die Kinderrechte gehört, andere haben sich schon mit den Eltern Zuhause damit befasst“, berichtet Andrea Walter aus ihren Erfahrungen, „Aber die Kinder sind sehr interessiert und nehmen diese Rechte auch sehr ernst. Wir besprechen auch, was wir für die Kinder tun können, die von Krieg und Flucht betroffen sind.“ Klassenlehrerin Gabi Rannow ist begeistert über die Mitarbeit ihrer 4c: „Das ist ohnehin eine Klasse, die sehr konzentriert arbeiten kann. Aber sie haben die zehn wichtigsten Rechte toll herausgearbeitet und sie haben sich auch immer auf Frau Walter gefreut.“ Demokratie und Mitbestimmung habe an der Erich-Kästner-Schule einen festen Stellenwert, und die Kinder sind es gewohnt im Klassenrat auch gemeinschaftlich Verantwortung für gemeinsame Entscheidungen zu übernehmen. Wenn am Ende einer solch guten Kinderrechts-Stunde dann ein Kind zu Walter kommt und sagt: „Das war schöner als zwei Stunden Sport, und Sport ist mein Lieblingsfach“, dann ist auch die Leiterin des Dreieicher Kinderbüros glücklich. Die Schüler der 4c sind jetzt Kinderrechts-Experten und können dies auch mit dem Kinderrechte-Pass von Unicef, den sie nach der letzten Einheit bekommen haben, belegen.

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