OGV Offenthal organisierte Naturkundeausflug zu den kleinen Waldbewohnern Unterwegs mit dem Ameisen-Fachmann

Ameisenexperte Siegfried Winkler (rechts) präsentierte den OGV-Mitgliedern die kleinen Tierchen unter der Lupe. Foto: zcol

Dreieich (zcol) – Sie ist klein, leicht rötlich und hat eine markante Kerbe hinter dem Kopf. Daher hat die Kerbameise auch ihren Namen. Ameisenexperte Siegfried Winkler, Forstamtsrat im Ruhestand, ist begeistert, dass die kleinen Tierchen im Koberstädter Wald zwischen Offenthal und Langen so vergnügt umherkrabbeln. Das sei nicht selbstverständlich: „Es gibt ganze Landstriche wo die Tiere überhaupt nicht mehr vorkommen.“ Aus diesem Grund war die Rote Kerbameise auch das Insekt des Jahres 2011 - weil sie so schützenswert ist.

Der Wald- und Insektenfachmann lobt explizit die Arbeit der Kollegen im Forstamt Langen: „Das hier am Waldrand die Wiese in der unmittelbaren Nachbarschaft für die Bewirtschaftung gesperrt ist, das rettet den Ameisen das Leben, die hätten sonst wegen der regelmäßigen Maat und dem Dünger keine Chance“, erklärt Siegfried Winkler. Der Ameisen- und Forstexperte aus Mörlenbach führte unlängst gemeinsam mit Dieter Kramm vom Forstamt Langen die Mitglieder des Obst- und Gartenbauvereins (OGV) Offenthal durch den Wald. Der Verein hatte damit wieder einmal zu einer spannenden Exkursion eingeladen, die weit über die bei Obst- und Gartenbauvereinen üblichen Baumschnittkurse hinausging. Ein bisschen mussten die etwa 25 potenziellen Ameisenforscher schon laufen, um die kleinen, roten Krabbeltiere zu Gesicht zu bekommen. Vom Parkplatz am Wetterradarturm ging es rein in den Wald. „Ameisen brauchen – übrigens wie der Mensch – Kohlenhydrate und Eiweiß“, erklärte Winkler die Nahrungsvorliebe der Insekten. Ihre Eiweißquelle ist besonders spannend: „Sie kommt aus den Ausscheidungen von Rinden und Schildläusen der Bäume. Die Ameisen fressen den Honigtau der Läuse ab. Das ist übrigens auch der Grund, warum es in Wäldern wie hier in der Koberstadt nicht ganz so viele Ameisen gibt. Hier stehen 80 bis 90 Prozent Buchen und Buchen haben sehr wenige Läuse“, erläuterte der Ameisenfachmann.

Im Schwarzwald gebe es bei großen Tannen und Fichtenbeständen noch riesige Ameisenhaufen. Aber die kleinen Tiere, die so wichtig für die Waldhygiene sind, haben ein Problem: „In den vergangenen 30 Jahren ist der Ameisenbestand um 30 bis 50 Prozent zurückgegangen“, weiß Winkler.

An der markanten Wiese angekommen, hebt der leidenschaftliche Insektenschützer mit geübtem Blick sofort eines der Tiere auf, und hält es unter die Lupe. „Unverkennbar eine Kerbameise“, sagt er und reicht die Lupe in die Runde. Die Offenthaler können das Erkennungszeichen des Tieres gut sehen. Auch die kleine, rote Waldameise entdeckten die Teilnehmer ein paar hundert Meter weiter im Wald: „Das ist eigentlich die biologisch wichtigste Sorte, weil sie mit so vielen Individuen vorkommt. Die Völker haben manchmal mehr als tausend Königinnen und bis zu einer Million Arbeiterinnen. Sie halten gemeinsam schon so manchen Hektar Wald sauber“, erläuterte Siegfried Winkler. Besonders für den Waldboden leiste das Insekt wichtige Dienste. Die Tiere wühlen sich durch den Boden, lockern die Erde und durch die Säure, die sie abgeben, halten sie andere Plagegeister ab, dort einzuziehen. Dieter Kramm, einst übrigens Auszubildender bei Siegfried Winkler, erklärte den Offenthalern noch viel Wissenswertes zum Bannwald in der Koberstadt und den Details und Besonderheiten des heimischen Waldes. Am Ende des Vormittags waren die Wanderer um einiges schlauer und ziemlich glücklich. Matthias Würz, Vorsitzender des OGV Offenthal, ganz besonders: „Das war sensationell, klasse und sehr spannend. Wir haben auf einem Presseseminar unseres Verbands von den Ameisenwanderungen gehört. Das fand ich so interessant, dass ich das auch unseren Mitgliedern anbieten wollte.“ Der Ameisenfachmann aus Mörlenbach war dabei natürlich ein Glücksgriff: „Herr Winkler hat das toll gemacht. Er hat so viel Wissenswertes mit so viel Herzblut erzählt. Ich bin auch begeistert, wie viele unserer Leute sich für die Ameisen interessiert haben. Mehr Wanderer hätten es gar nicht sein dürfen“, zieht Würz eine positive Bilanz des Naturkundeausflugs.

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