„Luft und Liebe“: Kultur auf der Bürgerhaus-Terrasse Wiedersehensfreude bei Künstlern und Publikum

Für Unterhaltung sorgten am Samstagabend auch Tenor Michael Senzig, begleitet von Jürgen Streck am Piano. Foto: Jost

Dreieich (njo) – Kabarettistin Ulrike Neradt ist ihr Glück anzusehen, strahlend sitzt sie auf der Bühne der Sprendlinger Bürgerhaus-Terrasse im Scheinwerferlicht: „Sie glauben gar nicht, wie gut es sich anfühlt, nach vier langen Monaten endlich mal wieder auf der Bühne zu sein und live in all ihre Gesichter zu blicken“, sagt die Künstlerin, bevor sie in ihr so passendes Programm „Wär’n mer nur dehaam geblibbe!“ einsteigt.

Während Neradt über ihre heiteren Reisebegegnungen in Rheingauer Mundart plaudert und Tenor Michael Senzig, begleitet von Jürgen Streck am Piano, mit den Capri-Fischern (Bella Marie) Urlaubsstimmung verbreitet, blickt auch das Team hinter den Kulissen zufrieden auf das Bühnengeschehen. „Luft und Liebe“, das Sommerprogramm der Bürgerhäuser Dreieich mit dem passenden Untertitel „kulturelle Grundversorgung 1.5“ ist ein voller Erfolg. Die Atmosphäre auf der sommerlichen Terrasse, mit Blick ins Grüne des Bürgerparks ist ein Geschenk für die Kulturszene in Dreieich und darüber hinaus. „Ich bin so froh, dass wir uns für den Umbau so stark gemacht haben“, sagte Bürgerhaus-Chef Benjamin Halberstadt beim Start des Umbaus. Da konnte er natürlich noch nicht ahnen, wie groß die Bedeutung seiner vergrößerten Außenanlage sein würde.

Ob Rockstar Andreas Kümmert, Comedian Henni Nachtsheim, oder wie am Wochenende Michael Quast und Ulrike Neradt – sie alle genießen es, wieder auf der Bühne zu stehen. Als der Applaus aufbrandet, sagt Halberstadt: „Der Sound tut verdammt gut!“ Auch das Publikum, zunächst 100 Leute, nach den neuen Regeln dann 130 Zuschauer, ist einfach nur froh, wieder Kultur live zu erleben. „Neben guter Unterhaltung liegt unser Fokus auf der Sicherheit unseres Publikums. Die Leute sollen sich wohlfühlen und keine Sorge haben, dass es doch zu eng wird“, sagt Halberstadt.

Dazu haben er und Programm-Chefin Maria Ochs einen Hygiene-Plan ausgearbeitet, der Personal braucht, aber auch viel Sicherheit mit sich bringt.

Schon die Wartepunkte auf dem Boden des Bürgerhaus-Foyers weisen darauf hin, dass in Pandemie-Zeiten nicht alles normal laufen kann.

Mitarbeiterin Susann Fröhlich nimmt alle Gäste persönlich in Empfang und erklärt die Regeln: Mund- und Nasenschutz im Gebäude, mit 1,5 Metern Abstand in Kleingruppen geht es zur Bar von Katharina und Max Hartmann. Nur in der Stunde vor der Vorstellung schenken die beiden Getränke aus. „Das klappt ganz gut, bei Andreas Kümmert haben die Gäste sich eben gleich drei Bier mitgenommen“, beobachtet Halberstadt mit einem Schmunzeln, dass die Besucher schnell verstehen, dass es keine Pause gibt und jeder sich vorher ausreichend mit Getränken eindecken muss. Der Grund für diese Regelung ist einfach: Die Gäste sollen nicht unnötig umherlaufen, damit sich keine Menschenansammlungen bilden.

So viel persönliche Betreuung durch das Bürgerhausteam gab es also noch nie. Denn auch wenn freie Sitzplatzwahl gilt, begleiten Halberstadt und Ochs die Paare einzeln zu ihren Tischen.

Die Terrasse ist gemütlich und weitläufig bestuhlt. Die Medusen-Kunstobjekte von Ilse Dreher, die zwischen den Tischen aufgestellt sind, schaffen Abstand und sind gleichzeitig ein bunter Blickfang.

Wenn kleine Gruppen zusammensitzen möchten, kann das Team noch zwei Stühle dazu stellen. Jeder bekommt die Regeln am Tisch erneut erklärt – das gilt auch für das Prozedere rund um die Toilettenampel: Logisch, wenn die Ampel auf Grün steht, ist das stille Örtchen frei, wenn das Licht unter den Motiven von Charlie Chaplin und der Ballerina rot leuchtet, lohnt sich der Weg nach unten nicht.

Die Ampelschaltung übernimmt an diesem Abend Monika Henrich, die Bürgerhaus-Mitarbeiterin hat genau im Blick, wie viele Leute sich auf den Weg ins Kellergeschoss machen und gibt das Ampellicht mittels Schalthebel frei. „Unsere Veranstaltungen sind also gerade sehr exklusiv. Kultur auf der Terrasse ist ein bisschen wie das Sitzen in der Business Lounge. Das ist natürlich eigentlich nicht gewollt, wir könnten hier leicht 400 Leute unterbringen und dann wäre es vermutlich noch ein bisschen schöner – aber wir sind froh, dass wir überhaupt etwas machen können“, sagt Halberstadt.

Das schätzen die Kulturbesucher auch: „Es ist toll, dass diese Lösung gefunden wurde. Hier heute zu sitzen, bei einem Glas Wein, mit der Kultur, das ist großartig und gehört einfach zum Sommer dazu“, sagt Hildegard König. Wie auch ihre Bekannte Erna Keil, hat sie sich Karten für insgesamt fünf Vorstellungen auf der Terrasse gesichert. „Wir werden das jetzt genießen!“, sagen die beiden Frauen.

Und auf welches Programm auf der Terrasse freut sich Benjamin Halberstadt am meisten? „Dass ich endlich mal im Sommer mit meiner Frau in den Urlaub fahren kann“, sagt er lachend. Während er mit dem Bulli durch die Länder tourt, kümmert sich Maria Ochs ums kulturelle Geschehen im Bürgerhaus.

„Wenn ich das jetzt nicht tue, kommt die Gelegenheit erst wieder, wenn ich in Rente bin. Bei den Burgfestspielen ist es einfach nicht möglich wegzufahren“, freut er sich schon auf diese Auszeit.

Unter www.buergerhaeuser-dreieich.de gibt es Programm-Infos und Tickets für das „Luft und Liebe“-Programm.