Neue Ausstellung in der Winkelsmühle widmet sich den 68ern Zeiten des gesellschaftlichen Umbruchs

Antje Grimberg (ganz links) und Patricia Goetz (Vierte von rechts) haben die Ausstellung konzipiert, die zehn Akteure haben sie mit ihren Fotos und Interviews mit Leben gefüllt. Foto: zcol

Dreieich (zcol) – Es war eine bewegte Zeit, die 68er, mit dem Attentat auf Rudi Dutschke und den Studentenprotesten. Das Rhein-Main-Gebiet war mit Frankfurt eine Keimzelle dieser Phase des Umbruchs in Deutschland. Die Seniorenbegegnungsstätte Winkelsmühle in Dreieichenhain zeigt anlässlich von 50 Jahren 68er-Bewegung jetzt unter dem Titel „Die 68er und ich“ eine spannende und sehr persönliche Ausstellung vielseitig engagierter Ehrenamtlicher und ihren Blick auf diese Zeit, in der die jungen Menschen zum Protest auf die Straßen gingen.

„Der Hintergrund zu diesem Fotoprojekt war eigentlich ein ganz anderer: wir wollten unsere Ehrenamtlichen mit Steckbriefen zeigen und dazu auch ihre Motivation, sich zu engagieren, veröffentlichen“, verrät Projektleiterin Antje Grimberg, die gemeinsam mit Patricia Goetz die Ausstellung konzipiert hat. Mit dem Jubiläum der 68er sei dann die Idee aufgekommen, die Frage zu stellen, ob Menschen, die damals demonstrierend auf die Straße gingen, heute noch die gleichen sind, die sich ehrenamtlich engagieren. „Aber diese These ließ sich nicht halten.

Viele unserer Ehrenamtlichen waren damals nur staunende Zaungäste, andere wiederum sehr wohl involviert als treibende Kraft für die Veränderung der Gesellschaft“, erklärt Grimberg.

Sie ist sehr zufrieden mit dem Ergebnis. Es sei ihr wichtig gewesen, die Atmosphäre jener Zeit einzufangen und dies sei sehr gut gelungen. „Unsere Gesprächspartner haben uns viele tolle Geschichten erzählt“, ist Grimberg überzeugt, dass die Bilder das Interesse der Besucher der Winkelmühle wecken werden.

Entstanden ist eine Ausstellung mit aktuellen Fotos zehn ehrenamtlich aktiver Menschen, die Carolin Jedrika fotografiert hat. Ergänzt werden die Bilder durch Fotografien aus jener Zeit, meist aus dem privaten Besitz der Ehrenamtlichen, die sie in der Zeit der 68er abbilden und eben auch spannenden und sehr persönlichen Texten, die erklären, wie sie diese markanten Tage erlebt haben. Aber auch alte Zeitungsausschnitte von wichtigen Ereignissen jener Zeit sind in den Räumen der Winkelsmühle ausgestellt.

Eine, die tatsächlich als gebürtige Frankfurterin mittendrin war, ist Angela Wenke. Heute engagiert sie sich in der Winkelsmühle in der Flüchtlingshilfe und beim Projekt „JoSch – Jugend ohne Schulden“. Sie beschreibt, dass sie durch die Schülerbewegung „angeheizt und neugierig“ wurde.

„Ich war damals in der 13. Klasse und wir haben angefangen, uns durch diese Demonstrationen zu verändern, indem wir aufmerksam wurden auf Probleme, die wir wahrgenommen haben“, erklärt die engagierte Dame. Später, als Studentin, habe sie sich auch den Demonstrationen angeschlossen. „Ich bin auch in Wasserwerfer geraten, was nicht schön war, weil es ein sehr heftiger Strahl war“, erinnert sie sich.

Schon als junge Frau habe sie schwangere Schülerinnen zu Pro Familia begleitet. Das Bedürfnis, zu helfen, stecke in ihr bis heute, erklärt sie ihr Engagement in der Winkelsmühle.

Einer, der eher ein Zaungast der Demonstrationen war, ist Wolfgang Braun. Er sei nach dem Tod von Benno Ohnesorg noch mit auf die Straßen gegangen. Später dann nicht mehr: „1968 war ich noch in der Ausbildung zum Finanzbeamten. Als Beamtenanwärter zu demonstrieren konnte die Laufbahn gefährden“, erzählt Braun, der heute bei Ginkgo in Langen aktiv ist.

Sein Vereinskollege Udo Rach betont, dass die Bewegung dieser Jahre aber bis heute ihre Gültigkeit hat: „Die 68er haben gezeigt, dass der einzelne Mensch für sich etwas anstoßen muss. Denn wenn jeder nur für sich agiert, dann kann man nichts erreichen. Wenn man sich immer auf andere Leute verlässt, dann passiert auch nicht viel.“

Bis zum 28. September ist die Ausstellung noch in der Winkelsmühle zu sehen, montags bis freitags von 9 bis 17 Uhr. Der Eintritt ist frei.