„Fit für die nächste Klasse“ im Sommercamp des Adolf-Reichwein-Gymnasiums 117 Schüler lernen in entspannter Atmosphäre

Entspannt und ohne Druck lernen Schülerinnen und Schüler am Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasium auch während der Ferien, um den Übergang in die nächste Klasse leichter zu bewältigen. Foto: m

Heusenstamm (m) – Sieht aus wie Schule, riecht wie Schule und hört sich an wie Schule.

Ist aber kein normaler Unterricht, sondern ein Sommercamp. „Fit für die nächste Klasse“ will die Initiative des Kultusministeriums interessierte Schüler machen. Am Adolf-Reichwein-Gymnasium (ARG), das in der Leibnizstraße in Heusenstamm sein Domizil hat, verbringen dazu 117 Mädchen und Jungen von der Unterstufe bis zur E-Phase einen Teil der Ferien.

Die Türen stehen sperrangelweit offen, die Fenster auch. Die Einzel-Tische sind weit auseinander positioniert. Die schwarzen Mund-Nase-Bedeckungen mit der aufgestickten Abkürzung „arg“ müssen die Teilnehmer aber nur in den Gängen und auf dem Hof tragen. Im Foyer des B-Gebäudes steht ein Kühlschrank mit Mineralwasser, Apfelsaftschorle und Cola, auf einer Anrichte gibt es Schalen mit Bananen und Äpfeln.

„Das ist dem Charakter eines Camps geschuldet“, verteidigt Andrés Geweniger die entspannte Atmosphäre. „Jeder arbeitet in seinem Tempo, es gibt keinen Druck.“ Der Lehrer hat das Angebot am ARG organisiert, Anmeldungen formuliert, Kollegen und Studierende gewonnen und einen Stundenplan erstellt. In letzten beiden Sommerferienwochen läuft von Montag bis Donnerstag vor allem Mathematik und Deutsch.

Um den Wissensstand der Schüler nach den Wochen ohne regulären Unterricht zu ermitteln, haben die Pädagoge „Diagnose-Tests“ an den Beginn des Camps gestellt.

Zum Abschluss sollen so die Lernfortschritte der Sommeramp-Teilnehmer dokumentiert werden.

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„Allerdings gibt es keine Noten, das Pauken soll motivierend und effizient sein, eine sinnvolle Vorbereitung und ein gutes Gefühl fürs neue Schuljahr bringen“, erläutert Fremdsprachenlehrer Geweniger.

Mit der Wissensvermittlung übers Internet sei die Lernzeit daheim etwa auf ein Drittel geschrumpft, blickt Schulleiter Siegfried Ritter zurück. Dennoch hat es „weitestgehend funktioniert, weil jede Klasse schon lange über ein Forum auf der Internetseite des Gymnasiums verfügt“. Zu dieser „Austausch-Plattform“ habe jeder Schüler Zugang. Während des Lockdowns war es für alle verpflichtend, sie zu nutzen.

Das System wurde rechtzeitig ausgebaut, berichtet Ritter, es gab eine Fortbildung. „Wir haben so die Digitalisierung in die Breite getragen und beschleunigt, sie wird fester Bestandteil im künftigen Schulalltag sein“, kündigt der Direktor an. Technik mache die Gemeinschaft jedoch nicht überflüssig. „Weil wir vor den Ferien nur halbe Klassen unterrichtet haben, war das Lernen sehr intensiv“ und habe eine pädagogisch wichtige Struktur ins Leben der jungen Leute zurückgebracht.

Für das Sommercamp haben sie Gruppen mit sieben bis 15 Beteiligten gebildet. Durch die vielen Teilnehmer konnte der Leiter sinnvolle Einheiten formen. So sitzen Fünft- bis Sechstklässler zusammen sowie Jugendliche der Jahrgangsstufe sieben bis zur E-Phase der Oberstufe. „Bei Fremdsprachen sind Ältere und Jüngere gemischt, da wird viel gesprochen, sodass alle voneinander profitieren“, sagt Geweniger. Mit „Schüler-Inseln“ sei zudem eine individuelle Förderung möglich.

Die Lehrkräfte haben sieben Lerneinheiten eingerichtet, die ARGler treffen sich in einer oder in beiden Wochen von 9 bis 14.30 Uhr. Deutsch und Mathe wird in den ersten vier Stunden gegeben, wer noch Englisch, Französisch, Spanisch oder Latein dazu gebucht hat, bleibt länger. Mit „gutem Zureden und Überzeugungsarbeit“ habe Geweniger 15 Kollegen für die Aktion gewonnen, zwei Drittel aus den eigenen Reihen. Und der Pädagoge ergänzt: „Nach dem Lockdown wollten manche etwas zurückgeben, wir Lehrer haben ja immer unser Gehalt bekommen.“

Das Interesse am Sommercamp habe ihn positiv überrascht. „Wir haben mit 30, 40 Anmeldungen gerechnet“, berichtet Ritter. Er halte die Lernform für grundsätzlich sinnvoll.  „Vielleicht kann das Camp von mehreren Schulen im Verbund angeboten werden“, dann ließe sich eine größere Auswahl an Fächern unterrichten. Dazu müsste das Land Ressourcen zur Verfügung stellen.

Andrés Geweniger fordert die Fünft- und Sechstklässler vor ihm auf, ihre Leser zu „ködern“. Die Gruppe wiederholt gerade, mit welchen Elementen der Spannungsbogen einer Erzählung aufgebaut wird. Weil aber selbst die aufregendste Geschichte irgendwann ermüdet, zeigt der Lehrer seinen Schützlingen Fitness-Übungen mit ausgestreckten Armen am Tisch.