Vortrag „Die elektrische Energie kommt nach Heusenstamm“ Einst in Sachen Strom viel improvisiert

Großes Interesse bei den Besuchern im Haus der Stadtgeschichte fanden historische Geräte aus den Zeiten, in den die Stromversorgung noch nicht zum Standard gehörte. Foto: Holecek

Heusenstamm (pjh) – Der Stromversorgung in der Schlossstadt hat sich Wolfgang Scheer vom Heimat- und Geschichtsverein Heusenstamm mit einem Vortrag gewidmet. Danach brannte erst 1919 das erste elektrische Licht in Heusenstamm.

Scheer zufolge begann alles mit der Internationalen Elektrischen Ausstellung 1891 in Frankfurt am Main. Damals gab es die erste elektrische Energieübertragung mit 15. 000 Volt Drehstrom zwischen Lauffen am Neckar und Frankfurt am Main über 175 Kilometer.

„Die elektrische Energie kommt nach Heusenstamm“ lautete das Thema des Vortrags von Wolfgang Scheer.

Anhand historischer Dokumente und Fotos veranschaulichte Scheer im Haus der Stadtgeschichte die Entwicklung der Stromversorgung vom Start im 20. Jahrhundert bis heute.

Schriftliche Angebote zur Errichtung einer „Städtischen Elektrischen Zentrale“ klingen heutzutage wie ein alter Roman und bringen die Zuhörer zum Schmunzeln: „An den hochwohllöblichen Magistrat der Stadt Heusenstamm“ ist ein solches Schreiben gerichtet, das mit dem Satz endet: „Ihrer sehr geschätzten Rückäußerung mit Vergnügen entgegensehend, empfehlen wir uns Ihnen.“

Trotz des zunächst noch langsamen Ausbaus eines Stromnetzes, erließ Kaiser Wilhelm schon am 9. April 1900 ein „Gesetz zur Bestrafung von Stromdiebstahl“.

Erst im Februar 1912 kündigte das Großherzogliche Kreisamt Offenbach einen Erhebungsbogen zur Ermittlung des zu erwarteten Konsums an elektrischem Strom in Heusenstamm an.

Die Auswertung ergab unter anderem, dass es 2800 Einwohner, 550 Haushaltungen und 17 Gastwirtschaften gab in der Schlossstadt.

Aber erst am 5. April 1919 brannte in Heusenstamm und in Rembrücken erstmals elektrisches Licht.

Die meisten Stromanschlüsse gab es erstaunlicher Weise zunächst in der Kirchstraße mit 67 Haushalten. In der Frankfurter Straße gab es nur zehn Häuser, die Strom bezogen.

Fünf Jahre später, 1924, waren bereits 309 Haushalte und 21 Firmen an das Netz der „Überland-Anlage Offenbach am Main“ angeschlossen. Damals gehörten je eine Steckdose, eine Lampe und ein Schalter zur elektrischen Grundausstattung. Alles andere musste zusätzlich bezahlt werden.

Da die Freileitungen 1945 aus Eisen oder Stahl bestanden – Kupfer war zu teuer –, begannen diese in den Abendstunden bei starker Nutzung zu glühen.

Die Menschen nahmen das noch gelassen hin, berichtete Scheer. Überhaupt habe man damals viel improvisiert in Sachen Strom, und die Techniker verfügten über großes Geschick im Flicken und Überbrücken.

Einige der knapp 50 Besucher stellten gegen Ende des Vortrags interessierte Fragen: „Ab wann gab es dann Kupferleitungen in Heusenstamm?“ „Ab 1960“, antwortete Scheer. „Aber dazwischen gab es auch eine Versuchsphase mit Aluminiumleitungen“, wußte ein Zuhörer aus dem offensichtlich fachkundigen Publikum.

Wolfgang Scheer wies zudem auf eine Wanderaustellung mit dem Titel „Hessen unter Strom“ hin, die derzeit im Hessenpark in Neu-Anspach im Taunus zu sehen ist.

Im kommenden Jahr werde die Schau dann auch im Offenbacher Stadtmuseum zu sehen sein.

Ausgestellte historische Gerätschaften aus der Elektrotechnik fanden nach dem Vortrag ebenfalls großes Interesse bei den Besuchern. Die Exponate und Schriftstücke haben die „Technische Sammlung der EVO AG“ und das Archiv des Heimat- und Geschichtsvereins zur Verfügung gestellt.