Wohnungssuche bleibt ein Hauptanliegen Flüchtlingshilfe hofft auf weitere Mitstreiter

In den neuen Räumen in der Philipp-Reis-Straße in Heusenstamm fühlen sich sowohl die ehrenamtlichen Helfer als auch die Flüchtlinge wohl. Foto: m

Heusenstamm (m) – Zemoy ist 25 Jahre alt und bald Raumausstatter. Eigentlich wollte er Schreiner werden.

Mit Unterstützung der Flüchtlingshilfe Heusenstamm hat der Eritreer 60 Bewerbungen abgeschickt, aber keine einzige Einladung zu einem Vorstellungsgespräch bekommen. Nun lernt er Tapezieren, Streichen und Teppiche zu verlegen, dank Menschen wie Ludwig Richter. Das Team präsentierte bei einem „Tag der offenen Tür“ seinen neuen Treffpunkt an der Philipp-Reis-Straße.

Seit September residieren die Helfer in dem ehemaligen Lager mit Büro gegenüber der Kita Kinderburg. In dem hellen, zur Straße gewandten Raum lädt ein großer Tisch zu Gesprächen ein oder zum gemeinsamen Essen. An der Wand sind einige Computer-Arbeitsplätze eingerichtet, seit ein paar Tagen haben sie auch einen Internet-Zugang, berichtet Ludwig Richter.

Die sanitären Anlagen haben sie erneuert und in der Diele eine Küchenzeile eingebaut.

Der kleinere Raum dient als Büro, Besprechungszimmer und Betreuungsort für die Kinder der Deutsch-Schülerinnen.

Die meisten Mütter mit Nachwuchs lernen jedoch weiterhin in den Räumen des Pfarrheims Maria Himmelskron, das mehr Platz zum Spielen bietet, auch im Freien. Neben Sprachkursen gibt es an der Philipp-Reis-Straße vor allem Hausaufgabenhilfe für Kinder und Lehrlinge in der Berufsschule und Deutsch für Anfänger.

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60 Mitglieder zählt die Flüchtlingshilfe, von denen etwa die Hälfte in den verschiedenen Angeboten aktiv ist. „Wir suchen Mitstreiter für alle Aufgaben“, betont der Sprecher, vor allem für Patenschaften. Die Ehrenamtlichen begleiten die Migranten in fast allen Lebenslagen, überwiegend bei Behördengängen und Wohnungssuche, der größten Aufgabe der Gemeinschaft. Nur selten können sie ein Appartement unterm Dach oder im Souterrain ergattern.

„Es ist fast unmöglich, Räume zu finden“, klagt Helferin Margret Wiemer. Etwas besser sind die Erfolge bei der Vermittlung von Praktikumsplätzen und Lehrstellen. Zemoy möchte seinen Weg zum Raumausstatter unbedingt mit einem Gesellenbrief krönen. Und dann weiterlernen, versichert er.

Der strebsame junge Mann kam vor vier Jahren nach Deutschland, hatte die Sahara und das Mittelmeer überwunden, reiste in Pkw, auf Lastwagen und zuletzt in einem Schlauchboot gen Europa. Dort möchte er irgendwann auch eine Familie gründen.

Ludwig Richter betreut mit seiner Frau insgesamt zehn Flüchtlinge, davon vier in Ausbildung, einer studiert. „Das ist für diese Leute eine völlig neue Welt“, beschreibt er die Situation seiner Schützlinge. „Allein BAföG zu bekommen, ist sehr schwer, da werden einem viele Steine in den Weg gelegt.“ Auch die Hürden des Handwerks seien sehr hoch, kritisiert der Förderer. „Ein Klempner muss sich heute auskennen mit Klima, Solar- und Heizungstechnik, Gas, Wasser und Öl – das schaffen selbst Einheimische nicht.“

Zu fast 200 der 350 Geflohenen in der Schlossstadt hat die Initiative Kontakt. Viele Erwachsene sind als Hilfsarbeiter tätig oder bekleiden einen 450-Euro-Job, bevorzugt in Lagern von Firmen in Dietzenbach sowie Neu-Isenburg. Die Leute stammen aus Syrien, Eritrea und Afghanistan, wenige aus Pakistan und anderen Ländern. Die Anerkennungsquote liege bei fast 90 Prozent, weiß Richter, es seien aber auch schon Asylbewerber aus Heusenstamm abgeschoben worden.