Heusenstammer Autor Jan Costin Wagner liest in seiner ehemaligen Schule „Es geht immer um den Tod und das Dunkel“

In der Aula des Heusenstammer Adolf-Reichwein-Gymnasium las der Autor Jan Costin Wagner aus dem jüngsten Werk aus der Reihe um den finnischen Polizisten Kimo Joentaa. Foto: m

Heusenstamm (m) –  „Ich schreibe auch, um zu lernen, um über Figuren und Sprache Fragen nachzuspüren.“ Für Jan Costin Wagner war es schon zu Schulzeiten das schönste zu schreiben. Darum hatte er in der Oberstufe am Adolf-Reichwein-Gymnasium die Leistungskurse Deutsch und Englisch belegt, nach dem Abi Literatur und Geschichte studiert, auch auf Lehramt, daneben journalistisch gearbeitet. Das erzählte er jetzt an seiner einstigen Penne und las aus seinem jüngsten Roman.

„Sakari lernt, durch Wände zu gehen“ heißt er und ist kein Krimi im herkömmlichen Sinn. Kommissar Kimmo Joentaa ermittelt diesmal nicht, er lässt sich treiben und taucht immer tiefer ein in die Träume und Ängste der anderen Figuren des Buchs.

Im C-Bau des ARG ging es zuächst um die sehr gefühlvolle Begegnung von Emma und Sakari über Entfernungen hinweg. „Der Roman ist sehr perspektivisch erzählt, viele Menschen erleben etwas, der Leser erfährt Mosaiksteine, erst am Ende sieht er das ganze Gemälde“, beschreibt der Gast die Struktur seines Bands.

Eine weitere Verbindung zu seinen Zeilen stellt Jan Costin Wagner am Flügel her. Zu einigen Szenen hat er Lieder komponiert, leise Melodien, zu denen er englisch oder auch deutsch singt. Seine Musik stehe für sich und sei trotzdem mit Kapiteln der Bücher verknüpft. „Beides ist von mir, ich mag, wenn etwas anderes passiert, und oft steht ein verstimmter Flügel in einer Ecke“, plaudert der Schriftsteller. Seit einiger Zeit singt er auch, das klingt sehr behutsam, fast romantisch und beeindruckt sein überwiegend weibliches Publikum, Oberstufen-Schüler des ARG und der Nell-von-Breuning-Schule in Rödermark.

Den Lehrkräften ging es auch darum, das Berufsbild Autor zu beleuchten. Jan Wagner hatte nicht geglaubt, mit dem Schreiben Geld zu verdienen. „Das hat sich 2003 ergeben mit dem „Eismond“. Er habe die Chance sofort ergriffen, aber „man weiß nie genau, wie es weiter geht“, es gebe halt nicht viel Gewissheit für die finanzielle Situation. „Aber ich mach’ das von ganzem Herzen, und bis jetzt hat‘s funktioniert“.

So habe er immer Folgeverträge bekommen, „die sehr gut waren, damit kann man sehr gut planen für ein normales Leben“. Eine Schreibblockade habe er nicht, antwortete er auf eine andere Frage, „aber es gibt lange Phasen, in denen gar nichts da ist“. Vor allem nach dem letzten Satz einer abgeschlossenen Geschichte sei das so. Wagner bezeichnet diese Phase als „normalen Prozess“, hatte jedoch „noch nie den Moment, dass ich gar nicht mehr schreiben will“. Er könne sich nicht vorstellen, dass er dem Leser nichts mitteilen möchte.

Selbst wenn er ein halbes Jahre nicht schreibt, befasse er sich doch mit seinem aktuellen Werk, „auch wenn ich mit meiner Tochter shoppe“. Zweieinhalb bis drei Jahre liegen zwischen den Bänden, informiert der Gast. „Ich vesuche, mich nicht unter Druck gesetzt zu fühlen“, was einer „Wanderung auf schmalem Grad“ gleiche.

Finnland, wo seine Krimis spielen, ist seine zweite Heimat, „wo ich mich sehr wohl und geborgen fühle“. Der Name von Kommissar Joentaa „hat etwas Klangliches, leitet sich vom Wort Fluss ab“. Dagegen verkörpere Persinnen „schon im Klang Aggression“, nennt er ein anderes Beispiel. „Ich muss aufpassen, dass ich nicht zu viele Namen von Verwandten meiner Frau benutze, die fragen sonst, warum sie so heißen wie der Mörder“, plaudert der Neu-Hainburger.

Sein Lektor und Verleger habe ein feines Gespür für den Kern seiner Bücher. „Ich gebe mein Manuskript erst raus, wenn ich glaube, es ist soweit“, dann werden nur noch Details geändert, selten Grundsätzliches. „Es ist gut, wenn der Lektor den Autor aufklären kann, Beobachtungen teilt, die das Buch besser machen.“

„Ja, es geht immer um den Tod und das Dunkel“, bestätigt Wagner eine Schülerin. Für ihn aber stehe das Leben im Mittelpunkt, „dass sich das Leben gegen den Tod durchsetzt, darum ist sein Schreiben eher hell“.