Reges Interesse an der jüngsten Führung durch den Schlosspark Als in Heusenstamm noch Bier gebraut wurde

Roland Krebs, der Vorsitzende des Heimat- und Geschichtsvereins Heusenstamm, hätte, wie er sagte, die jüngste Führung durch den Heusenstammer Schlosspark auch mit nur drei Interessenten gemacht. Doch wesentlich mehr Teilnehmer trotzten dem Regenwetter und nahmen an der informativen Führung mit dem Titel „Spuren von einem alten Park“ teil. Foto: Julia Jäger

Heusenstamm (pju) – „Tres sunt collegium – Drei sind ein Kollegium. “, sagte Roland Krebs unlängst zu Beginn seiner jüngsten Führung durch den Schlosspark.

Er hätte den informativen Spaziergang auch mit nur drei Interessenten gemacht. Doch wesentlich mehr Teilnehmer trotzten dem Regenwetter und nahmen an der Führung mit dem Titel „Spuren von einem alten Park“ des Heimat- und Geschichtsvereins teil.

Viel ist nicht mehr zu sehen von dem ursprünglich geplanten Schlosspark, den Graf Anselm Franz von Schönborn nach dem Vorbild des Versailler Schloss errrichten ließ. Dennoch stellte Roland Krebs gleich zu Beginn der Führung klar, dass es durchaus noch einige Spuren gibt, an denen sich der Aufbau barocker Parkanlagen erklären lässt.

Krebs tat dies nicht nur ausführlich, sondern vor allem verständlich und benutzte Schautafeln, um zu zeigen, was heute nicht mehr sichtbar ist.

Als 1717 Graf Anselm Franz von Schönborn und seine Gattin Maria Theresia die Schlossherren in Heusenstamm werden, gibt es noch gar keinen Schlosspark. Weil gerade dieser jedoch Ausdruck von Reichtum, Prunk und Herrschaft ist, investieren sie in einen aufwändigen barocken Schlosspark, für den eine Dreiteilung charakteristisch ist.

Wo Blumenbeete kleinen feinen Stickereien ähneln

Diese kann man noch immer erkennen: Der erste Teil des Parks, das sogenannte Parterre, befindet sich noch heute direkt vor dem Schloss und reicht bis zum Löwentor. Dieser Teil des Gartens ist am prächtigsten dekoriert. Kleine, aufwändig angelegte Blumenbeete sind zu sehen, die feinen Stickereien ähneln. Der gesamte Parterrebereich ist sehr flach angelegt, denn hier geht es darum zu sehen und gesehen zu werden. Ganz anders sieht das im Mittelteil des Parks aus, der vom Löwentor bis zur heutigen S-Bahn-Linie reicht. Im sogenannten Boskett möchte man sich nämlich verstecken können. Hier sah man früher grüne Hecken, Büsche und Lauben, aber auch abgeschlossene Räume, in denen sich Tier- und Vogelgärten befanden. Dieser Teil des Schlossparks hatte jedoch vor allem lauschige Plätzchen, an denen man etwas Privatsphäre genießen konnte. Der Boskett geht über in den Grand Parc. Dies ist der weitläufige Waldbereich des Gartens, der bis zur heutigen Kreuzung an der Alten Linde reicht. Das Ende des Grand Parcs markiert der Obelisk, der genau an dem Punkt errichtet wurde, wo zu Zeiten Maria Theresias ein Türmchen stand, von dem aus man das kleine Dorf Heusenstamm und den gesamten Schlosspark überblicken konnte. Genau wie die barocke Dreiteilung ist auch die Hauptachse des Gartens noch immer erkennbar, die vom Schlosseingang bis zum Ende des Parks am Obelisken reicht. Sie schafft eine Einheit von Schloss und Park, die für barocke Anlagen typisch ist. Das Glanzstück eines Schlossgartens waren Wasserspiele. Während heute nur noch die zwei Teiche im alten Boskettteil des Parks sowie der Forstweiher im Grand Parc erkennbar sind, sah der barocke Heusenstammer Schlossgarten fünf Gewässer vor. Mit dem Aushub der Teiche wurde eine künstliche Terrasse angelegt, wo heute die Kleingärten zu sehen sind. Noch immer müssen die Besitzer mancher Gärten deshalb ein paar Stufen überwinden, um in ihren Garten zu gelangen. Auch wenn noch einige Spuren des alten Schlossparks zu erkennen sind, ist es beinahe unvorstellbar was der Garten in der Barockzeit noch zu bieten hatte. Rekonstruieren kann man das mit Hilfe alter Pläne und Briefe, aber vor allem anhand alter Rechnungen. So gehörten früher auch zwei Orangerien zum Schlossgarten, in denen Apfelsinen angebaut wurden. Diese wurden beim Besuch des Kaisers 1764 zur Dekoration benutzt.

Doch es wurde noch viel mehr Obst und Gemüse in einem Nutzgarten angebaut, der sich im Boskettbereich des Parks befand. Ebenfalls verschwunden ist die Heusenstammer Brauerei, die älter als das Schloss selbst gewesen sein muss.

Schlossgarten war nicht nur ein Ort des Vergnügens

Sie befand sich an der Südseite des Schlosses und war für Gräfin Maria Theresia nach dem Tod ihres Mannes, neben der Schlossmühle, eine unabdingbare Einnahmequelle. Der Betrieb ermöglichte es ihr nämlich unabhängig und eigenständig zu leben.

Der Heusenstammer Schlossgarten war also nicht nur ein Ort des Vergnügens, sondern zugleich Nutzgarten und eigentlich ist das noch so.