Arbeitskreis der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz feiert mit gemischten Gefühlen Der Kiebitz ist weg, das Rebhuhn ist bedroht

Neu-Isenburgs Bürgermeister Herbert Hunkel, Obertshausens Erster Stadtrat Michael Möser, Arbeitskreis-Gründungsmitglied Ernst Böhm, die Erste Kreisbeigeordnete Claudia Jäger und der Sprecher des Arbeitskreises Peter Erlemann (von links) während der Feier anlässlich des 50-jährigen Bestehens der HGON. Foto: Wittekopf

Heusenstamm (bw) – Die Zahl der Einwohner im Landkreis Offenbach steigt erfreulicherweise stetig an. Allein in den verganenen 40 Jahren ist die hiesige Bevölkerung um 30 Prozent gewachsen. Neue Bürger brauchen adäquaten Wohnraum, neue Schulen und Kindergärten. Deshalb müssen die Kommunen bisher freie Flächen ausweisen, erschließen und bebauen. Natürlich steigt auch der Flächenbedarf der Industrie an. Und mit der steigenden Bevölkerungsdichte steigt der Wunsch nach naturnaher Freizeitgestaltung.

Der Verlierer der boomenden Gesellschaft ist die Natur: Nach und nach werden wichtige Freiflächen versiegelt und gehen damit verloren. Unsere Flora und Fauna ist sensibel und kann sich auf die rasanten Veränderungen oft nicht einstellen. Die Konsequenz ist, dass viele Tier- und Pflanzenarten nicht mehr heimisch sind. Doch jeder Biologe weiß, dass nur eine Natur, in der möglichst viele Arten zusammenleben, eine gesunde Natur ist.

In Zeiten von Feinstaub- und Stickoxiddiskussionen kommt der Ruf nach einer sauberen und damit nicht krankmachenden Umwelt immer mehr auf. Deshalb kommt den Menschen, die unsere Umwelt schützen, eine immer wichtigere Rolle zu. Auch im Kreis Offenbach gibt es dankenswerterweise viele Menschen, die sich ehrenamtlich für den Erhalt und die Pflege der Natur einsetzen.

So wie der Arbeitskreis Offenbach „Hessische Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz e.V.“ (HGON).

Der feierte unlängst sein fünfzigjähriges Bestehen im „Mein Schlosshotel“ in Heusenstamm.

Zahlreiche geladene Gäste von anderen Naturschutzverbänden und der Politik folgten der Einladung.

Die Liste der Redner war angesichts des Jahrestages sehr lang. Der Tag versprach spannende Vorträge und ein geselliges Miteinander. Viele nutzten natürlich die Gelegenheit und tauschten ihre Erfahrungen aus.

Grußworte sendete Claudia Jäger, Erste Kreisbeigeordnete des Landkreises Offenbach. Sie lobte die langjährige und sehr gute Arbeit des HGON.

Der Kreis Offenbach arbeitet ihren Angaben zufolge mit den Naturschützern sehr intensiv und sehr gut zusammen. Das würden auch die Bürger spüren, denn trotz der hohen Bevölkerungsdichte, könne man den Landkreis Offenbach inzwischen als eine „Großstadt im Grünen“ bezeichnen.

Dass der Biber und der Weißstorch inzwischen wieder heimisch geworden seien, sei ebenfalls ein großer Erfolg und ein Beweis für die hervorragende Zusammenarbeit zwischen den Naturschutzbehörden und den ehrenamtlichen Naturschützern.

Auch Herbert Hunkel, Bürgermeister Neu-Isenburg, lobte die „ausgezeichnete Arbeit der Naturschützer“. Er selbst sehe sich als ein Verfechter des Naturschutzes.

Anlässlich des Jahrestages würdigte er Ernst Böhm, Gründungsmitglied des HGON, der sich besonders für das Naturschutzgebiet „Gehspitzweiher“ stark gemacht habe.

Natürlich spornt so ein hoher Zuspruch an und 50 Jahre sind eine lange Zeit, in denen vieles passiert ist. So hatte Peter Erlemann, der Sprecher des Arbeitskreises, Erfreuliches, aber auch weniger Erfreuliches zu berichten.

Bereits 1967, als der Begriff Umweltschutz in der Bevölkerung noch nicht verbreitet war, hatte sich der Arbeitskreis Rodgau & Dreieich des HGON gegründet, der seit 2010 unter dem Namen Arbeitskreis Offenbach auftritt.

Entstanden sei der Arbeitskreis auf Initiative von Waldemar Schläfer, dem ehemaligen Biologielehrer am Adolf-Reichwein-Gymnasium in Heusenstamm. Damals hatten sich 20 Teilnehmer in Mühlheim getroffen um eine effektive und nachhaltige Naturschutzarbeit auf den Weg zu bringen. Unter den Gründungsmitgliedern befand sich auch Ernst Böhm, der an den Feierlichkeiten teilnahm und für seine Arbeit gesonderten Beifall erhielt.

Aus diesem beschaulichen Anfang ist ein großer und einflussreicher Verein geworden. Heute betreut und pflegen die Naturschützer mehr als 30 ausgewiesene Naturschutzgebiete. Viele Artenschutzprogramme haben sie erfolgreich auf den Weg gebracht. Monatlich werden Anzahl und Art der Vögel erfasst und publiziert. Diese Datenbasis hat natürlich einen Einfluss auf politische Entscheidungen im Landkreis. Auf der Seite der Erfolge sieht Erlemann die Naturschutzgebiete Gehspitzweiher, See am Goldberg, Rumpenheimer und Bürgeler Kiesgruben und die Bongsche Kiesgrube.

Auch politisch habe sich inzwischen etwas getan, so nimmt der Arbeitskreis Stellung zu Flurbereinigungsverfahren sowie zu Bebauungs- und Landschaftsplänen.

Leider musste Erlemann auch Negatives berichten. So seien Vogelarten wie Kiebitz, Bekassine, Haubenlerche oder Grauammer verschwunden. Auch das Rebhuhn sehe er bedroht. Dagegen seien neue Arten inzwischen wieder heimisch, wie die Grau-, Kanada und Nilgans. Aber auch längst verloren gegangene Arten wie Kormoran, Graureiher, Kolkrabe, Bienenfresser und natürlich der Weißstorch haben im Landkreis Offenbach ideale Bedingungen gefunden.

Als eine der großen Herausforderungen sieht Erlemann den Kampf gegen den Einsatz von Pestiziden, der die Insekten stark reduziert und damit vielen Vögeln die Nahrungsgrundlage nimmt.

Trotz der vielen Erfolge blickt Erlemann skeptisch in die Zukunft. Brennpunkte seien die Tongrube von Mainhausen und die Rohrwiesen bei Götzenhain.

Der Biologe Martin Schroth berichtete über die Naturschutzgebiete in der Region Untermain und Kinzig. Obwohl diese ein Ballungsgebiet mit hoher Einwohner- und Siedlungsdichte darstelle, gebe es dennoch eine Reihe von Schutzgebieten, in denen eine artenreiche und seltene Tier- und Pflanzenwelt existierten. Hier habe die HGON nicht unwesentlich dazu beigetragen, diese Schutzgebiete zu gründen, zu pflegen und zu erhalten.!

Die Fledermäuse im Ostkreis Offenbach waren Thema des Vortrags von Hartmut Müller von der Arbeitsgemeinschaft Fledermaus- und Amphibienschutz Seligenstadt und Mainhausen. Er informierte über die Lebensweise dieser geheimnisvollen Tiere und die Schutzbemühungen zu deren Erhalt.

Seit mehreren Jahren leben wieder Biber in der Region.

Hans Schwarting hatte einen Vortrag über die Rückkehr des Bibers im Kreis Offenbach konzipiert, der über die Lebensweise der Tiere und den aktuellen Stand der Vorkommen informierte

Filmbeiträge über die Vogelwelt in den Naturschutzgebieten See am Goldberg und Gehspitzweiher bei Neu-Isenburg sowie an den Langener Waldseen zeigten die HGON Mitglieder Dr. Siegfried Brenner, Theo Eichhorn und Peter Oelke.