Aktion der Naturengel gegen das Wegwerfen von Zigaretten Nein zu „Kippen-Schnippen“

Aktionstag in der Schlossstadt: Simone Paesler und Irene Wilhelm klären, als A- und B-Kippi verkleidet, über Umweltzerstörung durch weggeschnippte Zigaretten auf.

Heusenstamm – Reklame für ein neues Feinwaschmittel? Flaschen einer Bio-Limo oder Nonnen eines jungen Ordens für St. Cäcilia? Nein, es sind die flügellosen Engel aus dem Heimat- und Geschichtsverein, die unlängst vorm Torbau wilden Spekulationen Tür und Tor öffneten. Erst wer einen Blick auf ihre Plakate und Flugzettel wirft, erkennt in der Kostümierung zwei Zigaretten, mit denen die Gruppe gegen das „Kippen-Schnippen“ protestiert.

Es sind Simone Paesler und Irene Wilhelm, die als A- und B-Kippi an der Frankfurter Straße die Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Die Verkleidung haben sie im Internet gekauft, verrät A-Kippi. „Das Selber-Schneidern ist zu kompliziert“, verweist sie auf die „glimmende Asche“ über ihrem Haupt. Ein weißer Überwurf mit Durchlässen für Gesicht und Arme stellt das Tabakpapier dar, das blassgelbe Untergewand den Filter.

So weit, so lustig. Der Anlass für die Maskerade dagegen ist ein ernster. Auch in der schmucken Schlossstadt verschandeln ignorante und provokante Raucher Straßen und Wege, Parks und Plätze, indem sie die Stummel fallen lassen, wo sie gehen oder stehen. Dass sich die Reste des Genusses selbst mit Handgreifern nur sehr schwer aus den Rillen des Pflasters aufklauben lassen, ist im Vergleich zu den Erkenntnissen der „Engel“ noch das geringste Problem.

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Viel schwerer wiegt wohl, dass eine Fluppe mit ihren bis zu 7000 toxischen und als krebserregend eingestuften Stoffen zwei bis sieben Jahre braucht, bis sie verrottet und bis dahin 1000 Liter Grundwasser vergiften kann. Selbst in den Klärwerken können diese Inhalte nicht vollständig herausgefiltert werden, gibt Julia Weitzel zu bedenken. Sie ist in der Gruppe verantwortlich für Organisation sowie Veranstaltungen und freut sich über den enormen Anklang der Aktion.

Auch Bürgermeister Steffen Ball und Erster Stadtrat Uwe Michael Hajdu stärken den Umweltschützern den Rücken, testen den City Bee-Sauger eines jungen Unternehmens aus Bad Vilbel. Das handliche Gerät nimmt in Windeseile Kippen auf, was die Stadtoberen zu der Idee führte, einen Wettbewerb zu starten. Damit erst gar kein „Futter“ für den „Stadt-Bienen-Sauger“ anfällt, haben die Aktiven zahlreiche „Kippengeister“ entlang der Frankfurter installiert, Halterungen mit gebrauchten, geöffneten Getränkedosen drin, um Asche und Kippen zu deponieren.

„Aber immer wieder fehlen die Dosen“, beobachtet die Sprecherin. „Leute nehmen sie mit und streichen Pfand ein.“ In Rembrücken hängen nur noch zwei von 20 der „Geister“. Ein Verein aus Köln produziert aus Zellulose und Kronkorken Taschenascher, dezente Döschen in individuellem Design, in denen Nikotinsüchtige die Zigarettenreste unauffällig mit sich führen können. Die „Naturengel“ bauen parallel auf Prävention, unterrichten in Grundschulen und Betreuungseinrichtungen.

Das führe dazu, dass Kinder ihre Eltern erziehen, hat Christina Claaßen aus der Runde schon erfahren: „Das darf man nicht“, tadelte ihr dreijähriger Sohn die Mama, die ein Papier fallen gelassen hatte. „Es ist erstaunlich, was sich die Kleinen merken“, etwa dass man den Joghurt besser im Glas als im Plastikbecher kauft.

An der Geschäftsstraße wie am Martinsee habe sich die Müll-Situation schon verbessert, resümiert B-Kippi das Abfall-Sammeln. Die Stadt unterstütze die Aktivitäten mit großem Interesse, loben die Frauen. So werden die Abfalleimer am Kultur- und Sportzentrum jetzt öfter geleert. Schwieriger sei die Lage dagegen in den Bahnunterführungen, Alleen, um Weiher und Bänke, wo weiterhin Tabak, Flachmänner und Verpackungen liegen.

Traurig sei auch die gesetzliche Situation: „Bei einer Anzeige steht oft Aussage gegen Aussage“, sagt Julia Weitzel. „Man müsste die Missetäter filmen, doch das verbietet wieder der Datenschutz ...“

Von Michael Prochnow