Dachdecker-Branche trotzt schwieriger Lage im Baugewerbe Von Krise keine Spur

Der Betrieb läuft auf dem Firmengelände des Dachsysteme-Herstellers Braas an der Rembrücker Straße. Das Traditionsunternehmen hat die Produktion nach einer kurzen Flaute im Sommer wieder hochgefahren. Bild: häsler

Heusenstamm – Die Baubranche steckt vielerorts in einer schwierigen Lage, viele Unternehmen haben mit fehlenden Aufträgen zu kämpfen. Allein beim Wohnungsbau sind von Januar bis April rund ein Drittel weniger Aufträge eingegangen. Auch bei den Dachdecker-Betrieben in Heusenstamm ist die Nachfrage im Vergleich zu den Pandemie-Jahren rückläufig. Von einer Krise möchten die örtlichen Firmen allerdings nicht sprechen.

Im Sommer begann der Stopp. Mehrere Dachziegelhersteller stellten ihre Produktion ein. Grund: Die Lager waren voll, die Nachfrage zu gering. Auch bei Betrieben in der Region stapelten sich die Waren. Bei Braas an der Rembrücker Straße blieb die Produktion ebenfalls stehen. Im August schickte das Unternehmen seine 250 Mitarbeite in punktuelle Kurzarbeit. „Das war aber vor allem der Instandhaltung des Standortes geschuldet gewesen, die das Unternehmen zweimal jährlich vornimmt“, informiert Dagmar Bohm, Sprecherin des Mutterkonzerns BMI. Die Maßnahme sei zudem nur von kurzer Dauer gewesen, schon einen Monat später habe Braas die Produktion wieder aufgenommen – zunächst im Ein-Schicht-Betrieb. Seit Oktober werde in Heusenstamm wieder in zwei Schichten produziert. „Wir sind voll lieferfähig“, sagt die Sprecherin.

Am Standort Heusenstamm produziert Braas allerdings keine Dachziegel, sondern Dachsteine. Da diese aus Zement, Sand und Wasser bestehen, seien sie mit weniger Energieaufwand herzustellen, erläutert Bohm. Dachziegel, aus Ton hergestellt, müssten gebrannt werden, was eine hohe Hitze und somit mehr Energie erfordere.

Die Nachfrage an Dachsteinen ist laut Bohm derzeit stärker als bei Ziegeln. Allerdings, schränkt sie ein, sind die Aufträge auch in Heusenstamm im Vergleich zu den Vorjahren spürbar zurückgegangen. Braas produziere derzeit auf niedrigerem Niveau als in den Corona-Jahren. Bohm: „Damals wurde in Heusenstamm sogar in drei Schichten produziert. Viele Menschen haben in dieser Zeit ihr Erspartes genutzt, um ihr Haus und somit auch das Dach zu sanieren.“ Den derzeitigen Rückgang macht die Sprecherin aber vor allem an den enorm gestiegenen Baukosten fest.

Die Inflation ist an der Rembrücker Straße ebenfalls zu spüren. Allerdings seien es nicht die Preise für Wasser oder Zement, die Mehrkosten verursachten. „Es sind die Beschichtungen und die Farbe für die Dachsteine, die bei uns große Kosten verursachen“, erläutert Bohm. Denn auch Dachsteine müssten heutzutage nachhaltig und ökologisch sein. „Das wird von Eigentümern so gewünscht.“

Die Sprecherin rechnet frühestens 2025 mit einer Besserung. Dennoch stünden die Chancen gut, im kommenden Jahr ohne Kurzarbeit auszukommen, ist Bohm zuversichtlich.

Boris Hof, Geschäftsführer des Dachdeckermeisterbetriebs Seidewitz GmbH am Weiskircher Weg, ist da optimistischer. „Ich vermute, dass es im kommenden Jahr besser wird.“ Zu den Kunden des Unternehmens, das sich auf Sanierungen spezialisiert hat, gehören hauptsächlich Privatpersonen, aber auch Wohnungsbaugesellschaften und staatliche Stellen.

Die Auftragslage sei derzeit gut, meint Hof, jedoch nicht viel besser als im Jahr zuvor. Gerade während der Pandemie habe das Unternehmen mehr Anfragen bekommen, als es abarbeiten konnte, „das normalisiert sich gerade wieder“. Vor allem aufgrund des Rückgangs bei Neubauten.

Von Joshua Bär