Fair gehandelte Waren nach dem Festgottesdienst zur Kerb auf dem Kirchplatz „Wir müssen lernen, vom Glauben zu sprechen“

Nach der Messe boten Helfer auf dem Kircvhplatz fair gehandelter Waren feil, Kokosprodukte, Nüsse, Schokolade und Kakao, verschiedene Tee- und Kaffeesorten sowie Spültücher aus Indien. Foto: m

Heusenstamm (m) – „Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit.“ Oder trifft eher diese Erfahrung zu: „Wer sich mit dem Zeitgeist verheiratet, ist morgen verwitwet“? Pfarrer Martin Weber bewegte mit einer viel beachteten Predigt auf dem Kirchplatz von St. Cäcilia die Besucher des Festgottesdiensts zur Kerb.

Während der Nazi-Zeit stellten die Christen „Ein „Haus voll Glorie schauet“ der Mär vom „1000-jährigen Reich“ entgegen. „Es gab Zeiten, da hat man das Kirchenlied mit stolzgeschwellter Brust gesungen“, berichtete der Seelsorger, „vielleicht auch mit einer Portion Trotz“. Der Priester Hans Brantzen, dessen Gedenktafel an St. Cäcilia prangt, sei für solche Töne im Konzentrationslager gelandet. „Der Heusenstammer, der ihn damals denunzierte, war gewiss der Meinung der Nazis: Das Christentum gehört der Vergangenheit an.“

Auch heute spüren viele, „dass wir mitten in einem epochalen Umbruch stehen, der durch Corona noch beschleunigt wird“. Pfarrer Weber nannte die Gruppe derer, „die noch dazugehören wollen“, aber Großpfarreien und eine weiter hohe Zahl der Kirchenaustritte fürchten. Manche sehen eine Lösung in der Abschaffung des Zölibats und in der Einführung des Frauen-Priestertums.

Doch auch dort, wo die Regeln gelockert wurden, „boxt nicht der Papst“, gab der Seelsorger zu bedenken. Er riet, sich von der Illusion zu verabschieden, „wir könnten frühere, vermeintlich wunderbare Zustände wieder herstellen“. Es gelte auch loszulassen, Trauerarbeit zu leisten. „Viele Formen und Formate hatten ihre Zeit, sind aber nicht mehr zu halten.“

So ließe sich eine Kinder- und Jugendarbeit in Gruppen und Kreisen heute nicht mehr stemmen.

Aussichtsreicher sei, dass „die Kirche“ sich zurücknimmt und Gott und Christus mehr Raum gibt. Die Gemeinschaft solle mehr Christus in den Mittelpunkt stellen, „eine evangelisierende Kirche zu sein, von der unser Papst immer wieder spricht“. Glaube dürfe keine bloße Gewohnheit mehr sein, „wir müssen lernen, vom Glauben zu sprechen“. Schließlich müsse Kirche auch „gottdurchlässig und gastfreundlich werden“.

Nach der Messe boten Helfer fair gehandelter Waren feil, Kokosprodukte, Nüsse, Schokolade und Kakao, verschiedene Tee- und Kaffeesorten sowie Spültücher aus Indien. Der Erlös aus dem Verkauf fließt in das Sumba-Projekt der Gemeinde.

Dazu schenkten Ehrenamtliche Kaffee und Süßen aus, verteilten Kuchen und nahmen Spenden entgegen.

So feierte die Schlossstadt zwischen alle den alternativlos abgesagten Veranstaltungen immerhin Kirchweih, eines ihrer größten Feste – dort, wo es seinen Ursprung hat.