Heusenstammer Rathaus gibt kleinen Flugkünstlern ein Zuhause Wo Rauchschwalben es sich im Schloss gemütlich machen

Die Auszeichnung „Schwalbenfreundliches Haus“ haben Bürgermeister Halil Öztas (von links) und Erster Stadtrat Uwe Michael Hajdu von der Ersten Kreisbeigeordneten Claudia Jäger und dem Dietzenbacher Vogelschützer und Schwalbenexperten Rudolf Keil bekommen. Foto: m

Heusenstamm (m) – Ein Schloss für Schwalben: Eine ganze Kolonie der kleinen Flugkünstler hat sich am Rathaus häuslich eingerichtet. Die meisten wählten die Regenrinnen und die Lichtbänder in luftiger Höhe des Innenhofs. „Da ist es fast so geschützt und warm wie in den Scheunen, die sie sonst bevorzugen“, erläutert Rudolf Keil. Und der Dietzenbacher muss es wissen, beschäftigt er sich doch seit 25 Jahren mit den heimischen Vögeln. Mit Erster Kreisbeigeordneten Claudia Jäger und Karola Windweh, Kreisvorsitzende des Naturschutzbundes (NABU), zeichnet er das Heusenstammer Rathaus aus.

Die Besucher überreichen ein Zertifikat und eine Plakette an Bürgermeister Halil Öztas und Ersten Stadtrat Uwe Michael Hajdu, deren Arbeitsplatz damit als „schwalbenfreundliches Haus“ geadelt ist. „Wir wollen im Namen der Vögel Danke sagen“, würdigen die Gäste aus der Kreisstadt. „Wir freuen uns, das wir mit dem Schloss einen Beitrag zur Artenvielfalt schaffen können“, betont Bürgermeister Öztas. „Die Schwalben fühlen sich hier wohl“, belegt er mit Beispielen. So seien ihm schon Exemplare durchs Zimmer geflogen oder begleiteten die Opernnacht mit ihrem Geschrei.

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Ein weiteres Anliegen der bundesweiten Kampagne sei, mehr Eigentümer von Gebäuden zu gewinnen, den Tieren einen Unterschlupf zu gewähren. Sie erhalten dazu fachlichen Rat und finanzielle Hilfe, verspricht Claudia Jäger. An Reihenhäusern in der Schlossstadt montierten Helfer bereits künstliche Nester und Kotbretter.

Die größte Kolonie aber habe sich an der nahen Villa Sophie niedergelassen, informiert Keil. Das Rathaus sei das erste öffentliche Gebäude, an dem sich Schwalben eingerichtet haben. Vielleicht können sie auch in Bann- und Glockenturm gelockt werden. Ist die Brut erfolgreich, kehren die Eltern zurück, berichtet der Experte. Er hat neun Rauchwalben-Paare rund um die Schönbornsche Liegenschaft gezählt. Manche brüteten gar zweimal.

Ein Nest entstand direkt auf einer Fratze über der einstigen Zugbrücke, unter einem Vorsprung. Das Rund reicht fast bis unter die steinerne Decke, „da kommt kein Greifvogel dran“, erläutert Keil die Ortswahl. Der Platz liege stets in der Nähe von hoher Luftfeuchtigkeit, gerne an Badezimmerfenstern. Landwirte etwa müssten jedoch darauf achten, dass kein Kot in die Tränken der eigenen Tiere falle. „Es gibt für alles Lösungen“, ermutigt der Fachmann.

Zum Beispiel auch dafür, dass der Heusenstammer Boden eher sandig sei. Denn für den Nestbau benötigen die Tier Lehm – oder eben eine künstliche Unterkunft. Manchmal genüge schon eine Pfütze auf Ton oder ein gefüllter Bottich, unterrichtet der Keil. Neue Plätze dürfen jedoch nur 100 bis 150 Meter von vorhandenen Schwalben-Adressen entfernt liegen, „sonst sind sie sinnlos“.

Die Naturschützer bedauern allerdings, dass die Kommune das Gras im Schlossgraben stark gekürzt hat. So sei die für viele Arten benötigte Feuchtigkeit verloren gegangen. Und noch einen kleinen Unterschied lernen die Teilnehmer des Festakts: Während die Mehlschwalbe direkt am Haus wohne, bevorzuge ihre Rauch-Schwester offene Ställe. Oder eben das Schloss. Keil identifiziert die zweite Variante am napfförmigen Nest.

Infos gibt es bei Rudolf Keil unter der Rufnummer Z 06074 262 96, oder der Unteren Naturschutzbehörde unter der Rufnummer Z 06074 81 80-4106.