Mobilitäts-Hindernisse nicht immer sichtbar Studenten forschen zu Heusenstammern mit Geh-Einschränkungen

Rollstuhl-Anschieberin Christiane hatte mit kleineren Hindernissen Problemen. Ein Projektteam der Hochschule Darmstadt untersuchte Probleme bei der Mobilität in der Schlossstadt. Foto: pro

 

Heusenstamm (pro) – Ist man behindert oder wird man behindert? Für Studierende der Hochschule Darmstadt festigte sich an einigen Stellen in der Schlossstadt die zweite Sichtweise. Die künftigen Ingenieure arbeiteten mit den Dozenten, Professor Jürgen Follmann aus Rodgau und Wolfgang Haustein aus Heusenstamm, an einem „Leitbild für die Mobilität der Zukunft im Kreis Offenbach“. Dazu waren die jungen Leute mit Bewohnern des Horst-Schmidt-Hauses unterwegs.

Sie begleiteten Senioren, die auf Rollator oder Rollstuhl angewiesen sind, gingen mit ihnen spazieren oder einkaufen. Maximilian Birk, Mohammad Esnaashari, Marco Horn und Christiane Köllner haben ihre Treffen mit den „Experten für die eigene Situation“, wie sie sagen, in Fotos festgehalten. Der gemeinsame Sonntagsausflug hat beiden Seiten viel Spaß gebracht, vor allem die älteren Menschen freuten sich über die Aufmerksamkeit. „Wer keine Angehörigen hat, bleibt sitzen“, erklärter Haus-Leiterin Roza Bering die Situation, da seien Gäste mit einem bisschen Zeit gerne gesehen.

Parkende Autos versperren den Weg

Die Ausflügler wurden allerdings schnell von der Realität eingeholt. Autos, die mit zwei Rädern auf dem Bürgersteig abgestellt waren, machten das Passieren mit den breiten Gefährten zuweilen zum Balanceakt. Das Queren der Leibnizstraße auf dem Weg zum Zentrum Alte Linde erschien riskant, die Senioren betraten mit Unsicherheit die Straße. „Das haben wir uns viel einfacher vorgestellt“, gesteht Rolli-Schieberin Christiane.

Selbst die abgesenkten Stellen an den Gehwegen, bei denen ein nur noch drei Zentimeter hoher Bordstein überwunden werden muss, brachten Schwierigkeiten. Runter auf die Fahrbahn ging’s noch ganz gut, aber auf der anderen Seite wieder raufkommen, das brachte selbst die sportlichen Hochschüler ins Schwitzen. Kippen sie die kleinen Vorderräder des Rollstuhls in die Höhe, um in Fahrtrichtung aufs Trottoir zu gelangen, oder ist es einfacher, das Gerät rückwärts hochzuziehen? Testerin Christiane demonstriert den Teilnehmern und Gästen beide Versionen – das Duo sieht bei keiner besonders gut aus.

Stadt mit der ältesten Bevölkerung im Kreis

Zumindest auf den „Hauptverkehrsrouten“ der älteren Menschen sollten dem Experiment zufolge noch Randsteine abgesenkt werden, schlussfolgerte das Team. Das nutze im Übrigen nicht nur den Senioren, warb Follmann, auch Mütter mit Kinderwagen und Sprösslinge mit ihren Fahrzeugen profitieren. Schließlich wolle die „Stadt mit der ältesten Bevölkerung im Kreis“ verstärkt junge Familien gewinnen.

Bürgermeister Halil Öztas wolle mit Knöllchen gegen Falschparker in der Herderstraße vorgehen. Über die anderen Vorschläge werde er mit den zuständigen Ämtern beraten, so auch über ein öffentliches Behinderten-WC und die Idee, einen Wegeplan mit markierten barrierefreien Zu- und Übergängen zu Spielplätzen und Parks zu erstellen. „Mobilität ist ein Grundbaustein für eine gesellschaftliche Teilhabe und den Erhalt von Lebensqualität“, argumentierte Follmann.

Bewohnern mit Beeinträchtigungen beim Sehen helfen die Ampeln mit akustischen Signalen. Doch ein mit Tempo 30 vorbeifahrendes Auto erscheine Spaziergängern mit Behinderungen bereits als bedrohlich schnell, vor allem, wenn sie zwischen abgestellten Wagen auf die Straße treten, informierte der Verkehrsplaner weiter. Allen Beteiligten würden da „Mobilitäts-Patenschaften“ dienen, erläutert Projektteilnehmer Maximilian. Er brachte ins Gespräch, dass Vereinsmitglieder interessierte Fans aus dem Schmidt-Haus zu den Heimspielen der Fußballer abholen. Alleine gelangten sie kaum zum fernen Martinsee-Gelände.