Entwicklungshelfer berichtet von seiner jüngsten Reise nach Burkina Faso Terror-Milizen behindern Projekte

Mühlheim goes Westafrika: Seit fast 30 Jahren verbessern Thorsten Ehmann und „Thiogo“ gemeinsam mit einheimischen Helfern die Trinkwassersituation. Bild: p

Mühlheim – Verwaiste Dörfer, Millionen von Menschen auf der Flucht, ein Land im Kriegszustand: Die Lage im westafrikanischen Burkina Faso, das zu den ärmsten Ländern der Welt zählt, ist bereits seit einigen Jahren äußerst angespannt. Neben zunehmender Unzufriedenheit innerhalb der Bevölkerung aufgrund der wirtschaftlichen Situation kommt es insbesondere in den ländlichen Regionen immer wieder zu brutalen Anschlägen radikal-islamistischer Gruppierungen gegen die Zivilbevölkerung. Regiert wird der Staat derzeit vom Militär, das Anfang 2022 den damaligen Präsidenten Roch Marc Kaboré gestürzt hat.

Trotz dieser teils chaotischen Zustände und einer Reisewarnung durch das Auswärtige Amt hat sich Thorsten Ehmann Anfang des Jahres erneut in eine Maschine Richtung Burkina gesetzt. „Seit meinem ersten Besuch 1995 schlägt mein Herz für dieses Land und die Menschen, die hier leben – es ist meine zweite Heimat“, sagt der engagierte Mühlheimer, der dort seit nunmehr fast 30 Jahren als Projektleiter des Vereins „Thiogo – Freundeskreis Mühlheim am Main – Nouna/Burkina Faso“ wichtige Entwicklungsarbeit im Bereich Erosionsschutz und Bodenfruchtbarkeit leistet.

„Eine solche Zeit hinterlässt Spuren auf beiden Seiten und ich hoffe, dass sie überwiegend positiv sind“, schreibt Ehmann zu Beginn seines diesjährigen Reiseberichts, den er vor Kurzem auch auf der Thiogo-Jahreshauptversammlung (JHV) präsentiert hat. Der Entwicklungshelfer habe sich während seines jüngsten Besuchs in Burkina Faso insbesondere über ein Wiedersehen mit Orten und Menschen gefreut, die „Teil meines Lebens geworden sind“.

Schnell wird jedoch klar: Die kriegerischen Auseinandersetzungen im Land wirken sich direkt auf die Arbeit des Mühlheimers und seiner burkinischen Unterstützer – etwa vom Verein „Benkadi“ – aus. So konnte Ehmann, der für die Dauer seines Aufenthaltes in der Hauptstadt Ouagadougou untergekommen war, bereits im zweiten Jahr nicht nach Nouna in der Provinz Kossi reisen, wo sich der Verein neben der Instandsetzung von Brunnen auch um ein Bildungszentrum kümmert. „Das ist mehr als ein Wermutstropfen, da neben der Dokumentation unserer Projekte auch das Wiedersehen mit langjährigen Freunden entfiel“, berichtet der Ingenieur.

Schuld daran ist laut ihm die konstante Gefahr weiterer terroristischer Angriffe. „Es werden ganze Dörfer niedergebrannt, Frauen und Kinder ermordet.“ So hätten etwa im Norden und Osten des Landes al-Qaida nahe Banden mit Anschlagsserien regelrechte Massenfluchten aus den dortigen Regionen ausgelöst. „Derzeit wird von fast drei Millionen Binnenflüchtlingen gesprochen“, erläutert Ehmann.

Und so kam es, dass ein Großteil der vom Verein geplanten Maßnahmen zunächst nicht umgesetzt werden konnte. Im Falle der angedachten Tiefbrunnensanierungen in sechs Dörfern der Provinz Kossi hätten die dafür benötigten Ersatzteile etwa nur noch von der Hauptstadt in das 300 Kilometer entfernte Nouna transportiert werden müssen.

„Doch eine weitere Ankündigung vonseiten der Terrormiliz hat unsere Vorhaben auf Eis gelegt“, schildert Ehmann. Also mussten die Ersatzteile vorerst in der Hauptstadt verweilen. Inzwischen sei es den Helfern immerhin gelungen, einen Teil der Dörfer zu beliefern – auch dank der zuletzt stark erhöhten Präsenz des Militärs in Nouna, das Ehmann zufolge unter anderem mit Drohnen und Luftschlägen gegen die Milizen vorgeht.

„Es wird leider dennoch deutlich, dass unsere Projekte vom Terror in der Sahelzone betroffen sind“, gibt der Mühlheimer gegen Ende seines Berichts zu bedenken. Aus diesem Grund sei während der zurückliegenden JHV auch diskutiert worden, inwiefern es unter den gegebenen Umständen überhaupt noch möglich ist, Freunde und Unterstützer wie etwa den burkinischen Koordinator Damien Simboro und sein Team guten Gewissens für Arbeiten in die betroffenen Gebiete zu schicken. „Wir stellen unsere Aktivitäten nicht ein, müssen aber äußerst vorsichtig sein, um keine Leben aufs Spiel zu setzen“, so Thorsten Ehmann.

Für den Mühlenstädter steht derweil schon jetzt fest, im kommenden Jahr erneut zurückzukehren. „Wenn die Welt bis dahin nicht völlig untergeht, fliege ich wieder dorthin.“
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